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Braig & Neundorf 13: Schwaben-Sommer

Braig & Neundorf 13: Schwaben-Sommer

Titel: Braig & Neundorf 13: Schwaben-Sommer
Autoren: Klaus Wanninger
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damit, Betriebe an andere weiterzuverkaufen. Die Provision sichert mir meinen Lebensunterhalt.«
    »Wie viel ist das etwa?«, hatte Neundorf gefragt.
    »Je nachdem. Bis zu zehn, zwölf Prozent.«
    »Und weiter?«
    »Ich hatte die Ausschreibung dieses italienischen Konzerns vorliegen, der überall in Europa kleine Lebensmittelklitschen kauft, um dann nach der neuen EU-Verordnung regionale Produkte anbieten zu können. Also suchte ich nach kleinen Firmen, die da infrage kamen.«
    »Wie stießen Sie auf Fitterling?«
    »Stollner machte mir den Vorschlag. Wir haben schon mehrfach miteinander gearbeitet. Ich vermittle dem Konzern das Kaufobjekt, Stollner finanziert mit seiner Bank die Übernahme. Es ist ja nicht so, dass dieser Konzern im Geld schwimmt, im Gegenteil, die ständig neue Übernahme kleiner und größerer Firmen in ganz Europa läuft nur per Kredit. Stollner witterte da für seine Bank, in deren Vorstand er ja sitzt, zurecht das große Geschäft. Zwanzig Millionen Euro für Fitterling, vorfinanziert über zehn Jahre, das gibt einen ganz schönen Batzen. Zumal seine Bank ja gerade wieder einige Millionen mit Derivaten-Spekulationen unter seiner Regie in den Sand gesetzt hatte, da war Fitterling der große Ausgleich. Das rettete Stollner sozusagen den Kopf.«
    »Und deshalb nutzte er sein Vertrauensverhältnis, das auch auf seinem Amt als ehrenamtlicher Bürgermeister basierte und versuchte, die Fitterlings von der Notwendigkeit des Verkaufs der Firma zu überzeugen.«
    »Genau, ja. Er werde das schon schaukeln, erklärte er mir. Die stehen ganz übel in der Bredouille, meinte er. Der eine der Brüder verjuble den letzten Heller mit seinen unaufhörlichen Weibergeschichten und der andere sei ein naiver Idealist und Träumer und noch dazu schwul. Die werde er schon packen.«
    »Aber bei einem Verkauf der Firma ginge doch der Großteil der Arbeitsplätze verloren«, hatte Neundorf eingeworfen. Sie war bei den Kollegen des Wirtschaftsdezernats vorstellig geworden, hatte von ihnen die Information erhalten, dass »neunzig Prozent solcher Fabrikverkäufe binnen weniger Monate zum Verlust fast aller Arbeitsplätze führten, weil der jeweilige Konzern nur noch eine minimale regionale Schein-Produktion am Leben erhalte, um eventuelle Kontrollen der Behörden zu bestehen, den größten Anteil aber irgendwo im Ausland billig als Massenproduktion herstelle und dann als regionales Produkt anbiete. Das ist fast schon Standard heute«, hatten die Kollegen mit resigniertem Gesichtsausdruck erklärt, »es gibt keine Moral in unserem wirtschaftlichen Geschehen, nur das Prinzip Profit.«
    »Also, das Problem mit den Arbeitsplätzen, war das Ihnen und Herrn Stollner als Bürgermeister der Gemeinde nicht bewusst?«
    »Natürlich war uns das und auch Stollner bewusst. Aber nicht nur ich, sondern gerade seine Bank verdient bei diesem Geschäft Millionen, mehrere Millionen, vergessen Sie das nicht. Und bankintern verkauft er das als seinen Verdienst. Was das Problem mit den Arbeitsplätzen betrifft, sollten Sie daran denken, dass die Leute frühestens acht oder zehn Monate nach dem Firmenverkauf entlassen werden – sofort wird sich das schon allein aus Imagegründen kein Konzern leisten. Und bis dahin kann Stollner sich gut aus der Verantwortung reden: Das war so nicht abgemacht und auch nicht absehbar, im Gegenteil, er als Bürgermeister wollte nur das Beste. Dass es sich bei dem Konzern um solche rücksichtslosen Typen handelt – wer konnte das schon ahnen? Die Bosse in Italien sind die Schuldigen, wir hier alle nur die Opfer. So läuft das doch bei uns – wie kommen denn korrupte Politiker bei uns zu ihrem Geld? Und später stehlen sie sich dann mit salbungsvollen Worten davon.«
    »Ich habe aber immer noch nicht verstanden, weshalb Sie Marina Röhm töten wollten«, hatte Braig eingewandt. »Nur um den Verdacht auf Michael Fitterling zu lenken?«
    »Töten, ich wollte sie doch um Gottes willen nicht töten«, hatte der Mann versucht, die Beschuldigung abzuwehren, erst nach mehreren Sekunden wieder zu seinem Redefluss gefunden. »Stollner wusste genau, dass der Mann sich um diese Zeit mit seinem schwulen Priester-Freund trifft, darüber aber schweigt wie ein Grab. Das kostet den Priester den Job, erklärte Stollner, wenn das bekannt wird. Nicht, dass er schwul ist, davon haben die ohnehin viele, aber dass seine Homosexualität an die Öffentlichkeit kommt, das ist für die ein Verbrechen. Deshalb wird Fitterling nie auch nur ein
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