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Bruder Cadfael Und Der Hochzeitsmord

Bruder Cadfael Und Der Hochzeitsmord

Titel: Bruder Cadfael Und Der Hochzeitsmord
Autoren: Ellis Peters
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ihm leid, zu sehen, wie die Hoffnung wieder aus Bruder Marks Gesicht verschwand. Gewiß träumte er davon, alle zu heilen, die zu ihm kamen.
    Von der Straße her ertönten die ersten entfernten Geräusche des zweiten Hochzeitszuges. Das Gemurmel der Schaulustigen, das nach Huon de Domvilles Ausfall gedämpft gewesen war, wurde wieder lauter und aufgeregter. Die Aussätzigen stiegen die Böschung hinunter und reckten die Hälse. Der Bräutigam hatte sich als unangenehmer, herzloser Mensch erwiesen - nun hofften sie auf die Braut.
    Bruder Mark schüttelte die kleine Enttäuschung ab, die Cadfael ihm bereitet hatte, und zog seinen Freund am Ärmel.
    »Komm, du kannst jetzt ebensogut hierbleiben und dir den zweiten Zug ansehen. Auch ohne mich ist in deinem Garten alles in bester Ordnung, das weiß ich. Es gibt also gar keinen Grund zur Eile.«
    Bei dem Gedanken an Bruder Oswins außergewöhnliche Begabung fielen Cadfael viele gute Gründe ein, seine Kräuterküche nicht allzu lange unbeaufsichtigt zu lassen.
    Andererseits gab es aber auch mindestens einen Grund, noch ein wenig zu bleiben. »Nun ja, ein halbes Stündchen wird wohl nicht schaden«, stimmte er zu. »Ich würde gern in Lazarus'
    Nähe stehen, damit ich ihn mir ansehen kann, ohne aufdringlich zu erscheinen.«
    Der alte Mann rührte sich nicht, als er sie kommen hörte, und sie hielten sich etwas abseits, um seine stille Kontemplation nicht zu stören. Es umgab ihn die selbstgenügsame Ruhe eines Heiligen, der sich in die Wüste zurückgezogen hat, dachte Cadfael. Wie diese Männer die Einsamkeit suchten, so schuf auch er um sich, selbst in Gesellschaft anderer, einen Raum, in dem er allein war. Er überragte die beiden Klosterbrüder um einen Kopf und hielt sich so aufrecht und gerade wie eine Lanze. Seine Gestalt war hager, wenn man von den breiten Schultern absah, die sich unter dem Gewand abzeichneten.
    Erst als ein Windstoß ihnen plötzlich das Hufgetrappel des sich nähernden Zuges zutrug und der alte Mann seinen Kopf aufmerksam dem Geräusch zuwandte, konnte Cadfael einen Blick auf sein Gesicht werfen. Die Kapuze war tief in die Stirn gezogen, die eine edle Kopfform verriet, und das grobe blaue Tuch, das als Schleier diente, war bis über die Backenknochen gezogen. Durch diesen Schlitz waren nur die Augen zu erkennen, aber ihr Anblick war faszinierend genug: sie waren groß und von einem makellosen, hellen, aber leuchtenden Blaugrau. Ganz gleich, welche Mißgestaltungen dieser Mann zu verbergen hatte - seine Augen jedenfalls blickten klar und waren es gewöhnt, in die Weite zu sehen. Er schenkte den beiden Mönchen, die in seiner Nähe standen, keine Beachtung.
    Er hatte seinen Blick an ihnen vorbei auf den sich nähernden Hochzeitszug gerichtet, der jetzt in einem Flimmern von Farben und Licht zu erkennen war.
    Hier ging es weniger zeremoniell zu als bei Huon de Domville und seinem Gefolge, und dieser Zug war auch kleiner als der erste. Außerdem wurde er nicht von einem einzelnen, alles beherrschenden Mann angeführt. Zuerst kamen mehrere berittene Diener, die einen Halbkreis bildeten. In ihrem Schutz folgten nebeneinander drei Reiter. Auf der einen Seite ritt ein etwa fünfundvierzigjähriger, dunkelhaariger, sehniger Mann, dessen Haut die Farbe von Oliven hatte. Er trug prächtige Kleider in dunklen, kräftigen Farben und saß auf einem feingliedrigen Grauschimmel, der gewiß sehr schnell und nach Cadfaels Meinung arabischer Abstammung war. Das Haar unter dem Federhut war dicht und lockig, und sein breiter Mund wurde von einem gestutzten schwarzen Bart eingerahmt. Das schmale, verschlossene Gesicht des Mannes verriet Mißtrauen und Schläue. Zur anderen Seite ritt eine Dame etwa desselben Alters. Sie hatte ein scharfgeschnittenes, nicht unattraktives Gesicht und, wie ihr Mann, dunkles Haar. Die Frau war schlank, kleidete sich mit schlichter Eleganz und ritt eine Rotschimmelstute. Ihr Mund mit den gespitzten Lippen hatte etwas Berechnendes, und aus den Augen unter den Brauen, die sie auch dann zusammenzuziehen schien, wenn ihr Mund lächelte, sprach Schläue. Ihr Hut entsprach der neuesten Mode, ihr Reitkleid war offenbar in London angefertigt worden, und die Grazie ihrer Haltung im Sattel war vollkommen - und dennoch strahlte ihre ganze Erscheinung Kälte aus.
    Zwischen diesen beiden und von ihnen gleichsam überschattet, ritt auf einem Zelter, der zu groß für sie schien, eine zierliche, fast kindliche junge Frau. Sie hielt die Zügel leicht in
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