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Born to Run: Ein vergessenes Volk und das Geheimnis der besten und glücklichsten Läufer der Welt (German Edition)

Born to Run: Ein vergessenes Volk und das Geheimnis der besten und glücklichsten Läufer der Welt (German Edition)

Titel: Born to Run: Ein vergessenes Volk und das Geheimnis der besten und glücklichsten Läufer der Welt (German Edition)
Autoren: Christopher McDougall
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populären führenden Politikern. Und der dritte Langstreckenboom? Ein Jahr nach dem 11. September 2001 wurde der Querfeldeinlauf plötzlich zum Freiluftsport mit den höchsten Zuwachsraten. Vielleicht war das ein Zufall. Vielleicht gibt es aber auch einen Auslöser in der menschlichen Psyche, eine einkodierte Reaktion, die unsere erste und bedeutendste Überlebensfähigkeit aktiviert, sobald wir spüren, dass die Raubtiere sich nähern. Was nun den Abbau von Stress und sinnliche Vergnügungen anbelangt: Das Laufen gehört zu unserem Leben, noch bevor wir Sex haben. Die Voraussetzungen dafür und das entsprechende Bedürfnis haben wir von Anfang an. Wir müssen nur loslegen und dranbleiben.
    Genau darum ging es mir. Nicht um ein teures Stück Plastik, das ich in meinen Schuh stecken konnte, nicht um eine monatliche Zufuhr von Schmerzmitteln, nur um eine Methode, wie ich loslegen konnte, ohne meinen Körper zu ruinieren. Ich liebte das Laufen nicht, aber ich wollte laufen. Was mich in die Praxis von Dr. Nummer drei führte: zu Dr. Irene Davis, einer Expertin für Biomechanik und Leiterin der Running Injury Clinic an der University of Delaware.
    Dr. Davis stellte mich auf ein Laufband, zunächst barfuß und anschließend mit drei verschiedenen Laufschuhen. Sie ließ mich gehen, traben und laufen. Sie ließ mich vorwärts und rückwärts über eine Messplatte laufen, um die Kräfte zu ermitteln, die beim Aufsetzen der Füße wirkten. Und dann saß ich da, und das kalte Grausen packte mich, als die Ärztin das Videoband abspielte.
    Nach meinem eigenen Empfinden bin ich leichtfüßig und flink wie ein Navajo auf der Jagd. Der Kerl auf dem Bildschirm sah aber aus wie Frankensteins Monster beim Versuch, Tango zu tanzen. Ich bewegte mich so ruckartig auf und ab, dass mein Kopf über den oberen Bildrand hinauswanderte. Ich wedelte mit den Armen wie ein Baseballschiedsrichter, und meine 47er-Schuhe stampften so heftig auf das Band, dass es klang, als liefe das Videoband unrund.
    Dr. Davis stellte dann – als ob der erste Anblick nicht schon schlimm genug gewesen wäre – auf Zeitlupe um, sodass wir uns ruhig zurücklehnen und richtig genießen konnten, wie sich mein rechter Fuß nach außen drehte, mein linkes Knie nach innen auswich und mein Rücken sich so heftig sträubte und verkrampfte, dass das Ganze aussah, als müsste mir jemand eine Brieftasche zwischen die Zähne klemmen und um Hilfe rufen. Wie zum Teufel kam ich überhaupt vorwärts mit diesem ganzen Auf und Ab, Hin und Her und Fisch-ander-Angel-Gezappel?
    »Okay«, sagte ich. »Wie sieht der richtige Laufstil aus?«
    »Das ist die ewige Frage«, lautete die Antwort von Dr. Davis.
    Und die ewige Antwort … nun, das war eine knifflige Angelegenheit. Ich könnte meine Schrittlänge umstellen und eine verbesserte Stoßdämpfung erreichen, wenn ich auf dem besser gepolsterten Mittelfuß landete und nicht auf der knochigen Ferse, aaaaber … Vielleicht tauschte ich so nur das eine Problem gegen ein anderes ein. Ferse und Achillessehne können durch Experimente mit einem neuen Laufstil plötzlich ungewohnten Belastungen ausgesetzt werden, was dann zu einer neuen Verletzungsserie führt.
    »Laufen ist eine große Belastung für die Beine«, sagte Dr. Davis. Sie war so freundlich und verständnisvoll. Ich konnte mir selbst dazudenken, welchen Gedanken sie nicht aussprach: »Besonders für deine Beine, Großer.«
    Ich stand wieder am Anfang. Nach mehreren Monaten, in denen ich den Rat von Fachärzten eingeholt und das Internet nach einschlägigen Studien durchforstet hatte, bestand mein ganzer Fortschritt darin, dass meine Frage herumgereicht und an mich zurückgegeben wurde:
    Warum tut mein Fuß weh?
    Weil Ihnen das Laufen nicht guttut.
    Warum tut mir das Laufen nicht gut?
    Weil es die Schmerzen in Ihrem Fuß verursacht.
    Aber warum? Antilopen bekommen kein Schienbeinkantensyndrom. Wölfe legen sich keine Eisbeutel aufs Knie. Ich glaube nicht, dass Jahr für Jahr 80 Prozent aller Wildpferde durch die mit dem Laufen verbundenen Belastungen außer Gefecht gesetzt werden. In dieser Situation erinnerte ich mich an einen Ausspruch, der dem britischen Mittelstreckler Roger Bannister zugeschrieben wurde. In einer Zeit, in der er Medizin studierte, in der klinischen Forschung arbeitete und sich einprägsame Gleichnisse ausdachte, wurde er zum ersten Menschen, der die Meile unter vier Minuten lief: »Jeden Morgen wacht in Afrika eine Gazelle auf«, sagte Bannister. »Sie weiß,
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