Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Brennende Kälte

Brennende Kälte

Titel: Brennende Kälte
Autoren: Wolfgang Schorlau
Vom Netzwerk:
dem Beifahrersitz. Das Stadtmobil, ein Opel Corsa, besaß keine Klimaanlage. Im Wagen war es drückend heiß, und die tief stehende nachmittägliche Augustsonne blendete Martin Klein. Er schaltete das Gebläse auf die höchste Stufe.
    Der Weg von der Landstraße zur Höhle war mit rot-weißem Band abgesperrt. Ein Polizist sicherte den Weg.
    »Hier können Sie nicht rein. Fahren Sie weiter!«, bellte er sie unfreundlich an, nachdem Klein angehalten und das Fenster heruntergelassen hatte.
    »Was ist denn passiert?«, fragte Klein.
    »Mann, nun fahren Sie doch einfach weiter!«
    Klein wollte protestieren, doch Olga griff ihn am Arm. »Fahr zurück«, sagte sie. »Und fahr, so schnell zu kannst.«
    * * *
    Zurück in ihrer Wohnung ließ sie sich mit der Auskunft verbinden. Sie verlangte die Nummer des Bundeskriminalamtes in Wiesbaden.
    »Ja, Sie können mich gleich verbinden«, sagte sie.
    Sie verlangte Dr. Scheuerle zu sprechen und wurde mit dessen Vorzimmer verbunden.Nein, Dr. Scheuerle sei mehr nicht im Haus, sagte eine Frau und fragte, ob sie ihm etwas ausrichten könne.
    Ja, sagte Olga, das könne sie. Sie erwarte ihn morgen früh pünktlich um zehn Uhr in Stuttgart in ihrer Wohnung. Es gehe um den Fall Florian Singer. Und sie habe Scheuerles letzte Aktivitäten auf Video aufgenommen. Vielleicht sei er interessiert. Und sie diktierte der Frau ihre Adresse und ihre Handynummer.
    Danach legte sie auf. Ihr Brustkorb hob und senkte sich dabei zweimal, so schwer atmete sie.
    * * *
    Olga verließ ihre Wohnung. Zügig marschierte sie die kleine Staffel am Schellenturm hinauf und bog nach links in die Olgastraße, die nach ihrer Namensvetterin, der früheren Gattin des württembergischen Königs, benannt war. An der großen Kreuzung betrat sie den hell erleuchteten Supermarkt, der mit Späteinkäufern noch gut gefüllt war. Zielstrebig ging sie in die Abteilung mit dem Frischobst und legte zwei große reife Wassermelonen in den Einkaufswagen. Aus dem abgelegeneren Regal mit den Spirituosen nahm sie zwei Flaschen Wodka, nachdem sie vorher die Etiketten geprüft und sich überzeugt hatte, dass sie die Flaschen mit dem höchsten Alkoholgehalt ausgewählt hatte. Auch zwei Wäscheleinen aus Kunststoff wanderten in den Einkaufswagen.
    Schwülheiß war es auch noch um die späte Uhrzeit im Stuttgarter Kessel. Auf der Olgastraße blieb sie an der Straßenecke neben dem Café Hüftengold stehen. Hier hatte die Stuttgarter Drogenhilfe zwei Automaten angebracht. In dem einen konnten Junkies ihre gebrauchten Spritzen entsorgen und aus dem anderen neue ziehen. Olga zog an der Schublade und nahm zwei Spritzen heraus, als ihr Handy klingelte.
    Es war Dr. Scheuerle.
    Nein, keine weiteren Informationen, sagte Olga. Morgen
    früh um Punkt zehn Uhr solle er da sein, wenn er den Film wolle. Dann brach sie das Gespräch ab.
    Sie verstaute die Spritzen in der Einkaufstasche und kümmerte sich nicht um die Blicke der Umstehenden. Dann wählte sie noch einmal Denglers Nummer.
    Der Teilnehmer ist zurzeit nicht erreichbar.
    Sie nahm die Einkaufstüte mit den Melonen, dem Wodka, den Wäscheleinen und den beiden Spritzen und eilte zurück in ihre Wohnung.
    In der Küche nahm sie die weichere der beiden Melonen aus der Tüte und legte sie auf den Küchentisch. Dann öffnete sie die erste Flasche Wodka und löste eine der beiden Spritzen aus ihrer Plastikumhüllung. Sorgsam senkte sie die Kanüle in die Flasche und sog den Wodka mit dem Kolben der Spritze ein. Dann stach sie die Nadel tief in das Fruchtfleisch und drückte den Alkohol in die Melone. Erneut zog sie Wodka in die Spritze. Olga wiederholte den Vorgang, bis die Flasche leer war. Sie schraubte die zweite Flasche auf und spritzte auch deren Inhalt in die Frucht. Aus der Schublade ihres Küchenschrankes zog sie nun Alufolie, wickelte die Melone ein und legte sie in den Kühlschrank.
    Die Wäscheleinen deponierte sie oben auf dem Küchenschrank.
    Olga wartete.

[ Menü ]
    Der Tod
    Irgendwann verflogen alle Schmerzen. Er spürte auch die Kälte nicht mehr. Früher, als Kind, hatte er sich vor Schmerzen gefürchtet. Später, als Mann, hatte er sie so gut ertragen wie jeder andere Mann. Nun, da er sterben würde, waren sie belanglos geworden.
    Das Wasser hatte seine Unterlippe erreicht. Er drängte mit seinem Kopf weiter in die Ausbuchtung in der Felsendecke. Aber es gab keinen Spielraum mehr.
    Der Tod hatte ihn schon erreicht. Er war an Denglers Beinen hochgekrochen. Erst hatte er die Füße nicht
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher