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Bosmans/Deleu 03 -Ins blanke Messer

Bosmans/Deleu 03 -Ins blanke Messer

Titel: Bosmans/Deleu 03 -Ins blanke Messer
Autoren: Luc Deflo
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aufhören zu schreien. Seine Miene war angstverzerrt. Der Vater packte ihn an den Handgelenken und schüttelte ihn durch. Das Geschrei hörte abrupt auf. Die Augen des Jungen waren weit aufgerissen, die Wangenmuskeln völlig verkrampft. Kein Laut kam mehr über die Lippen seines engelhaften Gesichts, und er wurde kalkweiß um die Nase. Eric Daelemans bückte sich und klopfte ihm auf den Rücken.
    »Pieter, was ist denn? Beweg mal die Beine. Steh auf! Hilf mit! Tu doch was, Pieter!«
    Anstatt zu antworten, streckte Pieter stumm den Arm aus und zeigte über die Schulter seines Vaters hinweg.
    Eric Daelemans lief es eiskalt den Rücken hinunter. Schaudernd zog er die Schultern hoch.
Irgendetwas ist da. Oder irgendjemand. Hinter meinem Rücken
.
    Voller Angst und mit schweißnassen Händen drehte er sich abrupt um. Wie gebannt blieb sein Blick an einem schlaffen Körper hängen, der etwa zwanzig Meter weiter in einer Astgabel hing.
    Während ihm ein süßlicher Verwesungsgeruch in die Nase stieg, erbrach Daelemans seinen Mageninhalt ins Wasser.

[home]
    2
    Montag. Drei Tage später.
     
    W ieder ein glühend heißer Sommertag in Mechelen. Es war erst elf Uhr, dennoch glich der Asphalt schon flüssigem Gummi. Knirschend hielt der Golf am Straßenrand. Der Fahrer, Ermittler Dirk Deleu, war mit den Gedanken bei seiner gebrauchten Waschmaschine.
Wird die Buntwäsche jetzt auf sechzig oder auf neunzig Grad gewaschen?
Bosmans’ Anruf hatte ihn vorhin aus seinem Sortierdilemma herausgerissen.
    Deleu verbrannte sich die Finger am glühend heißen Armaturenbrett und stieß einen Fluch aus. Ohne den Wagen abzuschließen, ging er hinüber zum Polizeipräsidium. Unterwegs kickte er eine Hamburgerverpackung in den Rinnstein. Im engen Treppenhaus war es etwas kühler. Bosmans’ Büro dagegen war von dicken blauen Rauchschwaden erfüllt, wodurch der Raum noch stickiger wurde, als er ohnehin schon war. Deleu betrachtete seinen Freund, den Untersuchungsrichter, und wischte sich mit dem Handrücken den Schweiß von der Stirn.
    »Dewolf also.«
    »Dewolf, Dirk«, seufzte Jos Bosmans. »Commandant Johan Dewolf. Die Leitfigur der Ultrarechten.«
    Deleu zog sich einen Stuhl heran und setzte sich rittlings darauf, wobei er die Arme über die Lehne baumeln ließ.
    »Wie lange hat seine Leiche in dem Baum vor sich hingemodert?«
    »Laut Gerichtsmediziner höchstens eine Woche.«
    »Die Todesursache?«
    »Zwei Kugeln. Genau in die Schläfe. Das Werk eines Profis.«
    »Hat ihn seine Frau identifiziert?«
    »Nein, ein Muttermal. Ein Muttermal hinter dem linken Ohr. Und das Gebiss. Es war unversehrt. Der Zahnarzt konnte es zweifelsfrei zuordnen. Dewolf war Junggeselle. Er hat allein in einem Haus draußen in der Nähe von Evere gewohnt.«
    »Und?«
    »Nichts Verdächtiges. Keinerlei Anzeichen für eine Auseinandersetzung, keine Blutspuren«, unterbrach ihn Bosmans.
    »Wie lange wurde er schon vermisst?« Dirk Deleu kratzte einen eingetrockneten Essensrest von Bosmans’ Schreibtisch und betrachtete ihn eingehend.
    »Apfel.«
    »Wie bitte?«
    »Apfel. Das ist ein Stück Apfel. Willst du’s noch essen?« Deleu schrak aus seinen Gedanken auf und schnippte den Krümel in Richtung Abfallkorb, aber er landete irgendwo mitten auf dem Schreibtisch.
    »Die Verstümmelungen wurden ihm mit Salpetersäure zugefügt. Das Zeug ist frei im Handel erhältlich.« Der Untersuchungsrichter trommelte auf seinem Schreibtisch herum. »Keine erkennbaren Gesichtszüge mehr, keine Fingerabdrücke.«
    Dirk Deleu starrte ins Leere und erschauerte. »War er schon tot?«, fragte er bedächtig, während er eine zerdrückte Belga aus dem Päckchen zog.
    »Van Grieken behauptet, wie gesagt, die Schüsse seien die Todesursache gewesen. Er meint, die Verstümmelungen seien Dewolf post mortem zugefügt worden. Aber habe ich das nicht auch bereits erwähnt?«
    Der Ermittler warf Bosmans einen gereizten Blick zu und kratzte sich an der Schulter. Die Stelle juckte wie die Pest. Überall juckte es einen bei diesen tropischen Temperaturen. Er fühlte sich müde. Chronisch erschöpft und verlebt. Die dicken blauen Vitaminkapseln halfen kein bisschen. Er zog tief an der Zigarette und behielt den Rauch einen Augenblick in der Lunge. Bosmans kratzte mit einem Fingernagel über das Papier, während er den Autopsiebericht durchblätterte. Das Geräusch ging Deleu maßlos auf die Nerven. Er seufzte und wischte sich über die Stirn. »Eine Abrechnung«, murmelte er, während er auf die Kappen
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