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Bring mir den Kopf vom Nikolaus - Ein Weihnachtsmaerchen

Bring mir den Kopf vom Nikolaus - Ein Weihnachtsmaerchen

Titel: Bring mir den Kopf vom Nikolaus - Ein Weihnachtsmaerchen
Autoren: Simon Borowiak
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wohl was zu trinken haben?«
    Ich war ganz durcheinander von allede m – die möglichen Wünsche, meine geliebte Bernadette, dieses vertrackte Weihnachtsfes t – und jetzt mischte sich in dieses Durcheinander auch noch ein schlechtes Gastgebergewissen: »Oh, Entschuldigung! Möchtest du einen Tee oder einen Kaffee? Oder ein Wasser?«
    Das Rentier schnaubte derart, dass es wie höhnisches Lachen klang. Die Fee öffnete wieder die Augen, um dem Tier einen sehr bösen Blick zuzuwerfen. Das Rentier hielt dem bösen Blick lange stand, dreht dann aber wieder ab und betrachtete mein Weihnachtsbäumchen. Die Fee wandte sich wieder mir zu und fragte mit sanfter, ja, einschmeichelnder Stimme: »Hättest du nicht ein Bierchen da? Oder ein Weinchen? Das wäre himmlisch.«

    Das Rentier schnaubte erneut sehr höhnisch.
    Das Verhältnis zwischen diesen beiden »Kollegen« schien mir alles andere als koscher. Ich musste der Fee gestehen, weder das eine noch das andere im Hause zu haben. Sie fluchte stimmlos. Erst durch diesen stimmlosen Ausstoß von Atem fiel mir auf, dass sie eine Fahne hatte. Sie schien also nicht nur hart gearbeitet, sondern auch zwischendurch einen gehoben zu haben.
    Ich beschloss, ihre Feenfähigkeiten zu testen und schlug vor, sich einfach einen entsprechenden Wunschzettel auszustellen. Sie säße doch quasi an der Quelle.
    »Kann ich nicht!«, heulte die Fee auf, »das ist gegen unsere Statuten! Du ahnst ja nicht, wie streng unser Reglement ist! Ich darf mir für mich selbst nichts wünschen!« Dann wurde ihr Blick listig: »Aber wenn DU dir etwas Derartiges wünschen würdes t – zum Beispiel zwei Flaschen Wei n – das ginge.«
    Ich war perplex. Dachte sie wirklich, ich würde einen meiner drei kostbaren Wünsche auf Wein oder Bier verschwenden? Was für eine Vergeudung! Ich müsste sie ja nicht mehr alle haben, wenn ich das tun würde! Vorsichtig versuchte ich, ihr meine Skrupel zu erklären. Und dass sie das doch verstehen müsse, wenn ich nur um eines Glases Weines Willen nicht meine Chancen auf höhere und bessere Glücks- und Zufriedenheitszustände limitieren wollt e …
    »Nein, nein!«, sagte die Fee rasch, »nicht, dass wir uns falsch verstehen!« DIESER Coupon würde mir nicht von meinen drei Wünschen abgezogen, sie könne das mit dem Trinkwunsch schon irgendwie als Spesenabrechnung deichseln: »Aber du musst wissen«, sagte sie nun in einem erstaunlich erpresserischen Tonfall, »dass deine Wunschfreiheit nur heute gilt. Und wenn ich mich jetzt auf den Weg machen müsste, um anderswo was zum Trinken aufzutreibe n … wer weiß, wann mal wieder eine gute Fee vor deiner Tür steht?« Mir wurde etwas panisch-schummerig zumute; eine Torschlusspanik bahnte sich an. So etwa muss es den Leuten auf Kaffeefahrten gehen, wenn der geölte Moderator sagt, es seien aber nur noch genau zwei Heizdecken zum Preis von einer erhältlich! Und man müsse JETZT zuschlagen, bevor es ein anderer täte!
    Die Fee fuhr fort: »Mein Vorschlag: Wir füllen sofort einen Zettel für deinen ersten Wunsch aus, und wenn wir das getan haben, dann wünschen wir uns was vom Pizzaservice. Was hältst du davon?« Ich wurde unsicher. Einerseits klang das doch arg nach einem Kuhhandel, andererseits: was tun, wenn man so schamlos von einer Fee erpresst wird?
    »Okay«, sagte ich, »jetzt mein erster Wunsch, dann dein Pizzadienst, und danach aber sofort meine beiden anderen Wünsche. Abgemacht? Ehrenwort?«
    »Ehrenwort!«, sagte die Fee gewichtig, und das Rentier stöhnte erneut auf.
    Die Fee zückte einen meiner Coupons, legte ihn gewissenhaft vor sich auf den Couchtisch und sagte: »WAS wünscht du dir am meisten? Leg los. Und denk daran: Etwas möglichst NICHT Materielle s …«
    Und ich füllte den ersten echten und märchenhaften Wunschzettel meines Lebens aus und diktierte der Fee in die Feder:
    »ICH WÜNSCHE MIR, DASS ES NOCH HIER UND HEUTE ZU EINER VERSÖHNUNG MIT BERNADETTE KOMMT!«
    »Okay«, murmelte die Fee, »Beziehungswünsche haben wir oft. Das geht klar. Das kann ich machen. Dafür habe ich Procura.«
    Sie füllte alles sehr langsam und umständlich aus, dann unterschrieb sie meinen Coupon. Danach zog sie ein großes Stempelkissen aus ihrer abgeschabten Aktentasche. Sie legte meinen Wunschzettel auf den Boden, stellte das Stempelkissen daneben und sagte dann mit sehr unterkühlter Stimme: »Herr Rudi? Wären Sie so gut?« Das Rentier schnaubte und kam dann zu uns herüber. Es las sehr zeitraubend noch einmal das
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