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Bombenbrut

Bombenbrut

Titel: Bombenbrut
Autoren: Erich Schütz
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betrachten. Erneut flackern seine schwarzen Pupillen lebhaft hin und her. Es ist das Modell eines mehr als 20 Meter großen Teleskops, wie es die Welt noch nie gesehen hat.
    »Es ist alles nur eine Frage des Schliffs«, weiß er heute. Der Teleskopspiegel in der geöffneten Kugel setzt sich aus vielen kleinen, gewölbten, achteckigen Augen zu einem einzigen, überdimensionalen Insektenauge zusammen. Die Aneinanderreihung der Achtecke war bisher für alle Wissenschaftler das Problem. Doch jetzt, mit seiner Formel des genialen Schliffs der Gläser über die Zentralachse, ist jeder Übergang leicht und überaus glatt zu polieren. Für ihn ist klar: Jetzt erst, mit seiner Erfindung, ist das Hubble-Teleskop geschlagen.
    »Du kannst ja darauf malen lassen: ›Nur zur friedlichen Nutzung verwendbar‹«, hatte Matthias ihn ausgelacht, als er ihm gegenüber die Möglichkeiten eingeräumt hatte, dass man mit diesem überdimensionierten Teleskopspiegel, als Laserwaffe verwendet, eine hochgradige zielgenaue Energie abfeuern kann. Den Krieg der Sterne wird gewinnen, wer diese Formel besitzt, das war auch ihm klar geworden.
    Im zivilen Bereich könnte man mit dieser geballten Energiemenge aber auch leicht durch riesige Bergmassive Löcher schießen, dass sie danach aussehen würden wie Schweizer Käse. »Denk mal, wie problemlos man damit einen Tunnel durch das riesige Aral-Massiv schießen könnte«, hatte Stengele versucht, gegen Kluge zu argumentieren.
    »Wenn die Chinesen einen Tunnel wollen, lassen die ihn von unzähligen gelben Männchen buddeln«, hatte dieser gelacht, »was willst du eigentlich? Einen Platz im Himmel oder endlich deine Erfindung verkaufen und zu guter Letzt allen zeigen, was du wirklich drauf hast?« Matthias war während des Gesprächs gereizt und erbost: »Du spielst hier den Heiligen, während ich den Arsch hinhalte. Verstehst du denn nicht? Seit ihr die Scheiße als Patent angemeldet habt, ist das alles öffentlich! Ich habe keine Ruhe mehr. Jeden kleinen Wirtschaftsspion habt ihr aufgescheucht, von den Geheimdiensten gar nicht zu reden.« Matthias Kluge wurde immer lauter, während Herbert Stengele kein Wort mehr sagte.
    »Glaub mir, ich würde gern verhandeln, aber das tun diese Leute nicht. Die feilschen nicht lange rum wie auf einem Basar für einen Berber-Teppich. Wir haben eine Topwaffe unter der Ladentheke, die Herren fühlen sich von ihr bedroht, und ich bin nun mal in den Augen dieser Affen der Ladenbesitzer.«
    »Und ich bin der Erfinder!«, sagt Herbert Stengele trotzig vor sich hin, winkt mit der rechten Hand energisch ab und beendet damit seine Erinnerungen an das Streitgespräch mit seinem Kollegen.
    Bisher hatte sich immer alles nur um ihn gedreht. Matthias gilt für alle als die Spitzenkraft in ihrem kleinen Unternehmen Defensive-Systems, er ist der Vertriebschef, Starverkäufer und Sonnyboy. Doch jetzt ist Schluss damit, jetzt ist er, Herbert Stengele, dran. Er hat die Sensation geschaffen, er hat den stärksten Spiegel der Welt erfunden! Pah, verkaufen kann er diese Erfindung auch allein.
    Jahrelang hatte er daran getüftelt, jetzt, noch keine 50 Jahre alt, will er seinen eigenen Erfolg ernten. Nein, er wird sich nicht beiseite schieben lassen. Nein, jetzt will er das Geschäft machen. Er, und dieses Mal nicht sein Freund Matthias Kluge.
    Dr. Matthias Kluge. Ja, der Titel ist dem Mann wichtig, zu mehr hat er es auch nicht gebracht, denkt Herbert Stengele, dieser wissenschaftliche Knilch!
    Matthias war während des Physikstudiums sein Kommilitone in Stuttgart. Er war ein glänzender Musterstudent, aber nur nach außen. In Wirklichkeit ist er ein Blender, weiß Herbert Stengele, dagegen war er schon immer der geniale Kopf.
    Die Professoren allerdings sind Matthias auf den Leim gegangen. Er hatte sich glänzend verkauft, das Diplom mit summa cum laude abgeschlossen und anschließend auch noch promoviert. Während er, Herbert Stengele, sich langsam durch die Semester quälte und immer allein zu Hause in seinem Kämmerlein Teleskopspiegelflächen berechnete.
    Aber jetzt, jetzt fordert er endlich Genugtuung für all die Jahre, in denen er verkannt wurde. Jetzt will er endlich das Geld, das ihm zusteht. Er will sein Werk verkaufen. Vielleicht braucht er Kluge noch, aber nur vielleicht, spricht sich Herbert Stengele Mut zu: »Diese Erfindung bedarf keines Schwätzers!«, brummelt er selbstsicher vor sich hin.
    Mit entschlossenem Schritt geht er um seinen großen Schreibtisch herum, öffnet
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