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Bosmans/Deleu 03 -Ins blanke Messer

Bosmans/Deleu 03 -Ins blanke Messer

Titel: Bosmans/Deleu 03 -Ins blanke Messer
Autoren: Luc Deflo
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wurde entführt und mit einer Aids-infizierten Spritze bedroht, mit dem schleichenden Tod. Entführt und bedroht im Auftrag Naib Abrams«, log er. »Verdammt sei er in alle Ewigkeit.«
    Die Stille war beeindruckender als der Klang eines riesigen Symphonieorchesters.

[home]
    65
    W alter Vereecken, der Bereitschaftsdienst hatte, hörte Stimmengemurmel aus dem Aufenthaltsraum der Dienststelle. Leise rollte er zur Tür und spähte um die Ecke. Der Fernseher lief.
    Pierre Vindevogel hing matt auf dem Sofa, ein Arm baumelte kraftlos herunter, der andere ruhte in einem Schulterverband. Als er, aufgeweckt von dem anschwellenden Geräusch, die Augen öffnete, erschien ein Kind im Bild. Es folgte eine Großaufnahme von dem blondgelockten Mädchen, das ein weißes Kleidchen und weiße Schuhe trug. Das Publikum verstummte, als die Kleine mit einer Hand den Saum ihres Kleides anhob, die Treppe zur Rednertribüne erklomm und mit der anderen Maroufs Sohn einen Blumenstrauß überreichte.
    Walter schluckte, als Pierres Schultern zuckten. Dann wischte er sich mit dem Ärmel seines ungebügelten Hemdes über die Wangen. Als er sich mit einem Ruck umdrehte, schien er vor Schreck die Luft anzuhalten. Mit Tränen in den Augen wandte er sich an Walter Vereecken, seinen besten Freund und langjährigen Kollegen.
    »Ich habe ein Kind ermordet, Walter.«
    Vereecken umfasste die bebenden Schultern seines Freundes und drückte dessen Kopf an seine Brust, die Lippen fest zusammengepresst. Sein Adamsapfel bewegte sich in demselben Rhythmus wie der stockende Atem seines Freundes.

[home]
    66
    E inbandagiert wie eine ägyptische Mumie lag Dirk Deleu da und wandte den Blick ab. Jos Bosmans grinste zufrieden über das ganze Gesicht, denn er hatte Marouf zu diesem öffentlichen Schmierentheater überredet. Dennoch rang er um Beherrschung, so tief bewegten ihn die fesselnden Bilder, obwohl er genau wusste, dass es sich um eine sorgfältige Inszenierung handelte. Das Timing war einfach perfekt für die große Versöhnung. Was sie im Fernsehen nicht zeigten, waren die Tumulte, die sich in den Seitenstraßen rund um den Grote Markt abspielten. Auch dort kochten die Gefühle hoch, und eine aufgebrachte Menge militanter Rechtsextremisten musste mit Schusswaffen in Schach gehalten werden.
    Dirk Deleu beobachtete die Szene auf dem Bildschirm mit gemischten Gefühlen. In seinem Inneren kämpften widersprüchliche Emotionen miteinander – von Erleichterung über Einsamkeit bis zu blindem Hass. Erleichterung, weil Murat Marouf gerade die Lunte aus dem Pulverfass zog, Einsamkeit, weil seine Familie so unermesslich weit weg schien, und blinder Hass, weil Bosmans ihm soeben verkündet hatte, dass Verspaille ungeschoren davonkommen würde.
    Deleu wandte sein bläulich lila geschwollenes Gesicht seinem Freund zu. »Jos?«
    »Hmmm.«
    »Er muss dafür büßen, oder ich mache ihn eigenhändig fertig.«
    Der Untersuchungsrichter drehte sich langsam um. Resignation lag in seiner Miene, während er an die makellos weiße Decke starrte, als erschiene dort jeden Moment die Antwort. Seine Gedanken kreisten nur um eines: eine schöne Zigarette.
    Bosmans fühlte sich leer und ausgebrannt. Es gab keine offizielle Verbindung zu Claude Verspaille, denn die einzige konkrete Verbindung, nämlich Frank Tack alias Sylvain Cluts, war abgerissen. Maroufs Sohn, von den Kollegen Mendonck und Vanderkuylen befreit, konnte Tack identifizieren. Frank Tack, der ihn am Leben gehalten hatte, aber nicht mehr als das. Der kleine Junge war wahrscheinlich traumatisiert für den Rest seines Lebens.
    »Warum, Jos? Was ist mit Abrams Frau? Sie hat doch zugegeben, dass ihr Mann Verspaille kannte, und zwar über Frank Tack.«
    »Weil«, die Worte kamen zögernd, »die Zeugenaussage von Abrams Frau als nicht rechtsgültig abgelehnt wurde und weil diese Aussage der einzig konkrete Hinweis ist, den wir gegen Verspaille gefunden haben.«
    »Aber die Akte ist nicht mal gründlich durchgearbeitet worden!«
    »Die Akte ist abgesoffen. Sie ist futsch!«
    »Und Tacks Geständnis?«, fragte Deleu verzweifelt.
    »Das Geständnis eines Bullen vor einem anderen Bullen, von dem kein Wort aufgezeichnet wurde. Jetzt komm schon, Dirk!«
    »Ich bin kein Bulle!«, zischte Deleu.
    Bosmans sah zum Fenster hinüber, auf dem der plötzliche Regenguss dicke Tropfen hinterlassen hatte.
    »Jos, du weißt, dass er für alles verantwortlich ist. Du weißt hundertprozentig genau, dass er der Schuldige ist, dass er das ganze
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