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Brennen Muss Salem

Brennen Muss Salem

Titel: Brennen Muss Salem
Autoren: Stephen King
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gingen die Stufen hinauf und in die Küche. Der Geruch des Todes legte sich auf sie mit dem Gewicht von Granit. Die Kellertür stand offen.
    »Ich habe Angst«, sagte Mark schaudernd.
    »Natürlich. Wo ist die Taschenlampe?«
    »Im Keller. Ich ließ sie liegen, als ...«
    »O. k.« Sie standen vor der Treppe. Im Licht der untergehenden Sonne sah sie intakt aus, wie Mark gesagt hatte. »Folg mir«, sagte Ben.
    Ben dachte leichthin: Ich gehe in meinen Tod.
    Der Gedanke kam ihm ganz spontan, ohne Angst oder Bedauern. Alle Emotionen waren ihm in der um sich greifenden Atmosphäre des Bösen, das von diesem Ort Besitz ergriffen hatte, erloschen. Während er das Brett hinunterkroch, fühlte er nichts anderes als eine unnatürliche, eisige Ruhe. Er sah, daß seine Hände leuchteten. Das wunderte ihn nicht einmal.
    Jimmy hatte McCaslins Revolver bei sich, und der sollte in seiner Jackentasche bleiben. Wenn die Sonne unterging, bevor sie Barlow erledigt hatten, konnte er ihn ziehen ... zuerst den Jungen, dann sich selbst. Nicht gut; aber immer noch besser, als Barlows Tod zu sterben.
    Ben ließ sich auf den Kellerboden fallen und half Mark hinunter. Die Augen des Jungen wanderten zu der dunklen Gestalt auf dem Boden und wieder fort.
    »Ich kann nicht hinsehen«, sagte Mark heiser.
    Mark wandte sich ab, und Ben kniete nieder. Er räumte einige der tödlichen Bretter weg; die Messerklingen glitzerten wie Drachenzähne. Liebevoll drehte Ben Jimmy auf den Rücken.
    »Oh, Jimmy«, versuchte er zu sagen; die Worte brachen auf und bluteten in seinem Hals. Er bettete Jimmy in den linken Arm und zog mit der Rechten Barlows Klingen aus dem Toten.
    Es waren ihrer sechs; Jimmy hatte stark geblutet.
    Auf einem Regal fand Ben ordentlich zusammengelegte Möbelbezüge und breitete einen davon über Jimmys Leiche. Taschenlampe, Hammer und Revolver nahm er an sich.
    Er knipste die Lampe an und sah umher. Nichts. Er leuchtete unter den Billardtisch. Nichts. Nichts hinter dem Ofen. Nur Regale voll von Einmachgläsern, und ein Werkzeugkasten.
    »Wo ist er?« murmelte Ben. Er sah auf die Uhr; die Zeiger zeigten 18 Uhr 23. Wann war Sonnenuntergang? Ben konnte sich nicht erinnern. Sicherlich nicht später als 18 Uhr 55. Es blieb ihnen eine knappe halbe Stunde Zeit.
    »Wo ist er?« schrie Ben. »Ich fühle ihn, aber wo ist er?«
    »Dort!« rief Mark und zeigte mit leuchtender Hand. »Was ist das?«
    Ben richtete die Taschenlampe auf eine walisische Truhe.
    »Die ist nicht groß genug«, sagte er zu Mark. »Und sie steht unmittelbar an der Wand.«
    »Sehen wir nach, was dahinter ist.«
    Ben zuckte die Achseln. Sie gingen zur Truhe, und jeder stellte sich auf eine Seite. Bens Erregung wuchs. War hier die Aura, oder die Atmosphäre, oder wie immer man es nannte, nicht wesentlich stärker?
    Ben blickte auf die offene Küchentür. Das Licht war nun schon etwas dämmriger. Es hatte seinen goldenen Ton verloren.
    »Sie ist zu schwer für mich«, keuchte Mark.
    »Wir werden sie stürzen«, sagte Ben.
    Mark stemmte die Schulter gegen das Holz. Seine Augen blickten wild aus dem leuchtenden Gesicht. »O.k.«
    Gemeinsam warfen sie ihr Gewicht gegen die Truhe, und diese kippte mit einem lauten Krach um; in ihrem Innern zerbrach Eva Millers Hochzeitsservice.
    »Ich wußte es!« rief Mark triumphierend.
    Dort, wo die Truhe gestanden war, kam eine kleine Tür zum Vorschein. Davor hing ein neues Yale-Schloß.
    Zwei harte Hammerschläge überzeugten Ben, daß das Schloß nicht nachgeben würde. »Verdammt noch mal«, fluchte er leise.
    Bittere Enttäuschung machte sich in ihm breit. Jetzt, am Ende, durch so etwas aufgehalten zu werden, durch ein Schloß für fünf Dollar!
    Wenn es sein mußte, würde er sich mit den Zähnen durch das Holz beißen.
    Er schaute sich um. Der Strahl seiner Taschenlampe fiel auf einen Werkzeugständer neben der Treppe. An Stahlhaken hing eine Axt.
    Ben lief hinüber, packte das Werkzeug und schüttete das Weihwasser aus einer Ampulle über das Axtblatt. Das begann sofort zu leuchten. Und als seine Hände den hölzernen Schaft umklammerten, fühlte es sich unglaublich gut an, unglaublich richtig. Er hielt den Schaft noch einen Augenblick lang fest und blickte auf das leuchtende Axtblatt. Irgendein sonderbarer Impuls zwang ihn, seine Stirn damit zu berühren. Ein Gefühl der Sicherheit ergriff ihn, ein Gefühl, das Recht auf seiner Seite zu haben, ein Gefühl der Klarheit. Das erste Mal seit Wochen spürte er, daß er nicht länger durch
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