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Brennende Kälte

Brennende Kälte

Titel: Brennende Kälte
Autoren: Wolfgang Schorlau
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mehr gespürt, dann die Knie und schließlich die Schenkel. Dengler konnte beim Einatmen noch seine Brust spüren, aber den Bauch schon nicht mehr.
    Auch die Dunkelheit störte ihn nicht mehr. Er war müde. Wieder stieg der Wasserstand um einen Millimeter. Bald war es vorbei.
    Und trotzdem, er atmete so wenig als möglich von der kostbaren Luft.
    Nun berührte das Wasser sanft seinen linken Mundwinkel. Es war, als würde der Tod anklopfen.
    Er dachte an Olga.

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    Erfrischung
    Pünktlich um zehn Uhr klingelte es an Olgas Tür. Sie drückte den Türöffner und ging die Treppe hinunter, ihrem Besuch entgegen.
    Olga hatte Scheuerle noch nie gesehen, aber sie erkannte ihn aufgrund Georg Denglers Erzählungen sofort. Ein Mann Mitte fünfzig, schmal, Brille mit teurem Metallgestell, dünnes, zur Seite gescheiteltes, mittelblondes Haar, Aknenarben auf den Wangen, dünne Lippen, herabhängende Mundwinkel, dreiteiliger blauer Anzug. Dahinter drängten sich zwei Polizisten in Zivil ins Treppenhaus. Bodyguards, Sonnenbrillen tragend. Wie im Kino, dachte Olga.
    Olga gab die Dame. Sie führte die drei in ihre Wohnung, plauderte über das Wetter, bot ihnen etwas zu trinken an, wies Scheuerle freundlich den Platz auf ihrer Couch an.
    »Und Sie, meine Herren, folgen mir«, sagte sie und brachte die beiden Polizisten in die Küche.
    Die Melone lag auf einer weißen Porzellanplatte. Die dunkelgrüne Schale glänzte im Sonnenlicht, das durch das Fenster drang.
    Die beiden Polizisten setzten sich an den Küchentisch. Sie stellte beiden Männer Gläser und zwei Tassen auf den Tisch und eine Kanne Mineralwasser daneben. Auf ein Tablett stellte sie zwei weitere Gläser und eine andere Karaffe Wasser und brachte es Scheuerle, der sich gerade mit einem Taschentuch die Stirn abwischte.
    »Es ist heiß heute, nicht wahr? Gleich gibt es eine herrliche Erfrischung.«
    Zurück durch den schmalen Flur in die Küche.
    Sie nahm vier Teller aus dem Küchenschrank. Vor den Augen der Polizisten zerschnitt sie die Melone. Sie legte vier gleich große Stücke auf jeden Teller.
    In der Nacht waren der Alkohol des Wodkas und der Fruchtzucker der Melone eine fatale Verbindung eingegangen. Olga war sich sicher, dass die Männer wegen der Geschmacklosigkeit des Wodkas nichts davon merken würden. Sie schnitt zwei große Stücke ab und reichte sie den beiden Polizisten. »Essen Sie nur tüchtig!«, sagte sie. »Ich habe noch mehr davon. Schneiden Sie sich mehr davon ab, wenn Sie wollen.« Die beiden anderen Stücke brachte sie zu Scheuerle ins Wohnzimmer. Auf dem Weg dorthin, im Flur, vertauschte sie die Melone auf ihrem Teller mit einem Stück unbehandelter Melone.
    »Ich habe nicht viel Zeit«, knurrte Scheuerle, als sie den Raum betrat.
    »Essen Sie erst mal«, sagte Olga. Dann sah sie ihm zu, wie er die Melone verschlang.
    * * *
    Als sie nach einer Weile in die Küche zurückging, schnitt gerade einer der beiden Polizisten zwei weitere Stücke aus der Melone.
    »Das ist aber schön, dass es Ihnen schmeckt«, sagte sie und schnitt für Scheuerle ein weiteres Stück ab.
    * * *
    Als sie das nächste Mal in die Küche kam, waren die beiden Polizisten erledigt. Sie hingen auf ihren Stühlen, einer rutschte langsam auf den Boden. Olga zog ihn wieder auf den Stuhl. Dann nahm sie den beiden Beamten die Waffen ab und fesselte sie. Sie ließen es brummelnd und mit glasigen Augen über sich ergehen.
    Dr. Scheuerle schien ein geübterer Trinker zu sein, aber auch er war bereits reichlich angeschlagen.
    Sie stellte sich vor ihn.
    »Wo ist Georg Dengler?«, fragte Olga.
    Scheuerle hatte Mühe, Olgas Frage zu verstehen.
    »Wo ist Georg Dengler?«, wiederholte sie.
    Scheuerle starrte sie an.
    »Hast mich wegen dem Dengler hergelockt?«
    »Ja. Wo ist er?«
    Scheuerle machte eine unbestimmte, fahrige Bewegung. »Vorbei«, lallte er. »Mit dem isses vorbei.«
    Dann schien er zu bemerken, dass er zu viel gesagt hatte. Mühsam stand er auf.
    »Wir gehen«, rief er in die Küche.
    Olga drückte ihn auf einen Stuhl.
    »Wir gehen jetzt«, rief er in unklarer Aussprache und versuchte wieder aufzustehen.
    Olga hatte keine Probleme, ihm Hände und Füße an den Stuhl zu binden. Sie durchsuchte ihn, aber Scheuerle trug keine Waffe.
    »Wo ist Georg Dengler?«
    »Mach mich los, du ..«
    Es folgte ein ordinäres Schimpfwort. Olga zündete eine Zigarette an.
    »Ich bin Nichtraucherin«, sagte sie und hielt die Glut direkt unter die Nase des BKA-Beamten.
    Scheuerle warf den Kopf
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