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Böser Engel

Böser Engel

Titel: Böser Engel
Autoren: George Wethern
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Nachricht verbreitete sich im ganzen Bezirk. »Friedhof der Hells Angels« lautete die Schlagzeile der Zeitungen, die sich auf den Staatsanwalt beriefen. Hubschrauber überflogen die Ranch und machten Luftaufnahmen. Bald heftete sich eine Schar von Journalisten an die Fersen von Sheriff Reno Bartolomie, einem dickbäuchigen Gesetzeshüter mit silbernem Haar, der eher einem Viehzüchter glich.
    Innerhalb von 24 Stunden verliehen zwei weitere Ereignisse dem geflügelten Totenkopf, dem Wahrzeichen der Hells Angels, eine neue düstere Bedeutung:
In Sacramento beschuldigte der Generalstaatsanwalt in seinem Jahresbericht die Hells Angels, Drogen in großer Menge zu vertreiben. Die bisher wenig organisierte Gruppe habe innerhalb von drei Jahren illegale Drogen im Wert von 31 Millionen Dollar von der West- an die Ostküste geschafft. Clubmitglieder seien groß im Geschäft und machten sich allmählich einen Namen als Anführer einer kriminellen Vereinigung, die Land kaufe, in legale Geschäfte investiere und mit bekannten Verbrechern im Staat zusammenarbeite. Die Angels bedienten sich ausgeklügelter elektronischer Geräte, um den Polizeifunk abzuhören, und seien dadurch enorm mobil geworden. Außerdem hätten die Hells Angels, chinesische Jugendbanden und andere organisierte Gruppen in den vergangenen Jahren in Kalifornien mehr als hundert Morde begangen.
In Oakland, wo sich das Hauptquartier des Clubs befand, wurden der Präsident der Angels, Ralph »Sonny« Barger, und drei weitere Mitglieder wegen Mordes an einem Drogenhändler angeklagt. Dabei ging es um Kokain im Wert von rund 80 000 Dollar. Sie wurden beschuldigt (und später freigesprochen), den Mann im Schlaf erschossen, die Leiche in eine Badewanne geworfen und dann das Haus angezündet zu haben. Die Staatsanwaltschaft erklärte, mit der Tatwaffe, die über einen Schalldämpfer verfüge, sei auch einer der drei Männer umgebracht worden, die man am selben Tag in einem Haus in der Nähe gefunden hatte.
    Die Wetherns blieben in Haft. Die Kautionssumme wurde auf jeweils 100 000 Dollar festgesetzt. Ihre Kinder wohnten bei einem Hilfssheriff. Wethern wusste aus Erfahrung, dass sich die Angels rücksichtslos rächen würden – Folter, Entführung und Mord waren möglich. Da er den Clubkodex verletzt hatte, könnten sie wohl versuchen, ihn zeitweilig zum Schweigen zu bringen, indem sie seine Familie in ihre Gewalt brachten. Oder sie würden ihn aufgreifen und gleich für immer zum Schweigen bringen. Ihm war klar, dass es nur eine Frage der Zeit war, bis man Barger mit den vergrabenen Leichen in Verbindung bringen würde – und den Chef zu gefährden galt fast immer als Kapitalverbrechen.
    Dennoch zeigten er und die Clubführung sich an diesem ersten Tag noch völlig loyal. Wethern versuchte jene Dealer zu warnen, die er möglicherweise belasten müsste. »Big Don« Hollingsworth, der Präsident der Angels, bot Rechtsbeistand und jede denkbare sonstige Hilfe durch den Club an, vermutlich in der Hoffnung, die weitere Entwicklung beeinflussen zu können. Das Angebot des Clubs überbrachte J. B., Wetherns engster Freund und ein ehemaliger Angel, während eines Besuches im Gefängnis.
    Später wurde Wethern gemeinsam mit seiner Frau in eine besondere Zelle im Frauenflügel verlegt. Es war eine kleine Zelle innerhalb eines größeren Raumes, eine Art Gaskammer mit Gitterstäben, vier Kojen, einem Metalltisch, einer Toilette und einer Duschkabine. Polizisten mit schlammverschmierten Stiefeln hatten Helen vorher besucht und ihr von den grausigen Funden erzählt. Auch die Nachrichtensendung im Fernsehen hatte die Geschichte bestätigt. Als sie beide allein waren, gestand Wethern seiner Frau, was er getan hatte. Sie weinte, denn ihr war klar, dass er ein »toter Mann« war, egal ob man ihn ins Gefängnis stecken würde oder nicht.
    Da sich ein Rechtsanwalt der Angels wegen möglicher Interessenkonflikte geweigert hatte, den Fall zu übernehmen, traf sich Wethern am nächsten Tag mit einem Pflichtverteidiger des Bezirks Mendocino. Dieser Anwalt namens Richard Petersen überzeugte das Ehepaar davon, dass auf lange Sicht ein Handel mit der Staatsanwaltschaft die beste Lösung wäre, um sie vor den Angels zu schützen. Straffreiheit war auch deshalb wichtig, weil Wethern ein starkes Bedürfnis verspürte, sich seine dunklen Geheimnisse von der Seele zu reden.
    Zwei Tage nach der Durchsuchungsaktion – mehrere Angels waren festgenommen worden, einige waren geflohen – schlug
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