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Brennende Kälte

Brennende Kälte

Titel: Brennende Kälte
Autoren: Wolfgang Schorlau
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Singer zog bereits seinen Neoprenanzug an. Die Waffe steckte er in einen wasserdichten Beutel. Er winkte Dengler zu und stieg ins Wasser. Auf dem Rücken liegend durchquerten sie den Siphon.
    Als sie an der Abraumhalde aus dem Wasser stiegen, sah Dengler rote Punkte an der Wand tanzen.
    Bekam er einen Höhlenkoller?
    Florian Singer ging sofort hinter einem Felsenbrocken in Deckung. Dengler sah, wie er seine Waffe aus dem Beutel nahm und entsicherte. Das metallische Geräusch wurde in der Höhle tausendfach gebrochen.
    Die roten Lichter verschwanden nicht. Dengler sah den Höhlengang hinunter.
    Acht Lichter, im Halbkreis aufgestellt, die sich langsam auf sie zubewegten. Kleine rote Laserpunkte.
    Zielvorrichtungen. Acht Gewehre zielten auf sie.
    Der erste Schuss riss neben ihm einen Felsvorsprung ab. Sofort ging Dengler in Deckung.
    »Hast du die Bullen mitgebracht?«
    Dengler schüttelte den Kopf.
    »Mich bekommen sie nicht lebend«, flüsterte Singer. »Geh du zu ihnen.«
    Er hatte die Walther bereits wieder in den Beutel gepackt und lief gebückt zurück zum Siphon.
    Dengler hob die Hände und stand auf. »Auf beide Personen – Feuer frei!«
    Dengler sprang zurück, und im gleichen Augenblick schlugen überall um ihn Geschosse in die Felswände.
    »Ich bin Georg Dengler. Ehemaliger Polizist.«
    Er schrie, so laut er konnte.
    Eine zweite Salve schlug ein. Ohrenbetäubend.
    Erst jetzt begriff er.
    Es sollte keine Zeugen geben.
    Singer zog ihn zurück in den Stollen.
    * * *
    Als sie auf der anderen Seite des Siphons aus dem eiskalten Wasser kletterten, zog Singer aus dem vordersten Seesack ein Handtuch heraus und reichte es Dengler. Er rubbelte sich die Haare trocken. Singer nahm die Walther aus dem Beutel und lud durch.
    »Sie können nur einzeln durch den Stollen«, sagte er. »Da haben sie keine Chance.«
    »Sie werden vermutlich Tränengas durch den Siphon leiten.«
    Singer schüttelte den Kopf.
    »Nein. Die Strömung wird es wieder zurücktreiben. Jedenfalls einen Teil davon.«
    »Was ist mit dem zweiten Siphon?«, fragte Dengler.
    »Zu lang. Da kommt man ohne Tauchgerät nicht weiter. Ich hab's versucht.«
»Wir sitzen in einer Falle.«
    Singer schüttelte den Kopf. »Wir haben hier genügend Verpflegung. Müssen bloß warten.«
    Denglers Verstand raste.
    Er bat Singer um dessen Handy, doch der winkte ab. »Sinnlos, das Handy hat in der Höhle keinen Empfang.«
    Singer machte eine Flasche Bier auf. »Ich hab's ja verdient, dass sie hinter mir her sind, aber was ist mit dir?«
»Was sind das für Waffen, die du im Wagen hast? Um was geht es hier eigentlich? Warum ist das Interesse an dir so groß?«
    »Mikrowellen. Mikrowellenwaffen. Ich sage dir, das ist die Zukunft. Du wirst schon sehen ...«
»Wenn es so weitergeht, wahrscheinlich nicht.«
    Sie schwiegen.
    Und warteten.
    Nach zwanzig Minuten beruhigte sich Dengler. Wer immer sie töten wollte, wagte sich nicht durch den Siphon. Und eine solche Operation könnte die Gegenseite nur einen begrenzten Zeitraum lang durchführen, sonst würde sie öffentlich. Vielleicht hatten sie schon abgebrochen. Es wurde ihm kalt. Vielleicht kam er nur mit einer Unterkühlung aus der Höhle wieder heraus. Gut, dass er den Neoprenanzug anhatte.
    Doch etwas war anders. Er wusste zunächst nicht genau, was es war. Etwas hatte sich geändert. Aber was?
    Dann entdeckte er es. Das Wasser stieg. Der Höhlenbach lief nicht mehr vollständig durch den Siphon ab. Das Wasser staute sich in ihrem Zwischenraum. Noch nicht besonders viel, aber es stieg unaufhaltsam.
    Singer hatte seinen Blick gesehen und verstand sofort.
    Das Wasser hatte nun im Siphon den kleinen Zwischenraum zur Decke ausgefüllt. Sie würden nur tauchend aus derHöhle herauskommen. Dengler sprang auf. Er watete ins Wasser, zog noch einmal tief Luft in seine Lungen und tauchte.
    Das andere Ende des Tunnels war verschlossen. Statt des erwarteten Ausgangs lagerten Felsbrocken im Wasser. Kein Durchkommen. Er versuchte einen Felsen zur Seite zu räumen und scheiterte. Als die Luft knapp wurde, tauchte er zurück.
    »Diese Schweine! Sie haben die Abraumhalde in den Siphon gekippt und so den Bach gestaut.«
    Singer stürzte sich ins Wasser und verschwand. Zwei Minuten später tauchte er wieder auf. Er schüttelte den Kopf, um das kalte Wasser loszuwerden.
    »Du hast recht«, sagte er. »Wir sitzen in der Falle. Hier kommen wir nicht mehr raus. Das ist das Ende, mein Freund.«
    Und plötzlich weinte er wie ein Kind.
    * *
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