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Bruderschatten

Bruderschatten

Titel: Bruderschatten
Autoren: Mika Bechtheim
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Lauren. Als Claudia an dem Nachmittag entführt wurde, Leo, gab es nur dich, der kein Alibi hatte, der sie umbringen konnte und der auch noch ein Motiv hatte. Oder Koslowski. Doch der verging sich nur an Kindern.«
    Das Gewehr meines Vater fuhr herum und richtete sich auf seinen Sohn.
    Ich sah Leo an. Er sah mich an. Sein Blick war überrascht und zugleich erschreckend gefühllos. Als sei alles Leben daraus gewichen.
    Ich brauchte keinen Beweis mehr. Ich wusste schon alles.
    »Wir haben darauf gewartet, dass Sie aus Ihrem Versteck kommen, Leo«, sagte Kortner. »Nur darum ging es.«
    »Aber Sie haben mir gesagt, wir könnten Hinner gemeinsam festnageln.« Es war die Stimme meines Vaters. »Sie versprachen mir, dass wir Leos Unschuld beweisen würden und dass das nur ging, wenn wir Hinner dazu brächten, ein Geständnis abzulegen.«
    Kortner sagte einen Moment lang nichts.
    »Ich versprach«, sagte er dann, »dass wir seine Unschuld beweisen würden, wenn er unschuldig ist. Das ist er aber nicht. Und ich wusste es bis eben auch nicht sicher.« Kortner drehte sich zu Leo: »Sie haben noch etwas verschwiegen, nicht wahr?«
    Leo starrte Kortner ohne jede Regung an, als der fortfuhr: »Sie sind pleite, Leo. Das haben wir inzwischen herausbekommen. Als Ihre Mutter Ihnen vor vier Monaten mailte, Vera Schnitter sei in der Stadt und habe vor, Hinner mit dem Band zu erpressen, da haben Sie gedacht, Sie kommen her und hängen sich dran, nicht wahr? Nur dass Sie den Fehler machten, die junge Frau allein zu Hinner gehen zu lassen. Und dann brachte Hinner sie um. Genauso, wie Koslowski die Kinder und Sie Claudia umgebracht hatten. Sehen Sie, als ich mit Nora Schnitter über Veras Tod sprach, da sagte sie etwas Merkwürdiges. Sie sagte, Vera hätte in Hamburg alle Brücken abgebrochen. Sie sollte mit Ihnen in die Staaten, nicht wahr? Nun, Nora jedenfalls erzählte mir, Vera würde vielleicht nach Amerika auswandern. Nora wusste nämlich genau, was Vera vorhatte, nachdem Margo ihr erzählt hatte, dass Lauren vergewaltigt worden war. Vera wollte Geld. Deshalb hat Nora sich auch keine Sorgen gemacht, als sie nichts mehr von ihr hörte. Sie erfuhr erst hier von ihrem Tod. Meine Frage ist nur: Wie kamen Sie an Nora?«
    Leo wirkte müde. Doch als er die Frage beantwortete, sah er mich an und niemanden sonst.
    »Eddie mailte mir, es gehe ihr schlecht. Sie schrieb, sie habe ein komisches Gefühl. Nora sei da, und ich solle herkommen und dafür sorgen, dass zumindest diese Tochter nicht in Schwierigkeiten gerät.«
    »Unsere Mutter wusste, dass Vera Hinner erpressen wollte und Nora das ebenfalls vorhatte?«, fragte ich.
    Leo nickte.
    »Nora und ich haben uns getroffen und beschlossen, uns das Geld nicht von Hinner, sondern von Christa zu holen. Christa würde alles tun, um Hinner und seine Karriere zu schützen. Deshalb sind wir zusammen zu Christa gefahren und haben ihr das Band vorgespielt. Dann haben wir einen Termin für die Geldübergabe bei ihr ausgemacht. Doch Christa rief Hinner an, obwohl wir ihr gesagt hatten, wir würden verschwinden, sobald wir das Geld hätten. Als wir bei ihr ankamen, lag Hinner schon auf der Lauer und erschoss Nora, als sie gerade das Band abspielte. Damit hatte Christa nicht gerechnet, denn sie kreischte herum und ließ sich nicht beschwichtigen. In dem Moment kam Jan von draußen herein. Er musste schon eine Weile gelauscht haben, denn er rannte auf Christa zu und riss ihr das Tonbandgerät aus der Hand. Hinner legte auf den Jungen an. Ich schnappte mir Jan und rannte mit ihm raus. Doch er strampelte, riss sich los und stürzte so schnell er konnte davon. Ich sah auch zu, dass ich wegkam, denn Hinner schoss hinter mir.«
    Hinner lachte. »Was für ein Mist.«
    »Du bist ein Erpresser, ein Mörder und Vergewaltiger, Leo«, sagte mein Vater ganz ruhig.
    »Nein«, sagte Leo. »Ich habe Claudia nicht vergewaltigt. Es war ein Unfall. Sie hat mich angerufen, und ich habe mich mit ihr verabredet. Sie hat gebrüllt und getobt. Ich hab es doch nur so aussehen lassen, als hätte Koslowski sie getötet.«
    »Sie wurde zwei Tage lang misshandelt, Leo«, sagte Kortner. »Und das waren Sie.«
    Kortner hatte es kaum ausgesprochen, da krachte ein Schuss.
    In Leos Gesicht rührte sich kein Muskel, kein Erstaunen lag darin, als er in sich zusammenbrach.
    Ich schrie auf, stürzte auf ihn zu, umfasste seinen Oberkörper und drückte ihn an mich. Ich sah nicht, was hinter mir geschah. Als der zweite Schuss fiel, erschrak ich
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