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Bosmans/Deleu 04 -Todeswahn

Bosmans/Deleu 04 -Todeswahn

Titel: Bosmans/Deleu 04 -Todeswahn
Autoren: Luc Deflo
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sich mit dem Ärmel ihrer Kittelschürze die Nase ab.
    Auf dem Monitor waren Buchstaben erschienen. Zwei, drei Zeilen und jeweils ein Datum darüber. Zwei Namen, Ricardo und Soraya. Ein Dialog.
    Sie beugte sich nach vorn und begann zu lesen, wobei sie aus den Augenwinkeln heraus das Spinnennetz beobachtete.
    Am unteren Bildschirmrand ging der Dialog in einen durchlaufenden Monolog über.
    Ein Tagebuch.
    Um zehn nach sechs klickte sie mit zitternden Fingern und einem Kloß im Hals auf den Scrollbalken.
    Nach ungefähr fünfzehn Zeilen stieß sie einen kehligen Schrei aus.

[home]
    Freitag, 21 . November – 18  Uhr 40
    A ls der nasse Kies knirschte und ein klappriger Kleinwagen, ein Fiat Uno, mit offener Kofferraumhaube in die Einfahrt einbog, ließ Yvette Serneels die schmutzige Schaufel fallen. Kreidebleich im Gesicht lief sie über die Veranda in die Küche.
    Ein magerer Mann mit knochigem Gesicht, eingefallenen Wangen und einem geistesabwesenden Blick in den stumpfen Augen stieg mühsam aus dem Wagen und schlurfte steifbeinig zum Kofferraum.
    Yvette Serneels erklomm die Treppe, die Augen glasig und leer. Ihre Brust hob und senkte sich heftig. Sie ging ins Schlafzimmer und schob die mittlere Tür des Kleiderschranks auf. Mit einem Arm fuhr sie zwischen die altmodischen Überzieher ihres Mannes.
     
    Draußen löste ihr Gatte das Seil, das ungeschickt um die Kofferraumhaube gespannt war. Er fluchte verhalten. Unterwegs hatte er zwei Mal anhalten müssen, um das Ding richtig zu befestigen, und jetzt bekam er die Knoten nicht mehr auf. Er unterbrach seine Versuche, warf einen Blick hinauf zum wolkenverhangenen Himmel und trottete zur Haustür. Als er sie öffnete, ertönte im Wohnzimmer ein ohrenbetäubender Knall.

[home]
    Freitag, 21 . November – 18  Uhr 52
    M it einem ebenso beeindruckenden, wenn auch nicht ganz so lauten Knall donnerte Dirk Deleu sein Glas auf den Tisch.
    »Doch, Moffie. Noch ginge es. Noch«, sagte er aufgewühlt.
    Barbaras dunkle Augen leuchteten überrascht auf. Es war lange her, dass Dirk sie bei ihrem Kosenamen genannt hatte. Sie schluckte, und ihr Blick wurde wieder stumpf.
    »Nein, es ist zu spät, Dirk. Ich will nicht mehr zurück. Ich kann es nicht. Es ist vorbei.«
    Dirk Deleu warf einen hastigen Blick über die Schulter.
    »Lass es uns doch versuchen. Der Kinder zuliebe … Für unsere Charlotte.«
    Barbara Wittewrongel, noch genau für eine Woche seine rechtmäßig angetraute Ehefrau, starrte unverwandt aus dem Fenster. Mit unsagbar traurigem Blick. Durch ihre dicken braunen Locken zog sich hier und da eine graue Strähne.
    Vierzig, in zwei Wochen wird sie vierzig.
    Deleu verspürte das Bedürfnis, sich an ihr festzuklammern, sie um Verzeihung zu bitten, sie zu umarmen. Er biss sich auf den Zeigefingernagel und öffnete den Mund, aber es kam kein Ton heraus. Er wandte das Gesicht ab und zündete sich in seiner Unsicherheit noch eine Zigarette an. Wenn er es doch wenigstens geschafft hätte, sich hocherhobenen Hauptes und auf würdevolle Art und Weise zu verabschieden – aber auch das gelang ihm nicht. Noch immer nicht.
    Barbara stand auf, strich ihren Rock glatt und sah ihren Mann an. Sie zögerte und presste die Lippen aufeinander, schließlich drehte sie sich um und ging, ohne ein weiteres Wort zu sagen, hinaus in die kalte Nacht.
    Selbst zum Abschied brachte Deleu kein Wort heraus.
    Allein in der muffigen, nach schalem Bier riechenden Eckkneipe überkam ihn der Schmerz. Ein Schmerz, der sein Herz umklammerte wie eine Faust. Er rieb sich über die Brust, schloss die Augen und versuchte, die Geschehnisse der letzten halben Stunde noch einmal Revue passieren zu lassen.
    Was er vor sich sah, war ein einziger Scherbenhaufen. Er öffnete die Augen und rief heiser: »Noch eine Weiße bitte!«, fest entschlossen, sich bis zum Morgengrauen zu besaufen.

[home]
    Freitag, 21 . November – 22  Uhr 34
    I m ersten Stock eines bescheidenen Mietshauses in der Ziekenliedenstraat summte die Klingel.
    Eine junge Frau um die zwanzig legte ihre Zeitschrift beiseite, sprang behende vom Sofa auf und ging barfuß zur Tür. Sie lief ganz vorsichtig und mit hochgezogenen Zehen, denn ihr roter Nagellack war noch nicht trocken. Sie schob die nassen Haare hinter die Ohren, blickte in den Standspiegel, versetzte ihrer linken Brust einen koketten Schubs und nahm den Hörer der Gegensprechanlage ab. Sie fuhr sich mit der Zunge über die Zähne, und ihre Augen funkelten vergnügt.
    »Hallo?«
    Als
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