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Böser Engel

Böser Engel

Titel: Böser Engel
Autoren: George Wethern
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beobachten. Sie sah aus wie die jüngere Schwester eines meiner Mädchen, hatte eine flache Brust und wog etwa 45 Kilo.
    »Schau mich lieber nicht so an, Kleine«, neckte ich sie. »Du bist zu jung für diesen Schlafzimmerblick.«
    Sie errötete und wies meine Unterstellung empört zurück. Zu meiner Überraschung erfuhr ich, dass dieses kleine Ding in weißen Halbstiefeln, Levi’s und dem Hemd ihres Bruders nicht 11 oder 12 war, sondern 15. Noch mehr staunte ich darüber, dass sie einen Freund hatte, der ihr fremdging.
    Sie hieß Helen und hielt mich für frech und aggressiv. Dennoch konnte ich sie dazu überreden, mir mit auszugehen, um ihren Freund eifersüchtig zu machen. Bei unserer ersten Verabredung entdeckte ich, dass sie ganz schön kess war, wenn sie sich nicht in einer Gruppe befand. Bald hatte ich sie so weit, dass sie die Schule schwänzte, um im Haus eines Bekannten mit mir Karten zu spielen und zu schmusen. Anfangs dachte sie, ich wolle ihr nur an die Wäsche gehen, aber mit der Zeit verlor sie ihre Furcht vor mir und nahm meine Christophorus-Medaille an.
    Eine feste Freundin bedeutete Autokinos und romantische Tête-à-têtes am Skyline Boulevard. Wenn ich zu wenig Geld für Benzin hatte, verzichteten wir auf die prachtvolle Aussicht und begnügten uns mit einem dunklen Holzlager wenige Straßen von Helens Haus entfernt. Oft hatte ich in derselben Nacht noch ein anderes Mädchen auf dem Rücksitz, doch was Helen betraf, duldete ich keine Untreue.
    Eines Tages sah ich sie mit ein paar Jungs und Freundinnen in einem Auto. Sie versuchte sich zu ducken, aber es war zu spät. Ich wendete und folgte dem Auto Stoßstange an Stoßstange, obwohl der Fahrer einige Schleudermanöver veranstaltete, um mir zu entkommen. Wie ein Irrer drückte ich auf die Hupe und ließ den Motor aufheulen, bis der Wagen vor mir am Straßenrand hielt. Ein Kerl lief weg, den anderen erwischte ich. Ich warf ihn auf die Kühlerhaube und presste ihm eine Pistole an die Nase. »Was machst du mit meiner Freundin?«, schrie ich. Er stammelte eine Entschuldigung, dann trat ich ihm in den Hintern und wandte mich an Helen: »Steig aus!«
    »Ich geh nicht allein mit.« Sie wollte nur aussteigen, wenn ein paar ihrer Freundinnen mitkamen. Vermutlich hatte sie Angst vor mir.
    Nicht jeder hielt mich für übermäßig aggressiv. Einigen meiner Freunde gefiel dieser Charakterzug sogar. Zwei von ihnen, Jerry Jordan und Junior, hatten sich den Hells Angels angeschlossen, einem neuen Motorradclub, der in unserer Gegend schon bekannt war. Ich war der Highschool-Szene inzwischen entwachsen, und die Kameradschaft und der wilde Lifestyle des Clubs faszinierten mich. Ich wollte ihm beitreten, hatte aber kein Motorrad – diese waren damals seltene Beförderungsmittel.
    Dank meiner Eltern, die einen Gewerkschaftsfunktionär beknieten, erhielt ich eine Lehrstelle bei einem Bauunternehmer und konnte 125 Dollar zur Seite legen. Dafür kaufte ich eine gebrauchte Harley-Davidson 45, halb rot, halb grün, mit Weißwandreifen, luxuriösem verchromtem Lenker und einem Auspufftopf aus Bierdosen. Jerry und Junior halfen mir, sie zu frisieren und die lockeren Teile zu befestigen. Dann umrundete ich ein paar Mal den Block, und schließlich fuhren wir gemeinsam zur 23rd Avenue.
    Das öde kleine Einkaufsviertel dort hob sich wie eine eigene kleine Stadt deutlich von der City ab. Die Dachlinien der Läden waren niedrig und unregelmäßig, die Telefonmasten hoch und unregelmäßig. Die Rinnsteine waren immer von Bierflaschen, Zigarettenstummeln und Motorrädern bedeckt. Die beliebtesten Lokale waren das Doggie-Diner-Drive-in, das vulgäre Star Cafe und der Poole’s Locker Club, der einem alten Motorradfan gehörte, der die Seeleute im Zaum hielt und dem es nichts ausmachte, wenn junge Biker sich an seine Jukebox lehnten.
    Wir parkten am Ende einer langen Reihe von Motorrädern unter den trüben Straßenlampen und gingen dann auf ein paar Typen vor einem Gebäude zu. Sie trugen ärmellose Levi’s-Jacken, Kutten genannt, mit geflügelten Totenköpfen als Abzeichen. Ein dünner, schmutzig blonder, mit Kampfnarben übersäter Junge löste sich von der Gruppe und schlurfte auf uns zu. Seine schmierigen, stahlverstärkten schwarzen Stiefel machten vermutlich ein Zehntel seiner sechzig Kilo aus, aber er gewann an Gewicht, als er mit schräg gestelltem Kopf angeschlendert kam. Seine Augen waren geschwollen, und seine dicke Unterlippe ragte forsch nach vorne.
    Sein Name war
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