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Bote ins Jenseits

Bote ins Jenseits

Titel: Bote ins Jenseits
Autoren: Hauke Lindemann
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verbringen. Dafür bin ich mir selbst zu schade. Und eine Reinkarnation kann ich mir zurzeit überhaupt nicht vorstellen!«
    Gregor versuchte, ernst zu bleiben und sich seine Aufregung nicht anmerken zu lassen.
    »Gut! Das ist gut. Ich bin sicher, dass du es ohne Probleme schaffen wirst. Hast du denn schon eine Vorstellung, in welcher Richtung du dann tätig sein möchtest?«
    Kamp zuckte mit den Schultern. »Ich weiß ja noch gar nicht, was für Möglichkeiten ich dann überhaupt habe. Der Gedanke, so etwas zu machen wie du, ein Vergeltungsbote zu werden, erscheint mir aber sehr reizvoll. Ich glaube, daran hätte ich Spaß.«
    Für den Bruchteil einer Sekunde wog Gregor ab, ob seine Reaktion distanziert neutral ausfallen sollte, oder ob er seine Freude über diese Entscheidung, auf die er insgeheim gehofft hatte, einfach offen vor sich her tragen sollte. Er entschied sich für ein gesundes Mittelmaß.
    »Ich verrate dir jetzt ein Geheimnis. Es gibt nichts Besseres! Es wäre mir eine Freude und Ehre, dich nach deiner Ausbildung als Partner bei mir aufzunehmen. Vorausgesetzt, du bist daran interessiert?«
    Kamp grinste ihn verschmitzt an und gab ihm einen freundschaftlichen Klaps auf den Oberarm.
    »Ich dachte schon, du würdest nie fragen.«
     
     
    An einem sonnigen Frühlingsmorgen, in der Mitte einer kleinen Lichtung in einem großen Wald, reckte sich ein junger, frischer Sprössling durch die Bodenkrume der Sonne entgegen, die ein paar Lichtsäulen in die noch dunstige Morgenluft zauberte.
    Die Vögel zwitscherten um die Wette, ein paar Karnickel verrichteten ihre Morgentoilette, und ein Rudel Eichhörnchen turnte übermütig von Baum zu Baum. Eine Szene wie aus einem Märchen.
    Dieses traumhafte Bild abrundend, betrat ein junges Reh, für den Moment der Aufmerksamkeit seiner gestrengen Mutter entronnen, die Lichtung, wackelte verspielt mit den Ohren und sah sich neugierig um. Es war noch nicht lange auf der Welt und fand das Leben großartig! Jeden Tag, ja, jede Minute in jeder Stunde gab es etwas Neues zu entdecken und zu lernen.
    Eines der ersten Dinge, die es lernte, war die Gestaltung des eigenen Speiseplanes. So ein großer Wald hielt eine Vielfalt an gleichermaßen nahrhaften wie schmackhaften Speisen bereit. Die liebe Frau Mutter konnte einem mit ihren Reglementierungen und ihrer Strenge schon ziemlich auf die Nerven gehen, aber was das Aufspüren der leckersten Gewächse in der sie umgebenden Flora betraf, war sie der beste Lehrer, den man sich nur wünschen konnte.
    Das junge Reh war bestrebt, das erlernte Wissen bei jeder sich bietenden Gelegenheit anzuwenden. Zielsicher fiel sein Blick auf den jungen Sprössling, der da so keck seine jungen Triebe nach den Sonnenstrahlen ausstreckte.
    Das versprach eine echte Delikatesse auf der Menükarte des Tages zu werden!
    Das Reh sah sich vorsichtig um und konnte sein Glück kaum fassen. Kein Konkurrent in Sicht- oder Hörweite. Eines Tages würde es vielleicht noch lernen zu teilen, aber für den Moment war daran nicht zu denken.
    Das Reh hatte keine Ahnung, dass aus diesem jungen Sprössling eines Tages, wenn man ihm die nötige Zeit einräumen würde und es vermied, unnötig darauf herumzutrampeln oder ihn gar zu fressen, eine stattliche Eiche werden würde.
    Selbst wenn es diese Kenntnis gehabt hätte, es wäre ihm wohl herzlich egal gewesen! Es hatte einen nie versiegenden Appetit und war nun mal nur ein Reh und kein Förster.
    Gemächlich näherte es sich seiner Beute, bis es schließlich direkt darüber stand. Ein letztes, zartes Schnuppern, um den Appetit zusätzlich zu stimulieren und die Mahlzeit nach allen Regeln der Kunst auszukosten. Langsam öffnete es das Maul, bereit, die gestellte Beute zu reißen.
    »Mach, dass du hier wegkommst!«
    Das Reh erschrak, und für den Bruchteil einer Sekunde erstarrte es mit geöffnetem Maul, bevor es unverrichteter Dinge die Flucht vor der unheimlichen Stimme antrat. Sein Geruchssinn sagte ihm, dass eigentlich niemand da war, dem die Stimme gehören konnte, aber diesem Paradoxon auf den Grund zu gehen kam ihm nicht mal in den Sinn.
    So rannte es, so schnell es konnte, in die Richtung, in der es den Aufenthaltsort seiner Mutter vermutete, und hoffte, nicht versehentlich auf den Eigentümer der Stimme zu treffen. Die Möglichkeit bestand durchaus, denn sie schien aus keiner bestimmten Richtung zu kommen. Sie war überall!
    Letztlich hatte es aber das erhoffte Glück und entkam unbehelligt in die sichere Obhut seiner
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