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Botschaft des Schreckens

Botschaft des Schreckens

Titel: Botschaft des Schreckens
Autoren: Blanche Mosler
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Ausland verbracht. »Aber das muß ich sagen, Sally«, hatte er geflüstert, »das ist der einzige Grund, daß wir erst jetzt miteinander tanzen. Irgendwie haben wir einander verfehlt. Aber wenn ich Ihr wunderschönes, rotes Haar sehe und Ihre blauen Augen – Herrgott, ich brauch wohl ’ne Brille!«
    Beide schwebten wir in den Wolken. Jay hatte wohl niemals an etwas anderes gedacht, als eines Tages irgendein Mädchen aus seinen eigenen Kreisen zu heiraten. Und ich hatte mich, obgleich ich ein Jahr zuvor meine Mutter verloren hatte und schrecklich allein war, bis dahin auch nicht bemüht, den Prinzen meiner Träume zu finden. Ich hatte das sehr merkwürdige Gefühl, als wartete er nicht in meiner Zukunft auf mich, daß…  daß was?  Daß wir uns schon begegnet waren? Oder daß wir uns schon früher hätten begegnen sollen? Aber das war ja Unsinn! Jedenfalls spürte ich, als Jays langer, gelber Wagen vor meinem so gewöhnlichen Haus zum Stehen kam, die Unwirklichkeit der Situation mehr als er. Immer wieder beschlich mich die Angst, als könne alles plötzlich wie eine Seifenblase zerplatzen.
    Später waren da noch andere Dinge gewesen. In Tulsa hatten wir meinen Verlobungsring ausgewählt, und auf dem Heimweg hatte er dann gesagt: »Hör zu, Liebling, Mama ist in Europa. Würde es dir etwas ausmachen, ihn nicht zu tragen, bis sie zurück ist? Wenn die ganze Stadt es wüßte, bevor sie es erfährt – das würde sie nie verwinden.«
    »Ich verstehe«, flüsterte ich, nahm den Ring vom Finger und steckte ihn in meine Tasche. »Aber ich freue mich sehr darauf. Es wird ein bißchen sein, als hätte ich eine zweite Mutter.«
    Am Tage von Mrs. Hallums Rückkehr hinterließ Jay eine Nachricht im Krankenhaus, daß er mich um sechs Uhr zum Dinner abholen würde. Mein Herz pochte, als ich den Zettel las. Endlich würde ich meine zukünftige Schwiegermutter kennenlernen.
    Aber als Jay mich zum Wagen führte, war von Mrs. Hallum weit und breit nichts zu sehen; auch fuhr er nicht zu ihrem großen Landhaus auf dem Hügel über der Stadt. Statt dessen steuerte er in die entgegengesetzte Richtung, hinaus zur Hauptstraße, wo es mehrere Motel-Restaurants gab. Schließlich sagte er heiser: »Es… es tut mir leid, aber Mama konnte nicht. Sie… also… sie ist noch sehr erschöpft von der Reise, und…« Verlegen verstummte er.
    »Macht doch nichts«, sagte ich und versuchte, meine Fassung wiederzufinden. »Natürlich ist sie jetzt müde. Wir hätten beide daran denken sollen. Sei nicht so niedergeschlagen. Wir heiraten ja noch nicht gleich…«
    Ich wandte mich zu ihm und sah seine verkniffene Miene. »Ich weiß nicht, wie ich es dir sagen soll, Sal, aber wir… verdammt… wir können nicht heiraten.«
    »Du meinst…  überhaupt  nicht?«
    Jay schüttelte den Kopf. »Die ganze verfluchte Sippschaft ist aus dem Häuschen. Ich hätte niemals geglaubt, daß ich Mama nicht herumkriegen kann. Das habe ich doch immer gekonnt. Keinen Cent bekomme ich von ihr, wenn ich dich heirate. Und obendrein sagt mir Onkel Oatley – der führt jetzt die Bank –, daß ich meinen Job dort verlieren würde. Und deshalb…« Jay schluckte schwer, bevor er hinzufügte: »Es ist das allererstemal, daß Mama ›nein‹
sagt, wenn ich was von ihr möchte.«
    »Aber sie wußte doch, daß wir uns kennen!« Mein Ton war zu schrill. »Das mußt du ihr doch geschrieben haben…«
    Jay wurde rot. »Das ist es ja eben. Das habe ich nicht getan. Die einzige Chance, es ihr beizubringen, war, es ihr von Angesicht zu Angesicht zu sagen, wo ich meinen Charme wirken lassen konnte. Aber der scheint mich im Stich gelassen zu haben.«
    »Kein Wunder, daß du mich batest, den Ring nicht zu tragen«, stieß ich wütend hervor. »Und ich hab’ mir, wie ein dummes kleines Mädchen, in Tulsa sogar schon mein Hochzeitskleid gekauft.«
    Als er mich an jenem Abend nach Hause gebracht hatte, gab ich ihm seinen Ring zurück. Die Schuld an diesem Ausgang der Dinge schrieb ich seiner Familie zu. Aber jetzt, während ich durch die Berge fuhr, wurde mir klar, daß ich viel zu naiv gewesen war. Wie hatte ich allen Ernstes annehmen können, daß die eisige Mrs. Hallum, die finanziell und sozial die ganze Stadt unter ihrer Fuchtel hatte, mir plötzlich zulächeln und sagen würde: »Liebes, kleines Aschenputtel, willkommen auf unserem Schloß!«
    Im nachhinein machte ich mir auch über Jay meine Gedanken. Er hatte erst gar nicht versucht, mir Hoffnungen zu machen, daß er nicht
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