Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Bote ins Jenseits

Bote ins Jenseits

Titel: Bote ins Jenseits
Autoren: Hauke Lindemann
Vom Netzwerk:
Teekanne, eine Teetasse und eine Packung Butterkekse auf ein kleines Tablett, schlenderte damit ins Wohnzimmer und schaltete den Fernseher ein. Er würde den Rest des Tages damit verbringen, einfach mal nichts zu tun und sich von der Glotze berieseln zu lassen.
    War da nicht noch irgendetwas Dringendes zu erledigen? Er schüttelte den Kopf. Was konnte jetzt wohl dringender sein als sein Tee und irgendeine sinnfreie TV-Serie? Er goss sich den Tee ein, machte sich auf der Couch lang und brachte die Fernbedienung in Anschlag.
    »Verdammt!«
    Es fiel ihm wieder ein. Er wollte seine Schwester noch anrufen.
    Er hätte jetzt jeden anderen Termin Termin sein lassen. »Der Versicherungsvertreter wartet« – »Berufsrisiko«. »Es ist nichts mehr zu essen im Haus« – »Hab keinen Hunger«. »Es brennt« – »Mir ist eh kalt«. Aber seine Schwester – nein, die konnte nicht warten. Auch wenn sie gar nicht mit seinem Anruf rechnete, er hatte es sich vorgenommen, und es ging hier nicht um irgendwen. Es ging um Heike.
    Übertrieben stöhnend und sich selbst bemitleidend, stemmte er sich von der Couch hoch und holte sich sein Handy.
    Etliche hartnäckige, aber erfolglose Versuche später kam er widerwillig zu der Einsicht, dass sie nicht zu Hause war, und sprach ihr auf die Mailbox.
    »Thore hier. Sei doch so nett und ruf mich bei Gelegenheit zurück, ich würde gern wissen, wie dein Wochenende war und wie es dir geht. Bis denne.«
    Wo ist die schon wieder?, dachte er, legte auf, schnappte sich die Fernbedienung und fing an zu zappen.
    Kamp erwachte mit dem Blick auf eine übergewichtige nackte Frau, die ihn mit einer mäßigen schauspielerischen Leistung zu überzeugen versuchte, eine ganz bestimmte Nummer zu wählen, um mit ihr so richtig die Sau rauszulassen. Er fühlte sich nicht überzeugt und rieb sich die Augen. Vor dem Fernseher einzuschlafen passierte ihm eher selten. Warum um alles in der Welt war er nur so kaputt?
    Er sah auf die Uhr und erschrak. Es war null Uhr dreißig! Das Letzte, an das er sich erinnern konnte, waren die Nachrichten. Das bedeutete, dass er über vier Stunden auf seiner Couch verpennt hatte. Es war mitten in der Nacht, und er hatte noch nicht mal was gegessen. Die paar Butterkekse konnten kaum als nahrhaft bezeichnet werden.
    Kamp schaltete den Fernseher aus, steckte sich einen Keks in den Mund, räumte Kanne, Tasse und Kekse aufs Tablett und erhob sich wie in Zeitlupe. Er brachte das Tablett in die Küche und schaltete auf Autopilot. Lichter löschen, Tür abschließen, Zähne putzen, ausziehen, Bett! Seine letzten Gedanken galten der Hoffnung, am nächsten Tag wenn möglich nicht krank zu sein, und er schlief wieder ein.

Zuckerschock
     

     
     
    Als Kamp am nächsten Morgen in seinem Büro eintraf, war er immer noch erstaunt, wie gut es ihm ging. Er war eine Viertelstunde, bevor der Wecker geklingelt hätte, aufgewacht und hatte sich ganz ausgezeichnet gefühlt, frisch und regelrecht erholt. Damit hatte er am vergangenen Abend nicht gerechnet. Wahrscheinlich hatte er am Wochenende einfach nur zu wenig Schlaf bekommen. Immerhin war er an beiden Tagen nicht vor zwei Uhr ins Bett gekommen, und irgendwann musste sich das rächen.
    Seine Laune war blendend. Der sternenklare Himmel versprach einen sonnigen Tag. Er war in seinem Büro und glücklicherweise doch nicht krank. Was konnte man mehr wollen? Richtig, einen schwarzen Tee. Ein Liedchen pfeifend, griff er nach seiner Tasse und spazierte zur Teeküche.
    Am Vortag war er, ganz so wie er es angekündigt hatte, in die erste Etage gegangen und hatte eine der Damen aus dem Einkauf gefragt, ob er sich etwas Tee ausleihen könnte. Man gab ihm eine Schachtel mit zehn Beuteln, die er im Laufe des Tages um die Hälfte reduzierte. Es war zwar nicht seine Lieblingssorte, aber wenigstens war es schwarzer Tee.
    Es waren also noch ganze fünf Beutel da. Das reichte für den Tag, der Azubi würde heute wieder anwesend sein und konnte somit Nachschub besorgen. Kamps Laune war sogar so gut, dass er großzügig über sein Ärgernis vom Vortag hinwegsehen konnte.
    Kamp zog einen Beutel aus der Packung, seilte ihn in die Tasse ab und goss heißes Wasser darüber. Anschließend bewegte er den Beutel etwa anderthalb Minuten geduldig auf und ab, bevor er ihn in den Mülleimer warf. Manche fesselten den Beutel mit dem Bändchen um einen Löffel, um auch den letzten Rest Tee aus ihm herauszupressen, aber ein richtiger Teetrinker tat das nicht.
    Ein richtiger
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher