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Boeser Traum

Boeser Traum

Titel: Boeser Traum
Autoren: Birgit Schlieper
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unbeschwert.
    Â»Schlaf dich nur aus«, sagt er leise zu Charlotta. »Ich bin gleich wieder da.«
    Charlotta liegt nach seiner Rückkehr noch genauso da, wie er sie verlassen hat. Es war gar nicht schwer, die marode Holztür des Kindergarten-Schuppens zu knacken. Mit einem Seil hat er den Anhänger provisorisch an seinem Rad befestigt. Jetzt parkt er direkt vor der Tür zu Charlottas Versteck. Julius versucht erst gar nicht, Charlotta zu wecken. Er hebt sie hoch, kommt kurz ins Wanken, trägt sie dann die Treppe hoch. Ganz kurz hat er ein Bild vor sich. Ein Mann trägt eine Frau über eine Schwelle. Kitschig. Eigentlich. Für ihn ist es jetzt das richtige Bild.
    Charlotta stöhnt kurz auf, als er sie in den Anhänger legt. Sie ist eigentlich viel zu groß dafür. Er muss sie richtiggehend zusammenfalten, ihre Beine reinquetschen. Als er sich aufs Fahrrad schwingt und losfahren will, wird ihm kurz schwindelig. Er hat zu lange nichts gegessen. Sein Herz kommt kurz ins Stolpern, er schnappt nach Luft. Julius schließt die Augen. »Willst du jetzt schlappmachen? Jetzt reiß dich verdammt noch mal zusammen«, zischt er sich selber verächtlich an.
    Der Schweiß läuft ihm den Rücken runter, rinnt in seine Augen. Es brennt. Aber Julius hält nicht an. Seine Kraft ist vielleicht aufgebraucht. Aber sein Willen reicht, um den Körper weiter anzutreiben. Er durchquert den dunklen Jachthafen, hält neben dem Schiff. Das schaukelnde Heck liegt vor ihm. Mit einem großen Schritt ist man auf der Jacht. Kann er einen großen Schritt mit Lotta auf den Armen machen? Was, wenn er stürzt? Sie wird ertrinken, untergehen wie ein Stein. Er schaut sich um.
    Auf andere Schiffe führt ein Holzbrett. Das wäre eine Möglichkeit. Lautlos schleicht er zu einem Segelschiff, nimmt die unbefestigte Planke da weg, schiebt sie als Brücke zwischen Steg und »sein« Schiff. Vorsichtig legt er Charlotta da drauf, springt selbst an Bord und zieht sie ganz langsam über das Brett aufs Deck. Fünf Minuten später liegt sie unten in der Koje, die Planke ist wieder verschwunden.
    Nicht nur deswegen ist Julius’ Laune wieder gestiegen. Unter Deck ist sein Blick auf die Musikanlage gefallen. Kleine, feine Bose-Boxen, ein neuer CD-Player, daneben ein Luxus-Flachbildfernseher. Das müsste doch etwas Geld bringen. Der Chefarzt hat mit Sicherheit eine Einbruchversicherung für sein Bötchen. Das wird der verschmerzen können, beruhigt Julius sich selber. Unter einer Bank findet er einen großen Sack, wo Decken drin sind. Er wickelt alles vorsichtig ein, trägt ein Beutestück nach dem anderen vom Schiff, schließt oben zweimal ab und schiebt noch eine Kiste mit Rettungswesten und anderem Zubehör vor die Tür.
    Er glaubt nicht, dass Charlotta unüberlegt handelt, aber sicher ist sicher. Das Diebesgut legt er in den Fahrradanhänger. Vielleicht kann er das ja bei Otto in Zahlung geben, wenn er den Ausweis holt.

Momente der Entscheidung
    C laudine Brandt betrachtet ihren schlafenden Mann. Es wird gerade hell draußen. Sie blickt ihn an und sieht wieder den jungen Mann vor sich, in den sie sich unsagbar verliebt hatte. Sie erinnert sich an die durchquatschten Nächte, an zärtliche Küsse, an wilde Träume. Und sie ahnt, ganz unten in ihrem Herzen ist da noch genug von diesem Gefühl. Sie hatte es zugemüllt. Immer gab es was zu meckern, zu tun. Sie hatte ihn angetrieben und die Kinder gleich auch – Hast du die Steuererklärung schon gemacht? Warum nicht? Hast du schon Klavier geübt? Wozu haben wir das teure Instrument gekauft? Was glaubst du eigentlich, wer das hier alles wieder aufräumt? Musst du wirklich so viele Überstunden machen oder hast du nur keine Lust nach Hause zu kommen? Ich habe den Rasen schon gemäht – wenn ich warte, bis du das machst, müssen wir eine Sense kaufen. Willst du eine Schimmelzucht aufmachen oder warum hast du die nassen Schwimmsachen nicht aufgehängt?
    Sie hatte in alle Richtungen ausgeteilt.
    Weil sie so unzufrieden mit sich selbst war.
    Claudine faltet die Hände. Es fühlt sich komisch an. Hat sie ewig nicht gemacht. Sie betet zu Gott. Sie fleht darum, dass Charlotta nach Hause kommt. Sie will endlich ihr eigenes Leben anfangen. Ein neues eigenes Leben – mit ihrem Mann und ihren Kindern.
    Und wenn Charlotta nicht wiederkommt?
    Dann wird sie Uwe verlassen. Sie fühlt sich
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