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Braig & Neundorf 13: Schwaben-Sommer

Braig & Neundorf 13: Schwaben-Sommer

Titel: Braig & Neundorf 13: Schwaben-Sommer
Autoren: Klaus Wanninger
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demonstrativ gelangweilt.
    Genau in dem Moment, als sich die beiden Männer gegenseitig um den Hals fielen und sich abknutschten, sah sie das Auto unten an der Straße, genau an der Stelle, wo der Waldweg abzweigte, halten. Was war jetzt los? Noch einer von denen? Feiern die eine Party heute? Sie sah einen Mann aussteigen und in die Richtung des geparkten Fahrzeugs marschieren, hörte das Klicken der Kamera neben sich. »Ey, genug, die Schwulen laufen uns nicht davon, nimm die mal!«
    »Mein Gott, wie süß! Die lutschen sich voll ab!«
    Die Ausgeflippte ließ sich erst nach zwei kräftigen Rippenstößen überzeugen, schwenkte das Objektiv, lichtete das davonfahrende Auto wie die neu angekommene, gerade in den geparkten Wagen steigende Person ab. »Was will der denn? Der klaut die Karre des Schwulen, was?«
    »Keine Ahnung.« Laura verstand nichts mehr, starrte ins Tal. Der Mann war in dem Fahrzeug verschwunden, schien aber unfähig, es in Bewegung zu setzen.
    »Der will die Blechkiste klauen, ist aber zu blöd dazu«, kommentierte die Ausgeflippte. Sie wandte den Blick, beobachtete die beiden Männer auf der Wiese. Hand in Hand schlenderten sie auf die seltsam geformten Büsche auf der anderen Hügelseite zu. Sie schienen sich zu unterhalten. Liebesgesülze wahrscheinlich.
    Der Kleine strich dem Größeren über den Arm. Klick. Der Größere fuhr seinem Begleiter zärtlich durch die Haare. Klick. Hand in Hand liefen sie weiter. Klick.
    »Wann ziehen die sich endlich aus?« Die Ausgeflippte warf einen anzüglichen Blick zu ihrer Begleiterin.
    »Ausziehen? Wieso?«
    »Weshalb wohl?«
    Voll Psycho, wie cool die sich vorkam.
    Am Ende der Straße bog ein Fahrrad um die Ecke.
    »Oh, ein Radfahrer«, zischte Laura. »Ob der den Autoklau bemerkt?«
    Die Ausgeflippte starrte nach unten. »Sieht nicht so aus, oder? Der Radler glotzt immer geradeaus.«
    »Meinst du?«
    Sie richtete die Kamera wieder ins Tal.
    Das Fahrrad kurz vor der Abzweigung des Waldwegs. Klick. Das Fahrrad kurz nach der Abzweigung des Waldwegs. Klick. Das Fahrrad um den Hang herum ein gutes Stück weg. Klick.
    Plötzlich raste das Auto los.
    Überrascht starrte die Ausgeflippte in die Tiefe. Sie fuhr das Tele vollends aus, hielt drauf, so gut es ging.
    Das Auto raste um die Ecke auf die Fahrbahn. Klick. Der Wagen preschte über die Straße hinter dem Fahrrad her. Klick. Das Auto raste um den Hang herum. Klick. Der Radfahrer drehte sich um, riss den Lenker zur Seite. Klick. Das Auto änderte seinen Kurs ebenfalls. Klick. Das Fahrrad hatte den Grasstreifen neben der Fahrbahn erreicht, wurde von dem Auto an der Seite erwischt. Klick. Der Radfahrer knallte ins Gras. Klick. Das Auto bremste. Wendete. Klick. Fuhr um den Hang herum, dann zurück zum Waldweg. Klick. Parkte dort ein, haargenau wie vorher. Der Mann stieg aus. Klick.
    »Seine Fresse!«, brüllte Laura. »Hast du seine Fresse?«
    Das Gesicht des Mannes. Klick.
    Ein anderes Fahrzeug näherte sich auf der Straße, der Mann lief darauf zu. Klick. Das Auto hielt. Der Mann stieg ein. Klick. Der Wagen fuhr davon. Klick.
    Die Ausgeflippte prustete sich die Aufregung aus dem Leib. »Oh, fuck. Was ging da denn jetzt ab?«
    »Voll Psycho. Was weiß ich«, stöhnte Laura. »Und da sage noch einer, so eine christliche Freizeit auf der Alb sei langweilig!«

28. Kapitel
    Außergewöhnliche Schwaben
    Von Thomas Weiss
     
    Peter Gais
    »Der Arme Konrad«
     
     
    Wie sich die Zeiten gleichen: Vor fast genau fünfhundert Jahren – die Großkopfeten im Land waren wie in unseren Tagen in erster Linie damit beschäftigt, das Geld ihrer Untertanen zu verprassen – kamen brave, schwäbische Bürger auf den absonderlichen Gedanken, dass das nicht rechtens sein kann. Luxus, Laster, prestigeträchtige Festivitäten für die einen, Arbeit und Maul-Halten für die anderen. Was die großen Herren damals wie heute nicht glauben wollten: Die einfachen, zu Arbeitstieren und Befehlsempfängern dressierten Leute wollten dem selbstherrlichen Treiben nicht länger tatenlos zusehen; sie wagten es, sich zu wehren, riefen zum zivilen Ungehorsam auf.
    Im Frühling 1514 war es zum ersten Mal soweit. Der damalige württembergische Herzog Ulrich, eine egomanische, jeder Sensibilität für die Bedürfnisse anderer Menschen abholde Person hatte einen unüberschaubaren Schuldenberg angesammelt, dessen Zinsen nur mit immer höheren Steuern bezahlt werden konnten. Als ihm selbst bewusst wurde, dass es an der Steuerschraube nichts mehr zu
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