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Bratt, Berte - 01 - Das Herz auf dem rechten Fleck

Bratt, Berte - 01 - Das Herz auf dem rechten Fleck

Titel: Bratt, Berte - 01 - Das Herz auf dem rechten Fleck
Autoren: Berte Bratt
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Gewissensbissen einen brennenden Wunsch abschlug, einen Mann, der sich nicht einmal die Mühe machte, näher zu untersuchen, ob eine Möglichkeit bestand, meinen Wunsch zu erfüllen?
    Ich hätte mir diese Fahrt nach Colmar erbetteln können. Ich hätte sie durch Tränen erreichen können. Ich hätte sie mir ernörgeln können. Aber ich wollte nicht betteln, weinen oder nörgeln. Die Freuden, die Asbjörn mir schenkte, sollten seinem freien Willen entspringen; sie sollten ihm selber Freude machen, sie sollten aus dem Wunsch hervorgehen, mich froh zu sehen und etwas für mich zu tun. So wie auch ich von Herzen gern Asbjörn erfreuen wollte.
    Schüttele es ab, Bernadette.
    Nein. Ich konnte es nicht.
    Als ich mich am Abend ins Bett legte und es um mich her dunkel und still war, kamen die Tränen.
    Sie galten nun nicht länger Colmar. Sie galten nicht diesem einen Fall. Dieser Fall war nur ein Symptom für das, was in meinem Herzen nagte und mit jedem Tag, seit Asbjörn und ich uns verlobt hatten, immer größer wurde - das, was ich immer wieder von mir abgeschüttelt hatte, über das ich hinweggegangen war, das ich mit Hilfe meiner Heiterkeit und meinem Verlangen nach Harmonie zu unterdrücken vermocht hatte.
    Nun wurde vor mir wieder alles lebendig, und mir wurde entsetzlich bang. Ich hatte Angst, das Leben anzupacken, das vor mir lag.
    So begann die Reise nach Süden; ich war ruhig und beherrscht und antwortete freundlich auf alles, was Asbjörn sagte. Aber das Herz lag mir wie ein Stein in der Brust.
    Nur ein einziges Mal begann es zu leben. Das war in der Nähe von Freiburg, wo eine Straße nach Westen abzweigte und ein großes gelbes Schild genau anzeigte, wohin sie führte: COLMAR stand auf dem Schild. Da zuckte eine verzweifelte kleine Hoffnung in meinem Herzen auf.
    Vielleicht - vielleicht biegt er jetzt nach rechts ab - vielleicht will er mich überraschen - vielleicht.
    Schon waren wir am Schild vorbei und fuhren weiter nach Süden.
    Ja, wir sahen das Freiburger Münster, und Asbjörn kaufte mir eine echte Schwarzwälder Kuckucksuhr.
    Wir kamen nach Basel und gingen in den Zoologischen Garten. Gewiß war er schön, und Asbjörn war in seinem Element, so wie er es auch in Frankfurt gewesen war.
    Am nächsten Abend rollten wir in Villeverte ein. „Aber Petite, wie blaß du bist!“ sagte Grand’mere. „Ist dir nicht wohl?“
    „Doch, doch, Grand’mere. Nur müde bin ich.“
    „Dein Gesicht ist ja kreideweiß, du siehst aus wie Buttermilch und Käse“, drückte Onkel Ferdinand sich aus. „Hast du sie schlecht behandelt, Asbjörn? Hast du bereits angefangen, sie zu verhauen? Damit mußt du warten, bis ihr verheiratet seid!“
    Ich lächelte ein kraftloses Lächeln. Dann aber riß ich mich gewaltig zusammen, erzählte von Frau von Krohn und der Wohnung. Die Familie schlug die Hände zusammen, und jeder überschrie den anderen, was für unvorstellbares Glück wir hätten - und wie glücklich ich sein müßte!
    Glücklich? - Ob ich wohl jemals wieder glücklich sein könnte? So richtig hemmungslos, vollkommen glücklich?
    Ich weinte nicht mehr. Das hatte ich in der letzten Nacht in Frankfurt hinter mich gebracht. Nur ein dumpfer, quälender Schmerz war zurückgeblieben.
    Ich wußte, daß ich mich mit Asbjörn aussprechen mußte. Und es hatte bald zu geschehen. Bei der ersten Gelegenheit. Denn diesen Zustand hielt ich nicht aus.

Kabine Nummer sechs
    Die Gelegenheit fand sich schneller als erwartet.
    „Du!“ sagte Asbjörn beim Frühstück. „Wo befindet sich Franz heute mit seinen Maultieren?“
    „Heute - Donnerstag? Da geht er zur Steinbockhütte hinauf.“ „Glaubst du, wir könnten ihn treffen, wenn wir die Bahn hinauf nehmen und ein Stück in die Berge hineingehen? Ich meine nicht angeseilt zur Aiguille d’Argent, sondern durch die Schlucht hinauf?“ „Ja, früher oder später müssen wir ihm bestimmt dort begegnen.“ „Weißt du, ich habe mir nämlich gedacht, das Nützliche mit dem Angenehmen zu verbinden. Das Angenehme wäre, einmal eine schöne Tour zu machen, ohne dabei nur an das Filmen denken zu müssen; und das Nützliche wäre, Franz zu treffen und ihn zu fragen, ob er sich für solche Filmaufnahmen zur Verfügung stellen würde.“ „Das läßt sich ganz bestimmt vereinen!“ So nahmen wir die Bahn hinauf. Das war für uns ein neuer Luxus, denn wir waren sonst stets vor Sonnenaufgang auf unseren Beinen in die Berge hinaufgewandert.
    „Was, Bernadette, lebst du noch?“ rief der alte
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