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Breakfast on Pluto

Breakfast on Pluto

Titel: Breakfast on Pluto
Autoren: Patrick McCabe
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würde je wagen, das zu leugnen? Zu behaupten: »Es sind gar nicht ihre! Die hat doch gar keine Vagina!«
    Niemand. Und wenn sich meine Lider schlössen und die ersten Tränen ihren Weg in die Welt fänden, würde ich jedem von ihnen die Hand drücken und Lebwohl sagen, von jedem Abschied nehmen, in dem sicheren Wissen, daß Kind Nr. 1 und Kind Nr. 2, bis hin zum Kind Nr. 10, es all ihr Lebtag erhalten, es bis ans Ende empfangen hatten, dieses wundervolle Geschenk namens Liebe.
    Hätte es dazu kommen können? Mit meinem lieben Schnullermann etwa? Mich dünkt, nein! Das Kaminfeuer loderte hell und heftig, und die Arme um die Knie geschlungen, legte ich meinen Kopf auf seine Schenkel und fragte mit verschleiertem Blick: »Schnulli? Wo, glaubst du, werden wir in zwanzig Jahren sein?« Aber er strich mir nur übers Haar und sagte: »Huh?«
    Armer, alter Schnulli! Er hat ein wahres Hundeleben mit mir geführt, nicht wahr? Bald bin ich so schwermütig und schwerblütig wie eine Frau, entziehe mich und sage: »Ach, nimm bloß deine Pfoten weg! Du wirst es nie begreifen!«, und dann plötzlich bin ich wie benebelt – bis ans Ende aller Zeit werde ich diesen wunderbaren Mann nicht verlassen. Was nun wahr sein mochte oder auch nicht – das konnte ich wirklich nicht entscheiden –, wer weiß schon, ob nicht aus »mögen« eines Tages »lieben« wird, ob nicht mit den Jahren etwas Besonderes daraus entsteht? Und »mögen« tat ich ihn nun wirklich! Er war ein wunderbarer Gefährte, ganz egal, was für Lügenmärchen sie in den Zeitungen über ihn verbreiteten! Und ich will euch noch was sagen – ganz gleich, was die beiden durchgemacht haben oder was für schreckliche Dinge sie über mich und unsere Beziehung gesagt hat, nie habe ich ihn schlecht von seiner Frau sprechen hören. Nicht, daß ich mich, um die Wahrheit zu sagen, über ein »Alte Kuh!« oder »Eifersüchtige Ziege!« nicht ab und zu gefreut hätte, aber ob ich es nun tat oder nicht, es kam nie. »Sie hat ein großes Herz, das hat sie wirklich«, sagte er, und dafür bewunderte ich ihn.
    Obwohl ich sagen muß, daß an dem Tag, als sie kam und mich vor aller Welt verleumdete, wenig dafür sprach. Nicht, daß ich sie nicht verstanden hätte! Wenn ich mit jemandem verheiratet wäre, und er würde mit einer andern durchbrennen, würde ich ihnen nicht bloß ein paar Schimpfworte nachrufen. Wenn ihr die Wahrheit wissen wollt, denen würde ich das Leben zur Hölle machen! Wo sie auch hingingen, würden sie auf mich stoßen – und zwar nicht auf die nette,gepflegte, sanftzüngige Ausgabe! Eher auf die heimtückische, fauchende, die Vettel aller Vetteln, die sich nichts dabei denken würde, ihnen die Kleider zu zerfetzen oder mit ein paar gezielten Hieben ihrer lackierten Fingernägel das Gesicht zu zerkratzen! Ihr glaubt nicht, daß ich dazu in der Lage wäre? Ich fürchte, da kennt ihr mich schlecht, zumindest wenn’s um Liebe geht! Allein schon bei dem Gedanken, daß mir jemand den Menschen, den ich liebe, wegnehmen könnte, drehe ich vollkommen durch!
    Weshalb ich auch nicht zu seiner Beerdigung gegangen bin. Wie konnte ich sicher sein, daß Mrs. Faircroft – oje, jetzt habe ich euch seinen Namen ja doch verraten! na ja, wenn schon! – mich nicht erkennt und die Fassung verliert, wie es nach einem Trauerfall bei dem ganzen Streß und den Strapazen leicht passiert, und Kränkung und Schmerz über einem armen, bedauernswerten Geschöpf ausschüttet, einer Verwandten, mit der sie sich zerstritten hat oder was immer. Das hätte ich einfach nicht verkraftet, daß jeder mich anglotzt und raunt: »Haste den gesehen…« und all so ‘n Quatsch, im Flüsterton wie immer.
    Wie gesagt, mehr haben sie sich bei Eamon und mir nie getraut. (So! Jetzt wißt ihr endgültig Bescheid!) Um die Wahrheit zu sagen, ich glaube nicht, daß sie überhaupt dazu imstande waren, uns zu verstehen, konkret, falls ihr wißt, was ich meine – ich glaube nicht, daß sie akzeptieren könnten, daß es so was überhaupt gibt!
    Deshalb hielt ich es schließlich für die beste Lösung, gar nicht erst hinzugehen. Ich hatte eine Messe für ihn lesen lassen – in seinem tiefsten Inneren war er ein sehr frommer Mann, egal, was so gemunkelt wurde von Bestechung, Mord und so. Aber ich hielt es für besser, die Karte nicht in meinem Namen zu unterschreiben. Statt dessen schrieb ich nur: »Ein Freund.«
    Ein paar Tage später haben sie abends im Mulvey’s zu mir gesagt: »Weißt du, wo sie deinen Macker
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