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Boeser Traum

Boeser Traum

Titel: Boeser Traum
Autoren: Birgit Schlieper
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leicht geöffnet. Sie sieht entspannt aus.
    Ganz leicht berührt er ihren Arm. Jetzt bloß keine Aufregung. Kein Herzrasen, das womöglich Alarm im Kontrollzimmer auslöst. Sie soll ganz langsam auftauchen aus ihrem Traum. Tut sie aber nicht. Er rüttelt sanft. Dann heftiger. Nichts.
    Â»Wach rauf«, schreit er flüsternd in ihr Ohr.
    Keine Reaktion.
    Soll er ihr die vier Pillen einfach so zwischen die Lippen schieben?
    Reicht das? Sie hat ziemlich viele Beruhigungsmittel in den letzten Tagen bekommen. Ihr Organismus ist im Keller. Es könnte reichen. Wenn sie sie wirklich runterschluckt.
    Hinterher spuckt sie sie wieder aus. Im schlimmsten Fall findet eine Schwester die auf dem Kopfkissen.
    Er zieht seine Sicherheitsnadel aus der Hosentasche. Kurz und schnell sticht er in ihren Oberarm.
    Ihr Kopf schnell herum. Ihre Augen flattern.
    Â»He, Emilia«, spricht er sie sofort an.
    Sie starrt in seine Augen. Sie kennt diese Stimme. Der Typ hat was mit Charlotta zu tun. Aber was?
    Ihre Augen tasten ihn weiter ab.
    Nein, er ist ihr fremd. Sie schließt die Augen wieder.
    Â»Emilia. Wach bleiben«, fordert er. »Du musst das schlucken.« Er versucht, ihr eine Pille zwischen die Lippen zu schieben.
    Sie macht die Augen wieder auf. »Warum?«, formulieren ihre Lippen.
    Â»Du willst doch gesund werden. Du willst doch Lotta wieder sehen, oder?«
    Sie nickt.
    Er steckt ihr noch was in den Mund.
    Sie guckt ihn an. Wieso sagt er »Lotta«? Das sagt nur sie. Das darf nur sie sagen.
    Sie registriert, dass er ihr kurz über den Kopf streicht. Wieso hat der keinen Kittel an? Ist das ein Pfleger?
    Â»Brauchst du Wasser?«, fragt er fast zu besorgt.
    Sie schüttelt den Kopf.
    Sie versucht, ihren Gedanken zu folgen. Die rasen gleichzeitig in die unterschiedlichsten Richtungen.
    Ja, sie will gesund werden.
    Ja, sie will Charlotta wieder sehen.
    Ja, dieser Typ macht ihr Angst.
    Er steckt ihr eine weitere Pille in den Mund. »Schluck das. Das tut dir gut«, sagt er eindringlich.
    Irgendwie zu eindringlich. Zu scharf. Sie kann die Augen mit aller Kraft ein bisschen öffnen. Sie sieht schemenhaft, wie der Typ weggeht. Es sieht aus, als schleiche er raus. Ganz langsam schiebt ihre Zunge die Tabletten nach vorne, schiebt sie raus. Eine nach der anderen fällt aufs Kopfkissen, lösen sich dort durch die Spucke langsam auf.
    Natürlich wundert sich die Schwester am nächsten Morgen über die komischen Flecken auf Emilias Kissen. Sie stutzt kurz, bezieht es dann einfach neu.

Er trägt sie über die Schwelle
    L otta. Aufwachen.«
    Julius rüttelt an ihrer Schulter. Erst vorsichtig, dann heftiger. Durch die Bewegung fällt sie von der Seitenlage auf den Rücken. Die Augen macht sie immer noch nicht auf. Ein Angststoß geht durch Julius’ Körper. Hektisch tastet er nach ihrem Puls, findet ihn endlich. Gleichmäßig und langsam schlägt ihr Herz.
    Â»He, Süße, wach auf. Wir hauen hier ab«, flüstert er in ihr Ohr. Dabei versucht er, sie hinzusetzen. Sie ist schwerer, als er gedacht hatte. Charlotta kommt einfach nicht zu Bewusstsein. Verdammt, wie soll er sie dann auf das Schiff kriegen? Er kann ja jetzt schlecht ein Taxi rufen und sie bewusstlos auf die Rückbank legen. Auffälliger geht es ja nicht. Wütend rüttelt er wieder an ihr.
    Â»Jetzt wach endlich auf«, ruft er verzweifelt.
    Er hat unterschätzt, was die Pillen in ihrem ausgemergelten Organismus anstellen. Er lässt sie los, sie fällt wie tot einfach nach hinten. Julius zuckt zusammen, als ihr Kopf laut auf den Betonboden aufschlägt. Sofort ist er bei ihr, streichelt ihr über das Haar: »Entschuldigung, meine Süße. Das wollte ich nicht. Das habe ich wirklich nicht gewollt«, flüstert er zärtlich. Er fühlt, wie sich sofort eine Beule an ihrem Hinterkopf bildet. Er hat noch nicht mal was zum Kühlen da. Aber er hat eine Idee. Er braucht einen Fahrradanhänger. Da könnte er sie reinlegen. Eigentlich noch viel unauffälliger, als sie hinten auf seinem Gepäckträger zu transportieren. Er wühlt in seinen Gedanken. Hat nicht der Kindergarten neben dem Schwesternwohnheim solche Anhänger? Er schließt die Augen, versucht sich zu erinnern. Stundenlang hat er aus seinem Fenster geguckt, als er noch da gewohnt hat. Er hat die Kinder beobachtet, war oft sehnsüchtig geworden. Die Mädchen und Jungen sahen oft so glücklich aus. So
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