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Boeser Traum

Boeser Traum

Titel: Boeser Traum
Autoren: Birgit Schlieper
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Brandt an. »Ich, äh, ich wollte nur kurz nach Emilia sehen.«
    Â»Und wer sind Sie?«
    Â»Ich bin Pfleger und habe Emilia damals in der Notaufnahme betreut, als sie nach dem Unfall eingeliefert wurde. Jetzt wollte ich mal sehen, wie es ihr geht«, behauptet er. Unauffällig steckt er die Hand mit den Tabletten in die Hosentasche.
    Â»Das ist ja nett von Ihnen«, freut sich Dagmar.
    Â»Richtig gut geht es ihr noch nicht, oder?«, fragt Julius scheinheilig.
    Â»Nein, sie kommt nicht richtig zu sich. Sie hat Wachphasen, aber fällt dann immer wieder in einen tiefen Schlaf. Wir machen uns große Sorgen«, sagt Michael Brandt leise.
    Â»Schlafen ist doch eigentlich die beste Medizin«, lächelt Julius. Er schaut auf die Uhr.
    Â»Oh, ich muss los. Alles Gute für Sie.«
    In Emilias Mund löst sich derweil ganz langsam die große graue Tablette auf. Dagmar und Michael Brandt werden sie wieder nicht wach erleben.

Es hört nicht auf
    C harlotta starrt diesen Typen an. »Was?«
    Â»Ich habe es dir doch gerade erklärt. Wir beide werden uns morgen früh in einen Bus setzen, nach Amsterdam fahren, dort ein Schiff ins Paradies besteigen und ein neues Leben anfangen. Du bist mein Mädchen. Ich habe dich gefunden. Gerettet. Keine Sorge. Ich werde dich nicht anrühren. Ich werde dich beschützen. Das mag dir jetzt komisch vorkommen. Du hast bestimmt Angst. Vertrau mir einfach. Ich habe dir auch schon ein paar Sachen zum Anziehen besorgt. Ich hoffe, sie passen dir.«
    Er ist wahnsinnig. Charlotta ist sicher. Was soll sie jetzt tun? Ihn in Sicherheit wiegen? So tun, als wäre sie einverstanden, um im entscheidenden Moment abzuhauen? Sie überlegt, ob sie sich auf ihn stürzen könnte, um an ihm vorbei die Treppe hoch durch die Kabinentür zu flüchten. Sie bezweifelt das. Sie fühlt sich noch immer schwach. Und was wird er tun, wenn sie sich gegen ihn wendet? Wenn ein Geisteskranker sich in die Enge gedrückt fühlt, ist er dann nicht womöglich zu allem fähig?
    Sie entscheidet sich für einen anderen Weg.
    Â»Ich werde nicht mitkommen. Ich muss bei Niklas bleiben. Und bei Emilia. Wir können doch hier ein neues Leben anfangen«, bietet sie ihm an. Sie versucht ihrer Stimme einen festen Ton zu geben.
    Â»Ich verhandele nicht mit dir. Wir gehen zusammen weg. Ich kann hier nicht leben. Die Bilder verfolgen mich, verstehst du? Es hört nicht auf. Woanders wird es besser. Ich bin mir sicher. Mit dir zusammen wird es besser. Ich denke, ich kann irgendwo in einem Krankenhaus arbeiten. Ich kenn mich aus in Krankenhäusern …«
    Julius redet immer weiter. Seit Jahren hat er nicht so viel gesprochen. Charlotta überlegt, ob sie aufstehen kann. In einer Schublade ist ein Messer. Das hat sie vorhin gesehen, als sie das Schiff abgesucht hat. Warum hat sie es nicht gleich an sich genommen? Sie bleibt starr sitzen. Sie weiß: Selbst wenn sie es schaffte und ihn stechen könnte, würde er ihr wahrscheinlich das Messer entreißen. Dann hätte er es in der Hand. Was würde dieser Wahnsinnige – wütend wie er dann wäre – tun? Sie hört einfach seinem wirren Gerede zu. Er erzählt ihr gerade, dass er sich gut um sie kümmern wird. Er würde sie baden, sie abtrocknen, ihre langen Haare kämmen.
    Sie bekommt eine Gänsehaut, beißt sich auf die Unterlippe, bis die fast reißt.
    Sie muss irgendwas tun. Wahrscheinlich wird die Möglichkeit zu fliehen am größten sein, wenn sie in den Bus steigen.
    Â»Ich muss jetzt noch mal kurz weg. Noch was erledigen«, hört sie Julius plötzlich. Er kichert komisch und wiederholt mit komischem Unterton: »erledigen«.

Alles auf eine Karte
    A ls er den Schlüssel von außen umdreht, wird es ihr
    klar. Er lügt doch. Er wird Emilia nicht verschonen. Er wird sie umbringen. Anscheinend arbeitet er ja im Krankenhaus. Womöglich im selben, in dem Emilia liegt. Charlotta wird es heiß und kalt. Auf einmal sieht sie es genau vor sich: Er spritzt ihr irgendwas in die Adern. Ihr selber gefriert bei dem Gedanken das Blut in den Adern.
    Immer und immer wieder wirft sie sich gegen die Tür. Sie muss hier raus. Sie muss Emilias Mutter anrufen, sie warnen. Die Tür gibt keinen Zentimeter nach. Sie guckt aus dem schmalen Fenster.
    Neben ihrem Boot hat ein kleines Segelschiff festgemacht. Das hatte sie noch gar nicht gesehen. Ein junges Paar ist gerade damit
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