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Bone 01 - Die Kuppel

Titel: Bone 01 - Die Kuppel
Autoren: Peadar O'Guilín
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nicht sein. Lebewesen brauchten eine gemeinsame Sprache, wenn sie bei einem so schwierigen Vorhaben wie einer Jagd zusammenarbeiten wollten.
    Der Häuptling nahm die zehn Fingerknochen an, und die Gruppe der Haarigen machte sich unverzüglich auf den Rückweg. Die Menge löste sich auf, und die Leute murmelten aufgeregt und furchtsam.
    Stolperzunge nutzte die Gelegenheit. »Wandbrecher!«
    »Stolperzunge!« Seinem Bruder schien nicht wohl in seiner Haut zu sein. Er kratzte sich ständig an den Rippen, als würden sie ihn furchtbar jucken. »Es ist gut, dich zu sehen. Glaube nicht, dass ich dir aus dem Weg gegangen wäre – du wirst verstehen, was ich meine, wenn du selbst eines Tages verheiratet bist!« Er zwinkerte, aber die Lüge schmerzte trotzdem. Außerdem war das, womit sich Wandbrecher und Moosherz beschäftigten, das Letzte, worüber Stolperzunge nachdenken wollte.
    »Wir müssen reden.«
    »Du bist wütend auf mich«, sagte Wandbrecher. Seine linke Hand lag immer noch auf seinen Rippen. »Du vergisst zu stottern, wenn du mich töten möchtest.«
    »G-gar nicht!«
    »Hör mal …« Wandbrecher griff nach seinem Arm. »Ich dachte wirklich, dass du tot bist.« Endlich die Wahrheit. »Ich habe gesehen, wie sie dir in den Turm folgten, und ich hatte keine Kraft mehr. Ich hätte noch weniger als nichts für dich tun können. Aber ich habe große Pläne, um es wiedergutzumachen.«
    »M-musst du n-nicht. Ich v-verzeihe …«
    Genau in diesem Augenblick stieß eine Gruppe sorgloser Leute, die von der Versammlung kamen, mit den beiden Brüdern zusammen. Dadurch wurde Wandbrechers linke Hand von seinem Brustkorb weggerissen, sodass die neue Tätowierung sichtbar wurde, die sich dort befand. Nur der Häuptling konnte jemanden mit einer Tätowierung belohnen, die allein für außergewöhnliche Tapferkeit verliehen wurde. Wandbrechers Tätowierung zeigte drei Panzerrücken, die von einem Steinbrocken erschlagen wurden. Wandbrecher bemerkte, wie Stolperzunge darauf starrte, und verschränkte die Arme, um das Zeichen wieder zu bedecken.
    »Ich werde es wiedergutmachen«, flüsterte er. Hastig wandte er sich ab, und Stolperzunge sah die Narben, die die Speerspitzen der Panzerrücken an seiner Wirbelsäule hinterlassen hatten. Er ging zum Haus des Häuptlings, wo die tätowierten Krieger ihre Fleischversammlung abhalten würden. Stolperzunge machte sich auf den Heimweg, weil er noch nie daran hatte teilnehmen dürfen. Schon wieder war er von tiefem Zorn erfüllt und machte sich erneut daran, sinnlos an der Hornplatte des Panzerrückens zu schaben. Er arbeitete, bis es dunkel wurde, bis ihm nur noch das Kochfeuer Gesellschaft leistete. Er konnte nicht schlafen, aber irgendwann waren seine Hände müde geworden, obwohl sein Kopf immer noch hellwach war. Das Hornstück glitt ihm aus den Fingern und fiel in die Flammen. Er fluchte und angelte es mit einem Stock heraus. Doch seine schlechte Laune verwandelte sich in fröhliches Lachen, als er sich wieder an die Arbeit machte. Er lachte so laut, dass er damit seine Mutter weckte. »Was ist los, mein Sohn?«, fragte sie. »Zum ersten Mal seit Tagen sehe ich Freude in deinem Gesicht!«
    »F-feuer!«, sagte er. Er hielt ein braunes Hornstück hoch, das so groß wie seine Hand war. An einem Ende lief es in einer scharfen Spitze aus.

    In der Nacht vor einer Fleischversammlung wurden die meisten Leute unruhig. Sie warfen sich im Schlaf hin und her, und während des Tages bereuten sie jede Zwietracht mit den tätowierten Jägern, die abstimmen konnten. Stolperzunge ging es nicht anders. Trotz ihrer offenkundigen Lebenskraft machte er sich Sorgen um Mutter. Von einigen der Frauen, die ihr Kerbholz gesehen hatten, hatte er gehört, dass sie noch gar nicht so alt war. Aber Jugend war noch nie ein hinreichender Schutz gewesen. Alle mussten in der Lage sein, dem Stamm zu dienen, ob im Leben oder im Tod. Da er wusste, dass er ohnehin nicht schlafen konnte, beschloss er, weiter an seinen neuen Speerspitzen zu arbeiten. Endlich hatte er den Durchbruch geschafft und machte gute Fortschritte.
    Inzwischen hatte der ständige Umgang mit den Klingen ein Straßennetz in seine Handflächen geschnitten. Er fluchte, als er sich immer wieder an einem größeren Panzerrückenstück verletzte. Doch irgendwann gelang es ihm, die Spitzen mit zwei geraden Schäften zu verschmelzen, die Wandbrecher ihm zu seiner ersten Jagd gegeben hatte. Er verstand immer noch nicht, warum die Panzerrücken ihre eigenen
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