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Bruce: Die Springsteen-Biografie (German Edition)

Bruce: Die Springsteen-Biografie (German Edition)

Titel: Bruce: Die Springsteen-Biografie (German Edition)
Autoren: Peter Ames Carlin
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bringen? Tickst du nicht ganz richtig …?« Kurz vor dem Auftritt in Tampa stimmte Bruce die E Streeter auf die Show ein. Er erinnerte sie noch einmal daran, dass hundert Millionen Augenpaare auf sie gerichtet sein würden. »Ich sagte: ›Seht mal, heute ist ein Tag, an dem wir endlich tun können, was wir immer schon tun wollten: Wir werden für alle spielen.‹«
    Die Halbzeit-Show sollte in gröbsten Zügen die Geschichte von Bruce Springsteen und der E Street Band nacherzählen. Der Auftritt begann damit, dass Bruce und Clemons Rücken an Rücken als Schattenrisse vor einem schneeweißen Hintergrund die berühmte Pose vom Born to Run -Cover nachstellten. Mit den Eröffnungsakkorden von »Tenth Avenue Freeze-Out« lösten sie sich voneinander, Bruce ging zur Bühnenmitte, warf seine Telecaster dem Gitarrentechniker Kevin Buell zu 6 , dem alles abverlangt wurde, und stürmte nach vorn. Mit einem kurzen »One, two« begann »Born to Run«, das ohne zweite Strophe gespielt wurde, dafür aber mit Feuerwerksalven zum »everlasting … kiss« aufwartete. Die Joyce Garrett Singers kamen in wallenden Gewändern auf die Bühne, um ihren Gospelgesang zum verkürzten »Working on a Dream« beizusteuern. Das ging in eine Super-Bowl-Version von »Glory Days« über, mit mehr Herumgekaspere als üblich und passend zum Anlass abgewandeltem Text (»I had a friend who’s a big football player … He could throw that Hail Mary right by ya …«). Als die Band ihre Zeit zu überziehen drohte, kam ein Schiedsrichter angesprintet und warf sein Spielverzögerungsfähnchen auf die Bühne. Unter weiteren Feuerwerksalven verabschiedete sich die Band vom Publikum und verließ die Bühne. Anschließend brachte ein Privatflugzeug Bruce zurück nach New Jersey. Er zündete in seinem Garten ein Freudenfeuer an und betrachtete, emotional aufgewühlt, bis in die frühen Morgenstunden den Sternenhimmel. Das Gänsehautgefühl, den Pulsschlag von hundert Millionen Zuschauern angetrieben zu haben, hatte sich noch nicht gelegt. »Es war anders, als ich gedacht hatte«, sagt er. »Ich hatte nicht damit gerechnet, dass es mir etwas bedeuten würde. Aber es war wie ein kleines, etwas seltsames Sakrament. Wochenlang kamen alle möglichen Leute auf mich zu, um mit mir darüber zu reden. Der Gepäcktyp am Flughafen, dieser und jener, der neunjährige Junge auf der Straße. ›Hey, hast du nicht …‹ Es war wirklich wunderbar! Und es hat uns allen sehr viel bedeutet.«
    Clemons schaffte es nur um Haaresbreite, beim Super-Bowl-Auftritt dabei zu sein. Anfang Oktober 2008 bekam er in einer New Yorker Klinik zwei künstliche Kniegelenke. Die Wochen danach waren eine Qual. Solche Schmerzen, erzählte Clemons seinem guten Freund Don Reo, dem Koautor der Biografie Big Man, habe er noch nie gehabt. »Es gibt noch kein Medikament dagegen«, sagte er. »Ich fühle mich, als ob ich nur noch aus Schmerz bestehe.« Clemons zweifelte, ob er zur Super-Bowl-Show fit genug sein würde. Er arbeitete die Weihnachtszeit und den Januar hindurch verbissen mit seinen Trainern daran, wieder in Form zu kommen. Und als in Tampa am Abend des 1. Februar 2009 die Bühnenspots angingen, sahen einhundert Millionen Amerikaner und zig Millionen weitere Zuschauer rund um den Globus ihn aufrecht auf der Bühne stehen. Er wiegte sich zur Musik und blies seine unverwechselbaren Soli. Als Bruce bei »Tenth Avenue« ankündigte, dass Scooter und der Big Man den Super Bowl sprengen würden, trat er leichtfüßig vor und klatschte ihn ab. »Auf der Bühne zu stehen, das hat schon was«, sagte Clemons. »Ich nenne es die heilenden Bretter. Was mache ich nicht alles auf der Bühne, und hinterher sitz ich da und frage mich, wie ich das bloß geschafft habe. Die Bühne wirkt einfach belebend.«
    Clemons ging auch mit der Band auf die Working on a Dream -Tour, was nur dank eines Golfmobils und eines Lifts möglich war. Auf der Bühne hatte er einen Hocker, um sich abzustützen, wenn er nicht spielen musste. Wie bei der Magic -Tour veränderte sich Clemons’ Auftreten durch sein Handikap. Er konnte nicht mehr herumtigern, um plötzlich ins Spotlight zu stürmen, sondern hielt sich mit Sonnenbrille, Hut und bodenlangem Mantel bekleidet im Hintergrund, düster und unergründlich, bis zu dem Moment, in dem sein Saxofon im Scheinwerferlicht aufblitzte und er die Schultern nach hinten zog. »Ich werde bald siebzig«, sagte Clemons an dem Nachmittag auf seinem Balkon. »Da muss man halt auf die
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