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Böser Engel

Böser Engel

Titel: Böser Engel
Autoren: George Wethern
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ein lebhafter kleiner Mann, gezeichnet von Kneipenprügeleien und einem Verkehrsunfall, seit dem eines seiner Beine dauerhaft verkürzt war. Er hinkte merklich und verschwendete viel Zeit und Geld in guten alten Kneipen wie dem Silver Saddle. Aber seine schwieligen Hände spalteten Schiffstrossen und ernährten drei Kinder. Um über die Runden zu kommen, arbeitete seine Frau einige Monate im Jahr in der Konservenfabrik Del Monte und in Gebrauchtwarenläden.
    Erst vor Kurzem konnte es sich die Familie leisten, das ebene, überwiegend schwarze Ghetto in West Oakland zu verlassen und in ein höher gelegenes, »weißeres« Viertel mit besseren Schulen zu ziehen. Weder die Eltern noch Helens ältere Brüder hatten die Highschool beendet. Sie sollte die Erste sein, die diese Schule abschloss.
    Sie zeichnete und malte gerne, doch an eine Kunstschule war nicht zu denken. Helen liebäugelte mit einer Ausbildung als Kosmetikerin, aber 500 Dollar Gebühren im Jahr waren zu viel. Also besuchte sie den Sekretärinnenkurs an der Highschool und hoffte, eines Tages mit anderen ungebundenen Mädchen eine Wohnung beziehen zu können.
    Doch bald wurden ihr andere Vorschläge unterbreitet. Zum Beispiel bat ich sie, mich zu heiraten.
    »Ich möchte noch nicht heiraten«, erwiderte sie. »Erst will ich die Schule abschließen.«
    »Nun ja, du wirst bald schwanger sein«, sagte ich, und diese Prognose bewahrheitete sich innerhalb weniger Monate.
    Die Schwangerschaft geheim zu halten, machte ihr mehr zu schaffen als die morgendliche Übelkeit. Wir wollten eines Tages auf dem Land leben und unsere Kinder als Katholiken großziehen, obwohl Helens Eltern Baptisten waren. Wir versuchten Geld zu sparen, um zusammenleben zu können, und den Mut aufzubringen, es ihren Eltern zu sagen.
    Mittlerweile galt Helen bei den Angels als meine feste Freundin. Ihre offizielle Aufnahme fand auf der Halloween-Party des Clubs im Jahr 1959 statt. Sie und J. B.s Frau Irma freuten sich, dass sie jetzt dazugehörten. Helen holte viele Ratschläge ein und beschloss dann, Levi’s und einen geborgten grünen Mohair-Pullover anzuziehen.
    Das gesamte Oakland-Charter quetschte sich auf den zwei Tonnen schweren Lieferwagen meines Vaters und fuhr nach San Francisco. »Du setzt dich nach vorne zu mir«, sagte ich zu Helen, obwohl sie sich lieber der bekloppten Gruppe auf der Ladefläche angeschlossen hätte. Die Leute waren beschwipst, tranken und verschütteten Bier, noch ehe wir Oakland verlassen hatten.
    Da wir uns ein wenig verspätet hatten, drückte ich aufs Gaspedal und fuhr hundert Kilometer in der Stunde. Nur zum Spaß machte ich immer wieder Schlenker, sodass meine Passagiere gegen die Wände prallten. An der Mautstelle bei der Bay Bridge zog meine geschminkte und mit Ziegenbärten geschmückte Besatzung eine Show für die Autofahrer ab. Sie prosteten einander zu und pinkelten durch das hintere Gitter. »Hilfe, lasst uns raus!«, kreischten die Frauen. Der Zuständige an der Mautstelle ging nach hinten, um das Auto zu inspizieren, kam aber gleich wieder zurückgerannt.
    Ich hatte die anderen zu der Fahrt im Lieferwagen überredet, weil die Gruppenreise lustiger und sicherer war als eine nächtliche Biker-Karawane. So konnten wir die Gefahr verringern, dass Betrunkene sich verletzten, belästigt wurden oder sich in der fremden Stadt verirrten. In der Vergangenheit hatte die Polizei von San Francisco Clubmitglieder, die auf dem Weg zu einer Party waren, manchmal aufgehalten, aber in dieser Nacht rollte der Lieferwagen ungehindert zum alten Fillmore Auditorium, einem muffigen, abgetretenen Tanzlokal im ersten Stock eines Eckhauses im Schwarzen-Bezirk Fillmore.
    Drinnen zog Helen sich in eine Ecke beim Getränkestand zurück, während ich meine Runde drehte, plauderte, Pillen einwarf, Bier kippte und Krach schlug. Das Lokal füllte sich langsam mit Bikern von Clubs wie den Mofos, den Presidents und den Gypsy Jokers, aber die Angels stachen heraus. An Halloween waren wir meist besonders gut in Form – eher ausgefallen als befremdlich. Wir liefen mit bemalten Gesichtern, rasierten Köpfen, Kettenpeitschen, Glühlampen, Mohikaner-Frisuren, Ohrringen, Nasenringen, Nazihelmen und Hakenkreuzen herum.
    Im erbitterten Kampf um Aufmerksamkeit sprühte Sonny sich orange an, doch Frank Sadilek, der Präsident in Frisco, übertrumpfte ihn: Er hatte sich grün angesprüht und trug seinen Bismarck-Helm mit einem Blinklicht. Der 135 Kilo schwere Filthy Phil, ebenfalls aus San
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