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Bronzeschatten

Bronzeschatten

Titel: Bronzeschatten
Autoren: Lindsey Davis
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zu hübsch sei.

V
    Ich wandte mich nach Norden. Unterwegs kaufte ich einen Pfannkuchen, gefüllt mit warmem Schweinehack, den ich im Gehen aß. Ein Wachhund wedelte mit dem Schwanz, aber ich sagte ihm, er solle sich mit seinen grinsenden Fängen woandershin scheren.
    Das Leben ist unfair. Oft genug zu unfair, als daß man ein freundliches Lächeln ignorieren dürfte; ich machte kehrt und teilte meinen Pfannkuchen mit dem Hund.
     
    Ich war auf dem Weg zu einem Haus im Nobelviertel hoch oben auf dem Quirinal. Sein Besitzer war ein junger Senator gewesen, der an derselben Verschwörung beteiligt gewesen war wie der Mann, den Frontinus und ich am Morgen in die Kloake geworfen hatten. Auch der Senator war tot. Man hatte ihn festgenommen, um ihn zu verhören, und dann erdrosselt im Mamertinischen Gefängnis aufgefunden – ermordet von seinen Komplizen, die offenbar sichergehen wollten, daß er nicht den Mund aufmachte.
    Jetzt wurde seine Villa geräumt. Haushaltsauflösungen waren das Familiengewerbe der Didius, und so meldete ich mich denn freiwillig, als der Fall im Palast zur Sprache kam. Übrigens war der erlauchte Besitzer einmal mit der mir so teuren Helena Justina verheiratet gewesen, und ich wollte wissen, wie sie gewohnt hatten.
    Die Antwort lautete: ausgesprochen luxuriös. Mir das anzusehen war ein großer Fehler gewesen. Melancholisch näherte ich mich jetzt wieder dem Haus.
    Die meisten Römer werden von ihren Nachbarn zum Wahnsinn getrieben: durch den Abfall im Treppenhaus und die ungeleerten Toiletteneimer; die ungehobelten Kaufleute mit ihren schlampigen Läden im Parterre und die grölenden Huren im Obergeschoß. Hier war alles anders. Das zweistöckige Herrenhaus erhob sich stolz über den Felsen des Quirinals. Durch eine unauffällige, aber schwer gepanzerte Tür gelangte ich von der Straße in einen ruhigen Vorhof mit zwei Pförtnerhäuschen. Über dem Atrium wölbte sich der Himmel, und der geschmackvolle Kachellambris funkelte im Lichte der schräg einfallenden Sonnenstrahlen. Ein herrlicher Springbrunnen im zweiten Hof sorgte für Kühlung und Frische; melodisches Plätschern über exotischen Palmen in schulterhohen Bronzeurnen. Reichverzierte, marmorverkleidete Korridore zweigten zu beiden Seiten ins Innere des Hauses ab. Für den Fall, daß der Besitzer seiner steifen Empfangsräume überdrüssig wurde, verbargen sich auf einer oberen Etage, hinter schweren Damastvorhängen, kleine Ruheräume.
     
    Ehe ich mit meiner eigentlichen Arbeit im Hause beginnen konnte, mußte ich herausfinden, ob meine Sorge berechtigt war und das Individuum, das mich heute morgen verfolgt hatte, in irgendeiner Verbindung zu dieser vornehmen Villa stand.
    Ich ging also zurück zum Pförtner.
    »Sag mal – wie hieß gleich der Freigelassene, an dem dein Herr so einen Narren gefressen hatte?«
    »Sie meinen Barnabas?«
    »Richtig. Und hat dieser Barnabas mal einen scheußlichen grünen Mantel besessen?«
    »Ach, der Fetzen!« Pikiert verzog der Pförtner das Gesicht.
    Barnabas, der Freigelassene, war von der Bildfläche verschwunden.
    Ich hatte es bisher ganz praktisch gefunden, diesen Barnabas zu übersehen. Um seinen Ruf als edelmütiger Herrscher zu fördern (ein Ruf, den er nie besessen hatte, aber gern erwerben wollte), hatte Vespasian beschlossen, die kleinen persönlichen Legate des Toten zu respektieren. Dafür war ich zuständig. Das bescheidene Abschiedsgeschenk des Senators an seinen Lieblingsfreigelassenen belief sich auf die Kleinigkeit von einer halben Million Sesterzen. Ich hatte sie sicher in meinem Bankschließfach auf dem Forum verwahrt, wo die Zinsen bereits einen Rosenbusch in einem schwarzen Keramiktopf für meinen Balkon abgeworfen hatten. Bis jetzt war ich der Meinung, wenn Barnabas sein Erbe wollte, dann würde er aus eigenem Antrieb zu mir kommen.
    Die Ereignisse des heutigen Tages raubten mir freilich meinen Gleichmut. Um dieses Lagerhaus herumzuschnüffeln zeugte von geradezu krankhaftem Interesse an Vorgängen, von denen jeder vernünftige Freigelassene nichts wissen wollte, und der Angriff auf mich war erst recht eine Eselei gewesen. Da ich spürte, daß ich mich noch nicht auf meine Arbeit würde konzentrieren können, nahm ich mir die Rotzlöffel vor, die wir noch nicht zum Sklavenmarkt geschickt hatten.
    »Wer von euch kennt Barnabas?«
    »Was ist Ihnen die Auskunft wert?«
    »Gebt mir was, worüber ich nachdenken kann, dann vergesse ich vielleicht, euch durchzuprügeln …«
    Diesen
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