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Bruderschaft der Kueste

Bruderschaft der Kueste

Titel: Bruderschaft der Kueste
Autoren: Chris P. Rolls
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folgte Miguel durch die Gassen hinaus auf die breite Straße und hinauf zur Residenz seines Vaters. Kopf und Körper taten ihm weh, ein dumpfer, beständiger Schmerz, der ihn stumm hinter Miguel gehen ließ, den Blick von dessen Rückenansicht gefangen. Vornehmlich schmerzte sein Gesäß, vielmehr brannte der Eingang dazwischen vom Feuer ihrer Leidenschaft. Wie hatte ihm dieser andere Mann dort nur so viel Lust bereiten können, wenn Gott es nicht vorgesehen hatte? Miguels Küsse hatten auf und in ihm gebrannt, in seiner Seele. Seine Arme hatten ihm jene Sicherheit und Geborgenheit gegeben, nach der er sich immer gesehnt hatte.
    Niemals hätte Simon eine solche Erfüllung in den Armen und zaghaften Küssen einer Frau gefunden. Er bezweifelte sehr, dass er sie jemals im Bett der kühlen Claire finden würde. Konnte eine Frau ihm je diese heiße, wilde Leidenschaft geben, seine Begierde wecken? Kein Frauenkörper schien ihm reizvoll genug, ihn mit Miguels Leib zu vergleichen.
    Was also tat er hier? Warum ging er zurück in dieses andere Leben, aus dem er gerissen worden war?
    Der Gedanke war da. Erst leise, dann drängender. Was, wenn er nicht zurückkehrte? Was, wenn er einfach ... Selbst in Gedanken, wagte, er es kaum auszusprechen. Was, wenn er einfach mit Miguel ... ginge?
    Er starrte auf den Rücken vor ihm und bewunderte die kräftigen Muskeln , die sich darunter bewegten. Er wusste genau, wie sie sich unter seinen Händen anfühlten, wie sein starker Geruch von ihm aufstieg, wie er schmeckte, wie er roch und wie er klang, wenn sich ihre Körper vereinten. Wie sollte er das aufgeben können? Wie sollte er es je vergessen?
    Viel schneller, als erwartet, erreichten sie die breite Straße vor dem Haus des Vaters. Simons Schritte wurden immer langsamer, bis er schließlich verharrte. Miguel bemerkte es erst nicht, drehte sich irgendwann jedoch um und sah ihn hinter sich stehen.
    In Simons Hals wurde es eng. Er fühlte brennende Tränen in sich aufsteigen, die er jahrelang nicht geweint hatte. Es gab vieles zu sagen. Nichts passte durch seine enge Kehle. Alles schien ihn zu Boden zu drücken, die Last zermalmte ihn. Flehend hob er den Kopf und schaute Miguel mit seinen hellen, grünen Augen an. Es waren keine Worte, die sie aussprachen. Es gab keine Begriffe für seine Gefühle. Da war nur sein Blick, nur die Kraft seines Ausdrucks. Simon machte einen Schritt nach vorne und hob die Arme in einer hilflosen Geste. Da riss ihn ein Geräusch aus dem Bann der schwarzen Augen. Eine Kutsche war hinter ihnen herangekommen und hielt neben ihm. Der Verschlag wurde hektisch aufgerissen. Ein elegant gekleideter Mann fragte laut und ungläubig: „Simon? Bei Gott bist du es?“
    Simon wandte sich ganz um und erkannte augenblicklich seinen Fechtlehrer Robert Durand, mit dem ihn eine innige Freundschaft verband, sodass dieser ihn mit seinem Vornamen ansprechen durfte.
    „Robert!“, begrüßte ihn Simon erstaunt, fühlte sich wie aus einem Traum gerissen und war zu verwirrt, um mehr zu sagen. Robert sprang rasch aus der Kutsche, eilte zu ihm und fasste ihn fest an den Armen.
    „Sag mir, dass ich nicht träume? Du bist es wirklich! Heil und unversehrt!“, brachte er entgeistert hervor und besah Simon ungläubig.
    Er riss ihn an sich, umarmte ihn und drückte ihn sofort von sich, schaute ihn von Kopf bis Fuß fassungslos an.  „Dein Vater wird unendlich dankbar sein, dich lebendig wieder zu sehen. Wir haben schon das Schlimmste befürchtet“, erklärte er freudig und erleichtert.
    Robert fasste ihn am Arm und wollte ihn mit sich zur Kutsche ziehen, aber Simon wand sich rasch aus dem Griff.
    „Warte“, sagte er hastig, drehte sich um. „Da ist noch jem ...“ Er brach ab, denn als er sich umwandte, war die Straße leer. Niemand war mehr da.
    Miguel war fort. Als ob er nie existiert, alles nur geträumt hätte. Suchend blickte Simon umher. Nirgends konnte er Miguels Gestalt sehen. Fort. Einfach fort. Robert sah ihn fragend an und lächelte, als sich Simon ihm zuwandte.
    „Rasch, steig ein. Lass uns schnell zu deinem Vater fahren. Er wird froh sein, dich zu sehen“, meinte er begeistert.
    Mechanisch folgte ihm Simon, fühlte sich innerlich leer, ausgebrannt und ausgehöhlt. Er würde endlich heimkehren zu seinem Vater. Zurück in sein altes Leben.
    Ohne ihn.
    Der schwarze Abgrund schloss sich vor ihm, als ob er nie existiert hätte.
     
    Zu unbekannten Ufern
     
    Die Klänge der Musik erreichten Simon auch hier draußen auf
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