Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Bruderschaft der Kueste

Bruderschaft der Kueste

Titel: Bruderschaft der Kueste
Autoren: Chris P. Rolls
Vom Netzwerk:
mitzuerleben, seufzte er innerlich. Wie das Blut stank und ihm die Schreie der Männer noch in seinen Ohren gellten!
    Simons Magen rebellierte erneut und er bemühte sich, nicht länger hinzusehen.
    Pierre ging zielstrebig vorwärts und schien sich auch auf dem fremden Schiff sofort orientieren zu können. Seinen Säbel hatte er gezückt und warf ab und an finstere Blicke zu dem zögerlichen jungen Mann hinter ihm, während sie sich den Weg durch die Leichen bahnten.
    Sie betraten den Bereich vor dem Niedergang, der vermutlich in die Kajüten und den Laderaum hinabführte. Der Kampf war bereits beendet und die Piraten trieben scherzend und johlend die Mannschaft des Handelsschiffes zusammen. Mehrere der Männer waren verletzt und pressten sich ihre Hände auf Wunden. Doch es erschreckte Simon weniger, derart viel Blut zu sehen, als er zuvor angenommen hatte. Stumm schaute er zu, wie systematisch jeder der Mannschaft nach Waffen durchsucht wurde und wie diese schließlich auf einem großen Haufen landeten.
    Direkt daneben stand der Anführer der Piraten und musterte die Männer vor sich. Die große, schlanke, fast hagere Gestalt fiel sofort ins Auge. Simon beobachtete ihn verstohlen. Mit seinen dunklen, langen, Haaren, die im Nacken zu einem Zopf    zusammengebunden waren, der dunklen Lederhose und den schwarzen Stulpenstiefeln hob er sich vor allem deutlich durch seine Ausstrahlung und Eleganz ab. Sein dunkelblauer Rock über dem cremefarbenen Hemd wirkte in diesem blutigen Szenario gänzlich unpassend, gehörte zu seiner Erscheinung wie das schwarze Kopftuch und der dunkle Dreispitz, den er in seiner rechten Hand hielt. Sein Degen steckte in der Scheide und Simon fragte sich, warum er diesen nicht gezogen hatte. Vermutlich, weil er ohnehin beeindruckend genug war. Nur wer sehr dumm oder lebensmüde war, würde sich mit ihm anlegen. Jean Baptiste Ledoux. Französischer Pirat und stolzer Bukanier, Schrecken des westlichen Karibischen Meeres. Zumindest wenn man ihm selbst und seiner Mannschaft glauben mochte. Simon verzog kurz den Mund. Sein Vater schien es auch zu glauben, sonst wäre er wohl nicht immer noch hier. Fast als ob Jean seinen Blick gespürt hatte, drehte sich dieser mit einem Lächeln um. Insgeheim war sich Simon sicher, dass der Piratenkapitän auch im Hinterkopf Augen hatte, die ihn davor bewahrten, hinterrücks erstochen zu werden.
    „Ah, schön, dass du da bist, Simon“, begrüßte Jean ihn freundlich. Er sprach immer äußerst liebenswürdig mit ihm und benutzte stets nur seinen Vornamen, nie den vollen Namen. Simons Herkunft und sein Titel zählten nicht, für Jean war er nichts weiter als ein einfacher Mann. Simon wusste sehr genau, dass er kaum in der Position war, hier auf seine Privilegien zu pochen, also schluckte er die indirekte Beleidigung wieder einmal hinunter.
    Jean musterte ihn dabei amüsiert, bemerkte natürlich, wie Simons Blick ärgerlich wurde, weiter dann über die besiegten Matrosen glitt und meinte mit zufriedener Stimme: „Kaum Widerstand dieses Mal. So habe ich es am liebsten, und entgegen anderslautenden Gerüchten werden sie den heutigen Tag auch überleben.“
    Abschätzend wanderte sein Blick weiter über die gefangenen Seeleute.
    „Wenn sie sich meinen Befehlen nicht widersetzen“, fügte er etwas lauter hinzu.
    Simon beobachtete, wie sich bei dem Mann, den er an seiner Kleidung als den Kapitän des Handelsschiffes ausmachte, sich deutliche Erleichterung auf den Zügen breitmachte. Er war ein dicker Mann, der im Grunde das genaue Gegenteil des Piratenkapitäns darstellte.
    „Ihr habt richtig gehört, Kapitän“, bewies Jean erneut, dass seine Augen auch auf dem Rücken funktionierten. Er wandte sich von Simon ab und sah den anderen Kapitän beinahe belustigt an.
    „Wir sind nur an eurer Ladung interessiert. Wenn wir uns vergewissert haben, was für uns davon von Wert ist und alles auf unser Schiff geschafft haben, dann könnt ihr gern unbehelligt weiter segeln.“
    Simon konnte es nicht sehen, doch er wusste aus Erfahrung, dass Jean seine Augen jetzt etwas verengte und das Lächeln sich trotz der folgenden Worte eher verbreiterte.
    „Solltet ihr es bevorzugen, uns doch Widerstand zu leisten, könnt ihr meine schönen Worte getrost vergessen, denn dann wird keiner von euch je wieder das Land lebend erreichen.“ Er machte eine bedeutungsvolle Pause.
    „Ich denke, wir haben uns verstanden.“
    Jean wartete keine Reaktion des Kapitäns ab, sondern wandte sich zu
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher