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Bosmans/Deleu 04 -Todeswahn

Bosmans/Deleu 04 -Todeswahn

Titel: Bosmans/Deleu 04 -Todeswahn
Autoren: Luc Deflo
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von einem Wespenschwarm angegriffen. Er sank auf die Knie und begrub den Kopf unter der Decke.
    Der Bauch seines Opfers war weich, und trotz seiner Angst empfand er eine seltsame Erregung. All seine Sinne waren durch die Intensität dieses Augenblicks geschärft. Ihm schwindelte.
    Am liebsten wäre er aufgesprungen, hätte die gelbe Sichel vom Himmel gepflückt und sie Molok wie einen messerscharfen Bumerang an den Hals geworfen. Er hätte ihn enthauptet und auf seinem warmen Bauch getanzt, Bocksprünge im Mondlicht vollführt, wäre mit fuchtelnden Händen wild herumgesprungen wie ein siegestrunkenes Kind.
    Doch er tat nichts dergleichen. Er blieb still liegen, bäuchlings in der aufgeweichten Erde, in der Hoffnung, dass Molok von selbst fortgehen würde. So, wie er es immer tat, wenn er mit ihm fertig war.
    Der magere Mann ballte hilflos die Fäuste und begrub die Nase tief im weichen Fleisch, das nach Marzipan duftete, aber salzig schmeckte.

[home]
    Montag, 24 . November – 17  Uhr 30
    I m »Treinblok« konnte man die Stammgäste an den Fingern einer Hand abzählen.
    Der Wirt räusperte sich, um seine drohende Pose zu unterstreichen, legte beide Hände um den dicken Bauch und hakte die Daumen in den Gürtel.
    Doch der Gast – in den Dreißigern, schäbiges, kariertes Sakko – schien unbeeindruckt, denn er blickte nicht einmal auf. Er wiegte den Oberkörper hin und her, rhythmisch wie ein Metronom.
    »He!«
    Der Wirt zupfte an seinen rötlichen Augenbrauen und fuhr den Mann an: »He, du da, du sitzt jetzt schon seit fast einer Stunde hier rum. Wie wär’s, wenn du mal was bestellen würdest? Oder glaubst du vielleicht, ich kann von Luft und Liebe leben?«
    Dann wich er erschrocken zurück.
    Der Mann zuckte am ganzen Körper heftig zusammen und schlug beide Hände vor das Gesicht.
    Der Wirt biss sich auf die Unterlippe, zögerte einen Augenblick und schlurfte dann behäbig zurück hinter die Theke.
    Immer dasselbe. Arme Irre. Pissen neben das Klo, vergeuden mein Wasser und meine Seife, klauen das Klopapier und verschwinden auf Nimmerwiedersehen. Womöglich noch, ohne zu bezahlen.
    Als er sich umdrehte, erschrak er so heftig, dass er sich am Zinkrand des Spülbeckens festhalten musste. Der Mann starrte jetzt unverwandt hinaus auf die Straße, und dabei fuhr er sich mit den Fingernägeln derart grob über die unrasierten Wangen, dass er blutige Striemen hinterließ. Als er die Nase ans Fenster presste, zeichnete sein Atem Dunstwölkchen auf die Scheibe. Hinter dem Glas, kaum einen halben Meter von seinen hungrigen Augen entfernt, befand sich der Grund für seine Aufregung.
    Die Frau auf dem Bürgersteig schob mühsam einen schwer beladenen Kinderwagen vor sich her. Aus einem Netz am Griff quollen zwei übervolle Supermarkttüten hervor, und auch der Drahtkorb unten am Wagen war vollgepackt mit Lebensmitteln.
    Während sich der Wirt ein schäumendes Pils gönnte, sprang der Mann auf. Er ergriff den Pappkarton, der neben ihm auf der Bank stand, schwankte, stieß zwei Stühle um und knallte mit dem Kopf gegen die Tür. Er brummte etwas, und als er endlich die Klinke fand, stolperte er mit irrem Blick hinaus.
    »Verdammter Saufbold!«

[home]
    Montag, 24 . November – 17  Uhr 53
    J enny Peulders zitterte vor Kälte und warf einen besorgten Blick in den Kinderwagen. Magalieke war zum Glück kuschelig warm eingepackt. Die alleinerziehende Mutter legte ihre molligen Hände wieder um den Griff des Kinderwagens und schnaufte durch die verstopfte Nase. Dann blickte sie sich um.
    Der Stadtstreicher, der mit beiden Händen den Kragen seines karierten Sakkos umklammerte, folgte ihr immer noch in einem Abstand von etwa zwanzig Metern.
    Wenn das bloß nicht wieder so ein Drogensüchtiger ist.
Erneut blickte sie sich um.
O nein! Das ist ja schon wieder der von gestern Abend!
    Jenny Peulders umfasste den Kinderwagengriff so fest, dass ihre Knöchel weiß hervortraten. Sie ging noch einen Schritt schneller und warf einen raschen Blick hinauf zum wolkenverhangenen Himmel. Es sah nach Regen aus. Sie sah auf ihre Armbanduhr und stellte fest, dass es erst sechs Uhr war.
    Sogar die Haupteinkaufsstraße war bereits menschenleer.
    Die Dunkelheit ängstigte sie, und wieder blickte sie sich verstohlen um. Der Mann war verschwunden.
    Der Wagen, der bereits sechs kleine Kinder geschaukelt und geschützt hatte, bog quietschend um die Ecke.
    Dann nehme ich die Abkürzung durch den Park. Dadurch spare ich mindestens fünf
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