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Bring mir den Kopf vom Nikolaus - Ein Weihnachtsmaerchen

Bring mir den Kopf vom Nikolaus - Ein Weihnachtsmaerchen

Titel: Bring mir den Kopf vom Nikolaus - Ein Weihnachtsmaerchen
Autoren: Simon Borowiak
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Übung wie eine telepathische Essensbestellung klappte, dann würde binnen kürzester Zeit tatsächlich meine Bernadette auftauchen! Ich wurde kopflos.
    Die Fee nahm erleichtert die Pizzagaben entgegen. Ich musste erst eine halbe Stund e – immer noch kopflo s –nach einem Korkenzieher suchen, die Fee klappte derweil schon mal ihren Pizzakarton auf und nahm die ersten Bissen. Nach Auffinden des Korkenziehers öffnete sie beide Flaschen mit dem Hinweis, dass da noch was »geatmet« werden könnte; Atmung hätte noch keinem Rotwein geschadet.

    Inzwischen war ich so unruhig wie selten: Wenn Bernadette gleich zur Versöhnung auftauchen würd e – was machte ich dann mit den beiden Gestalten in meinem Wohnzimmer? Sie so schnell wie möglich rauswerfen? Also nahm ich all meine Möglichkeit zur Unverschämtheit zusammen und fragte: »Wollen wir jetzt schnell meine beiden anderen Wunschzettel ausfüllen? Ihr werdet doch sicher verstehen, dass ich nachher mit Bernadette alleine sein möcht e …«
    Doch die Fee goss sich in aller Seelenruhe ein großes Wasserglas mit Barolo voll und meinte dann: »Ruhig Blut! Hier wird noch heute Abend, so oder so, deine gewünschte Versöhnung über die Bühne gehen. Also kein Grund, in Panik zu verfallen.«
    Ich verfiel aber doch in Panik.
    Die Fee hatte offensichtlich eine sadistische Ader, denn so schnell sie trank, so langsam aß sie. Und auch aus meiner Tannenbaum-Ecke mit dem kalten Baum hörte man leise Knabbergeräusche.

    In mir stiegen grundsätzliche Fragen auf: Essen alle Feen so langsam? Warum müssen sie überhaupt essen? Sollten sie nicht eher ätherische Wesen mit einem Minimum an Stofflichkeit sein? Und ist Feen und anderen Märchenfiguren Alkoholkonsum überhaupt gestattet?
    Und außerdem: Meine beiden noch offenen Wünsche! Konnten wir das nicht einfach im Ruckzuck-Verfahren erledigen? Oder sie ließ mir einfach zwei Blankoformulare da, in die ich nur noch Namen und Wunsch eintragen musste?
    »So etwas geht nur in extremen Einzelfällen«, sagte sie, »es ist schon zu viel Unsinn getrieben worden, mit solchen Blankoschecks. Das kannst du dir sicher vorstellen.«
    Das konnte ich mir nicht vorstellen. Wenn man schon mal im Besitz eines solchen Schatzes war, dann stellte man damit doch keinen Unsinn an!
    »Welche Art von Unsinn?«, fragte ich daher die Fee.
    Sie kaute einen kleinen Bissen sehr langsam, nahm dann drei große Schlucke Barolo und sagte: »Zum Beispiel anderen die Pest an den Hals zu wünschen. So etwas können wir nicht dulden. Das wäre strikt gegen unsere Wunschprinzipien.«
    Ich sagte: »Sehe ich aus wie jemand, der anderen die Pest an den Hals wünscht? Ich bin Humanist, ich wünsche anderen nur Gutes.«
    »Du hast also noch nie jemanden verflucht?«, fragte die Fee mit triumphierendem Unterton, nach dem Motto: Gleich wirst du erkennen, du bist schlechter, als du denkst.
    Ich dachte nach.
    Hm.
    Doch.
    Schon.
    Natürlich habe ich wie jeder normale Mensch schon mal jemandem Böses gewünscht. Aber das war ja nie so richtig ernst gemeint! Das war ein Impuls, ein Affekt, aber ich hätte nie und nimmer dafür einen der Coupons benutzt.
    Hm.
    Oder vielleicht doch?
    Zum Beispiel im Fall Bommerlunder: DEM hatte ich tagelang und rund um die Uhr alles Mögliche an den Hals gewünscht, vom schweren Unfall bis zu Impotenz und Höllenfahrt hatte ich ihn in meinen Rachegedanken am Wickel gehabt. DAFÜR hätte ich in meinem Zorn eventuell tatsächlich einen meiner Wunschzettel ausgefüllt. Jedenfalls als alles noch ganz frisch war: Der Liebeskummer, die Niedergeschlagenheit und der Zorn.
    »Na also«, sagte die Fee, »allein daran kannst du ermessen, wie gefährlich so ein Blankowunschzettel ist. Weil der Wünschende sich nicht immer im Griff hat.«
    So hatte ich das noch nicht gesehen. Obwohl: Ein bisschen Ärger für Bommerlunder, bis dass Bernadette ihn verlie ß – das war nun doch sehr verführerisch.

    Herr Rudi knabberte inzwischen schon am dritten Zweig meines Bäumchens, die Fee war bei ihrem vierten Glas Barolo, ich überlegte, wie weit ich in meinem Hass auf Bommerlunder und meiner Liebe zu Bernadette gehen würde. Doch der Gedanke an die noch heute stattfindende Versöhnung mit ihr machte mich plötzlich so großzügig, dass ich entschied, nie mehr auf einen irgendwie gearteten Bommerlunder böse zu sein.
    Im Gegenteil: Nach dem heutigen Versöhnungsakt mit Bernadette würde ich ein WIRKLICH GUTER MENSCH!
    Und so schoss mir eine menschenfreundliche
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