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Bombenspiel

Bombenspiel

Titel: Bombenspiel
Autoren: Gmeiner-Verlag
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Kraft zu befreien. Zunge und Lippen waren voll Sand und Erde, Staub blockierte seine Atemwege, er schwitzte, spürte das Kratzen der feinen Gräser in seinen Augen und versuchte verzweifelt, mit einer Hand an das Schwert unter seinem Körper zu gelangen.
    Doch sein eigenes Gewicht und das des Mannes verhinderten, dass er den Griff frei bekam. Seine Finger krallten sich in das Gras.

Tugelaschlucht
    Das Wasser stieg nicht allmählich an. Es kam wie ein brauner Minitsunami durch die Schlucht gewalzt und schob fassdicke Baumstämme und Wurzeln vor sich her.
    »Hörst du das?«, hatte Karin noch vor einer Minute gefragt, nachdem sie sich Meter um Meter in die immer enger werdende Schlucht vorgewagt hatten, stets in der Hoffnung, einen Seitencanyon zu entdecken, der ihnen ein Entkommen ermöglichte. Doch das Wasser war immer tiefer geworden, reichte Linda schon längst bis zur Gürtelschnalle, und die Kälte des Gebirgsbachs machte ihnen zu schaffen. Irgendwie schien er reißender geworden zu sein, ob das nur an der Enge seines Betts lag? Nachdem sie den ersten Donner wahrgenommen hatte, hatte Linda angsterfüllt nach oben gesehen, wo durch einen schmalen Spalt Licht eindrang, und man einen grauen, wolkenverhangenen Himmel erahnen konnte.
    Jetzt, da auch Karin den Donnerschlag gehört hatte, schrie Linda panisch: »Wir müssen zurück! Los schnell, komm!«
    Wurde das Geräusch des in der schmalen Schlucht rauschenden Wassers lauter? Linda hatte vor Jahren bei einer Reise durch die Canyonlands in Amerika einen Gebirgsbach erlebt, der nach Regenfällen in den Bergen in Minutenschnelle zu einem reißenden, alles umwälzenden Fluss angeschwollen war. Sie selbst hatten auf ihren Campingstühlen im klaren Wasser gesessen, um die Füße zu kühlen, als die Ranger alle Leute aus dem Wasser geholt hatten. Drei Minuten später hatte eine braungraue Wasserwalze alles mitgerissen, was nicht tiefe Wurzeln besaß oder tonnenschwer war. Für ein Dutzend Wanderer in einer Schlucht oberhalb des Campingplatzes war jede Hilfe zu spät gekommen. Ihre Leichen hatte man Tage später am Ufer des wieder ruhig dahinplätschernden Baches gefunden.
    Daran dachte Linda, während sie händeringend nach einem Ausweg suchte. Das Rauschen des Wassers schwoll fortwährend an, der ferne Donner der tosenden Flut kam unaufhörlich näher. Selbst wenn sie rannten, konnten sie den Ausgang der Schlucht unmöglich vor der Wasserwalze erreichen.
    Lindas Blick erfasste einen kleinen Felsvorsprung, gerade breit genug für zwei Menschen, etwa einen Meter über ihren Köpfen. Doch wie dort hinauf gelangen? Sie erinnerte sich an die Kletterspiele aus ihrer Kinderzeit. In ihrer schwäbischen Heimat hatten sie es ›Spitzbubenleiterle‹ genannt. Sie legte beide Hände wie betend mit gefalteten Fingern ineinander und hielt die gerade nach unten ausgestreckten Arme vor sich unter die Wasseroberfläche.
    »Los, steig auf meine Hände«, wies sie Karin an, die vor Kälte zitterte, »und zieh dich rauf.« Sie deutete mit ihrem Blick auf den Felsvorsprung. Karin trat mit einem Fuß in Lindas Steighilfe, hielt sich an ihren Schultern fest, stieß sich mit dem anderen Bein ab. Das war wegen des Wassers, das ihr bis zu den Hüften reichte, nicht leicht, aber der zweite Versuch gelang. Gerade noch erreichte sie mit ihren Händen den Felsen und stemmte sich keuchend nach oben. Ein Knie folgte, dann hatte sie genügend Halt, um sich auf das kleine Plateau zu ziehen. Sie sah nach unten, wo Linda noch immer im Wasser stand.
    »Hilf mir hoch, reich mir deine Hand!«, schrie Linda und kämpfte mit ihrer Stimme gegen den Lärm des Wassers an. Karin kauerte sich auf den Boden des Felsvorsprungs und streckte ihre Hand nach unten. Linda suchte sich den größten Stein unter ihren Füßen, stieg hinauf und reckte sich nach oben. 20 Zentimeter fehlten!
    Jetzt brach die Wasserfront tosend durch die Klamm, schob große Holzstücke, ja halbe Bäume als Fracht vor sich her, die sich zwischen den engen Felswänden verkeilten, überschwemmt wurden und wieder fortgerissen von der Kraft der Wassermassen. Linda riss die Augen auf, als sie die Wasserwalze heranfluten sah. Ein dicker Ast jagte auf sie zu, sich ständig in den Strudeln um die eigene Achse drehend. Einen Meter vor ihr hing er plötzlich fest und bog sich unter der Macht des reißenden Wassers.
    Linda stemmte einen Fuß auf den verkeilten Ast, fühlte, dass er standhielt und sprang wie ein Reckturner nach oben. Ihre Hände flogen über
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