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Boy Nobody: Ich bin dein Freund. Ich bin dein Mörder. (German Edition)

Boy Nobody: Ich bin dein Freund. Ich bin dein Mörder. (German Edition)

Titel: Boy Nobody: Ich bin dein Freund. Ich bin dein Mörder. (German Edition)
Autoren: Allen Zadoff
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Liebe.
    Ich habe die Story schon fertig im Kopf. Nur das Ende fehlt noch.
    »Kann ich Goji wenigstens eine Abschiedsmail schreiben? Den Gefallen kannst du mir doch tun, oder?«
    »Red keinen Scheiß, Howard.«
    Er ist immer weiter vor mir zurückgewichen, steht jetzt mit dem Rücken zur Wand. Genau wie in der Schule: Howard eingekeilt und in eine Ecke gedrängt. Und dann gibt’s Prügel.
    Howard, das ewige Opfer.
    Aber das muss mir egal sein.
    Ich kann ihn nicht mitnehmen und ich kann ihn nicht hier zurücklassen, bei allem, was er weiß.
    Aber, Moment mal. Vielleicht kann ich ihn ja doch noch gebrauchen? Vielleicht können mir seine Fähigkeiten irgendwann nützlich sein.
    Man hat immer eine Wahl
. Hat Sam gesagt.
    Ich kann mich auch anders entscheiden.
    »Du hast doch dieses Hacker-Netz entdeckt«, sage ich.
    »Ja.«
    »Kannst du auch rauskriegen, für wen die arbeiten?«
    »Sollte kein Problem sein.«
    Könntest du rauskriegen, ob das Programm dahintersteckt?
    Das ist die Frage, die mich eigentlich interessiert.
    Ich setze mich auf die Kante von Howards Bett, das mit dreckigen Klamotten übersät ist.
    »Und was ist jetzt?«, fragt Howard.
    Ich habe die Wahl.
»Keine Angst, ich tu dir nichts.«
    »Heißt das, dass du mich mitnimmst?«
    »Geht leider nicht. Aber ich hab eine Idee, wie wir zusammenarbeiten können.«
    »Ja, und wie?«, fragt er aufgeregt.
    »Du gehst zur Schule, lebst genauso weiter wie bisher, nur dass es nicht mehr dein richtiges Leben ist. Das ist nur Tarnung. Denn du arbeitest ab jetzt für mich.«
    »Wie ein Geheimagent.«
    »Genau. Und wenn du in der Schule Probleme kriegst   … «
    »Dann sind das keine echten Probleme. Die gehören ab jetzt zu meiner Tarnung.«
    »Du hast’s geschnallt.«
    »Ist ja voll krass, Ben.«
    »Wir benutzen ein spezielles Kommunikationssystem. Verschlüsselte Nachrichten und so. Kann sein, dass du länger nichts von mir hörst.«
    »Verstehe.«
    »Aber irgendwann melde ich mich bei dir. Weil ich Informationen von dir brauche.«
    »Okay.«
    »Aber, Howard, denk dran: Du musst immer deine Spuren verwischen.«
    »Klar. Dreifache, vierfache Absicherung, wenn’s sein muss.«
    »Nicht wie bei diesem   … wie hieß er noch?«
    »Infinite L∞P«, sagt Howard. »Keine Angst. Ich bin besser als er.«
    »Es geht nicht um besser oder schlechter. Du musst einfach supervorsichtig sein. Wenn du auch nur den kleinsten Fehler machst, fliegen wir auf.«
    Er nickt. »Mir ist schon klar, was auf dem Spiel steht.«
    »Na gut. Dann hast du jetzt einen Job.«
    Er stürmt auf mich zu und fällt mir um den Hals, erstickt mich fast mit seiner Umarmung.
    »He, damit fangen wir erst gar nicht an.«
    »Nur das eine Mal, Ben. Dann läuft’s profimäßig zwischen uns.«
    Er lässt mich los, tritt einen Schritt zurück und strahlt mich an.
    »Danke, Ben. Danke, dass du mir ’ne Chance gibst.«
    Dann dreht er sich zum Monitor um, über den gerade Gojis Gesicht wandert. Er streckt den Arm aus und berührt den Bildschirm.
    »Sie wär bestimmt stolz auf mich.«
    »Sie darf nichts davon erfahren, Howard.«
    »Schon klar.«
    Ich gehe zur Tür.
    »Was hast du jetzt vor?«, fragt er.
    Ich sehe auf meine Uhr.
    »Gleich fängt die Schule an«, sage ich. »Heute ist mein letzter Tag.«

Der Unterricht fällt aus, die ganze Schule ist in Aufruhr.
    In der Turnhalle sitzen Psychologen, um uns zu betreuen. In der Cafeteria warten Geistliche, um mit uns zu beten. In der Eingangshalle stehen Lehrer, um uns zu trösten.
    Nein, nicht um
uns
zu trösten.
    Um
die anderen
zu trösten.
    Die Schüler laufen durch die Flure, finden sich zu Grüppchen zusammen. Wer Sam persönlich kannte, ist am Boden zerstört. Wer nicht, tut wenigstens so.
    Ich gehe zu Sams Spind. Der Boden ist mit Blumen, Kerzen und Fotos übersät. Handgeschriebene Karten stecken in Blumensträußen oder kleben an Sams Schließfach.
    Darius steht schweigend davor, mit dem Rücken an die Wand gelehnt. Als würde er Totenwache halten.
    Ich räuspere mich. Erst dann bemerkt er mich.
    »Ich hab versucht, sie zu beschützen«, sagt er. »Hast du ja mitgekriegt.«
    Ich nicke.
    »Weißt du, was mich wirklich fertigmacht? Dass ich ihr nie gesagt hab, wie viel sie mir bedeutet hat.«
    Er tritt gegen einen Spind. Er ist den Tränen nahe.
    »Sie hat’s gewusst«, sage ich.
    Er blickt auf. »Wieso?«
    »Sie hat’s mir erzählt.«
    Seine Züge entspannen sich. Er lächelt zaghaft.
    In diesem Moment kommt ein schwarzhaariges Mädchen auf uns zu. Eine
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