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Bosmans/Deleu 04 -Todeswahn

Bosmans/Deleu 04 -Todeswahn

Titel: Bosmans/Deleu 04 -Todeswahn
Autoren: Luc Deflo
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Solchen Impulsen gab er niemals nach.
    O nein, ich habe vergessen, den
PC
auszuschalten! Hoffentlich löscht sie meine Gedichte nicht. Ich werde das Geld mehr denn je brauchen. Vielleicht sollte ich mich stellen und im Gefängnis meine Memoiren schreiben? Ja, das ist es!
    Er zog die Stirn in Falten.
    Aber was wird mit Wichtchen geschehen? Wird sie mich nach gut dreißig Jahren im Bau wiedererkennen? Ob ich überhaupt jemals wieder freikomme? Vielleicht werde ich für unzurechnungsfähig erklärt. Bin ich unzurechnungsfähig? Fragen, Fragen, Fragen, aber keine Antworten …
    »Mijnheer?«
    Verbist hob den Blick.
    »Bitte kommen Sie mit mir.«
     
    »Guten Tag, ich möchte gerne diese Kassenobligationen verkaufen.«
    Verbist überreichte dem Mann die Rolle. Der junge Geldhai strich die Wertpapiere glatt und begutachtete sie eingehend.
    »Die sind noch nicht fällig, und sie sind von der Dexia-Bank, leider nicht von uns.«
    »Ich weiß.«
    »Möchten Sie das Geld in neuen Obligationen anlegen?«
    »Nein.«
    »Oder wünschen Sie eine andere Art der Anlage?«, erkundigte sich der lokale Börsenguru. »Vielleicht möchten Sie in einen gemischten Aktienfonds investieren, wir haben ein breites Angebot, verschiedene Unternehmen, verschiedene Währungen, unterschiedliche Laufzeiten und alle von der Vorsteuer befreit. Sie treffen die richtige Entscheidung, diese Obligation liegt noch bei sechs Prozent. Das ist schon eine Weile her, dass es die gab.«
    Verbist unterdrückte den Impuls, dem Mann mit der Hornbrille den Schädel einzuschlagen, und bestätigte freundlich: »Jaja, das ist eine Weile her.«
    »Was meinen Sie, wie lange Sie das Geld entbehren können?«
    Die lispelnde Zunge zuckte hin und her, und der Mann ratterte immer weiter: »Ich würde Ihnen raten, momentan nicht auf lange Distanz zu gehen. Ich weiß aus sicherer Quelle, dass der Dollar in absehbarer Zeit …«
    »Ich gehe immer lange Distanzen«, erwiderte Verbist ernst.
    »Pardon?«
    »Ich leide unter einer Parkphobie, von daher.«
    Der Mann lachte höflich.
    Der Idiot hat es nicht begriffen. Eins zu null.
    Verbist schwieg.
    Der Anlageberater begann von neuem, sein Programm abzuspulen, erst stockend, dann wieder auf Hochtouren. »Am besten, Sie legen Ihr Geld in kanadischen Dollars an, das ist momentan …«
    Der Rest der Erklärungen ging an Verbist vorbei. Er dachte an Laura und den dreckigen Marco und wartete geduldig ab. In Gedanken war er oft bei Laura, zu der er eine platonische Beziehung hatte. Bei Ilsa, der Wölfin, lagen die Dinge anders. Mit ihr unterhielt er ein rein sexuelles Verhältnis.
    »Wie lange meinen Sie, auf das Geld verzichten zu können?«
    »Ich kann nicht darauf verzichten, ich brauche es.«
    Der Verkäufer verzog säuerlich das Gesicht.
    Endlich. Ich habe ihn, wo ich ihn haben wollte.
    »Ach ja, richtig, Sie sagten, Sie brauchen das Geld.«
    »Ja, tut mir leid, aber ich habe Unkosten, das Dach …«
    »Ah so. Aber Sie wissen schon, dass wir für Wertpapiere einer anderen Bank Gebühren nehmen müssen? Sie sind kein Kunde. Sie sollten besser zur Dexia gehen.«
    »Nein, ich bezahle lieber die Gebühren. Ich bin noch nie bei der Dexia gewesen, ich kenne diese Bank nicht.«
    »Wie kommen Sie eigentlich an diese Obligationen?«
    »Ich habe sie von meiner Großmutter geerbt«, antwortete Verbist mit einem Kloß im Hals, aber dennoch empört.
    »Ach so, ja, darf ich einmal sehen? Und ich bräuchte auch Ihren Pass.«
    »Geht auch mein Personalausweis? Ich verreise nicht so häufig.«
    Der junge Banker sah den schizophrenen Mann verständnislos an.
Zwei zu null.
Verbist reichte ihm mit gleichmütiger Miene seinen Ausweis. Der Angestellte warf einen kurzen Blick darauf und rollte die Obligationen auseinander. Auf der Rückseite stand etwas in krakeligen, mit Bleistift geschriebenen Buchstaben.
    »Für unseren Herman und seine lieben Kinder.«
    Verbist riss dem Mann die Obligationen aus den unwürdigen Händen, steckte sie wieder in die Innentasche seiner Jacke und ging hinaus. Die Glastür klemmte. Er trat dagegen, und sie glitt quälend langsam auseinander.
    »He, hallo, Mijnheer! Was soll das?«
    Doch Verbist war nicht mehr zu bremsen. Draußen ließ er seinen Tränen freien Lauf.
    Die Obligationen, das einzige handschriftliche Andenken, das ich von meiner Großmutter besitze.
    Er rollte die Wertpapiere auseinander und fuhr mit dem Zeigefinger liebkosend über die Kritzelschrift. Am ganzen Körper zitternd steckte er die Kassenobligationen
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