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Brann 03 - Das Sammeln der Steine

Brann 03 - Das Sammeln der Steine

Titel: Brann 03 - Das Sammeln der Steine
Autoren: Jo Clayton
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gleichfalls vom Morgenlicht aufgehellte Räumlichkeiten, gefegt und geschmückt von einer der Elfen, die sich um die Insel kümmerten, jener Elfe, die sie Hausfee nannten. Die Küche war ein großer, heller Raum an der Rückseite des Hauses. Brann öffnete eine Schublade, entnahm ihr ein Schälmesser. Sie setzte die Klinge ans Handgelenk. Das Messer war so scharf, daß sein bloßes Gewicht genügte, um die Klinge ein wenig in die Haut zu schneiden; als sie es anhob, sah sie auf der Porzellanblässe ihrer Haut einen dünnen roten Strich. Sie ließ das Messer sinken. Noch war es nicht soweit. Sie war noch nicht lebensmüde genug, um die Pein des Sterbens auf sich zu nehmen. Langeweile ... Nein, das reichte nicht aus, vorläufig nicht.
    Sie legte das Messer auf den Küchentisch und quetschte mit dem Daumen die oberflächliche Schnittwunde zusammen, wischte das Blut ab. Der Schnitt brannte, mehr Blut sickerte heraus. Indem Brann sich das Handgelenk gedankenlos seitlich an der Brust rieb, schlenderte sie aus dem Haus, schauderte leicht, als der frostkühle morgendliche Wind ihre Haut streifte. Einen Augenblick lang erwog sie, wieder hineinzugehen und sich etwas überzuziehen, doch die Morgenfrische störte sie zuwenig, als daß sie sich diese Mühe gemacht hätte, sie besah sich ihr Handgelenk; schon war der Einschnitt verkrustet; das Bluten hatte aufgehört.
    Ohne auf die Kälte des Taus zu achten, der sich an ihren nackten Füßen wie geschmolzener Schnee anfühlte, wanderte sie den langgezogenen, grasigen Hang zum Wasser hinab, verharrte am Rande des kleinen Strands, lauschte aufs Schwappen des Salzwassers auf dem Sand, spähte über eine schmale Meerenge hinüber zur Nachbarinsel, einem hohen Felsengebilde, durch Wind und Wasser in eine Gesteinssäule verwandelt, kahl bis auf ein paar graue und orangerote Flechten. Sämtliche Inseln rings um Jal Virri sahen so aus; es schien, als hätte das reizende grüne Inselchen ihnen alle Lebenskraft entzogen und für sich selbst verbraucht. Die Arme um die Brüste verbraucht. Die Arme um die Brüste geschlungen, während ihre Hände zitterten, obwohl sie sie fest um die Oberarme klammerte, und ihre Füße Eisklötzen mit Schmierstreifen schwärzlicher Erde und Grasfetzen glichen, beobachtete Brann, wie die dunklen Wasser an den Strand rollten und zurückwichen, bis sie die Kälte nicht länger ertragen konnte. Es ist wieder soweit, daß wir nach Kukurul müssen, Maks und ich, oder ich gehe allein, falls er nicht mitkommen mag. Für die Dauer von ein, zwei Atemzügen stand sie reglos da. Ich bezweifle, daß ich zurückkehre. Ich weiß nicht, was ich unternehmen will, aber ich kann unmöglich länger hier Trübsal blasen. Sie wandte sich um und ging zum Haus. Ich habe geschlafen, und nun bin ich wach. Ich habe noch nie im Bett bleiben können, wenn ich erst mal wach war.
     
    2 »Raff dich auf, Maksi!« Brann riß ihm die Decken weg, versetzte ihm einen Klaps aufs feiste Hinterteil. »Wach auf, du fauler Magikus, ich brauche dich!«
    Er knurrte und blinzelte sie an. »Hau ab!«
    »Hn-n, mein Schatz. Du hast lang genug für zehn deines Schlages geschlummert. Zaubere mich nach Kukurul, Liebster. Ich bin voller Lüsternheit erwacht.«
    Maksim schloß die Lider. »Nimm das Boot.« Statt dessen ergriff Brann sein Ohrläppchen und kniff hinein. »Au! Laß das!« Er haschte nach ihrem Arm, doch sie entsprang seiner Reichweite. »Hexe!«
    »Wäre ich eine, brauchte ich dich nicht.« Maksim stöhnte und stemmte sich hoch. »Du brauchst mich nicht.«
    »Komm, Maksi. Die Hausfee hat uns heute 'n Morgenmahl zubereitet. Dank magischer Einwirkung bleibt's frisch, aber ich habe Hunger. Nun gut, ich nehme das Boot, aber ich möchte, daß du mich begleitest.«
    Maksim strich sich zerzaustes Haar aus dem Gesicht, schaute Brann hintersinnigen Blicks an. »Was ist mit dir, Brombeer? Irgend etwas beschäftigt dich.«
    »Keine Seelenerforschung vor dem Frühstück, wenn ich bitten darf. Ich laß dir 'n Bad ein, mein Verlangen nach Wasser ist schon gedeckt. Ich warte 'ne Viertelstunde, nicht länger, also wird's deine eigene Schuld sein, wenn deine Eier kalt werden.«
     
    3 Hinter dem Wandschirm knisterte lebhaft das Feuer; die schweren Seidenvorhänge waren zur Seite gezogen worden, so daß die Morgensonne hereinschien. Brann stapfte auf und ab, ihre Gestalt glitt durch die Sonnenstrahlen, ihr Schatten huschte unstet über die Einrichtung. Ruckartig drehte sie sich um, sah Maksim an.
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