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Boese Maedchen sterben nicht

Boese Maedchen sterben nicht

Titel: Boese Maedchen sterben nicht
Autoren: Kim Harrison
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schwarzer Todesengel gewesen, wie er im Buche steht - jederzeit bereit, einen Menschen zu sensen, wenn sie dadurch seine Seele retten konnte. In ihrer Vorstellung war ein Körper nicht von Bedeutung. Das Leben selbst war nicht von Bedeutung. Nur die Seele war es. Es hatte Ewigkeiten gedauert, bis ich das kapiert hatte. Das Licht steht für den menschlichen Willen - hell und leicht zu sehen. Die Finsternis des Schicksals sollen nur die Seraphim verstehen.
    Tatsächlich verkörperten die weißen Todesengel im Himmel die bösen Buben. Denn sie alle waren irgendwann da oben rausgeflogen und hatten sich zu einer Art Gang zusammengeschlossen, um die Menschen zu retten, auf die es die schwarzen Engel abgesehen hatten. Sie retteten den Menschen das Leben auf Kosten ihrer Seelen. Tja, wer war denn nun eigentlich auf der guten Seite? Ich hatte echt keine Ahnung mehr.
    Nakita stand stumm neben mir und musterte ein Gesicht nach dem anderen. Ich wusste nicht, ob Tammy von ihrer Mutter abgeholt werden oder den Bus nach Hause nehmen würde. »Vielleicht war es doch keine so gute Idee, sie an der Schule zu suchen«, sagte ich. »Vielleicht müssen wir naher ran«, fügte ich hinzu, als Nakita nicht antwortete.
    »Warum versuchst du nicht, sie mithilfe der Zeitlinien zu finden?«, fragte sie schließlich. »Kairos hat mir die Aura einer Zielperson immer in den Zeitlinien gezeigt, sodass ich sie daran erkennen konnte.«
    Ich verzog das Gesicht. »Tammys Aura?«, hakte ich nach. »Ja, super Idee. Nur dass ich leider keine Auren sehen kann.«
    »Aber ich«, entgegnete Nakita. »Kairos würde mir jetzt den Punkt auf der Zeitlinie zeigen, an dem er seinen Zeitsprung gemacht hat, und die Aura, die sich an der Stelle mit seiner vermischt hat, ist die richtige. Wir kriegen das hin, Madison.« Ihre Augenbrauen zogen sich zusammen. »Wir finden sie vor Barnabas, wetten?«
    In mir löste sich ein Knoten der Anspannung und ich grinste. Barnabas. Die Rivalität war also immer noch so groß. »Einen Versuch ist es wert«, erwiderte ich fröhlich. Dann wandte ich mich von der Schule ab und setzte mich auf den Boden. Ich spürte die Zaunlatten im Rücken und das Gras kitzelte mich an den Knöcheln. Sonnensprenkel liefen mir über die Haut und verliehen dem kühlen Licht ein Muster. Ich holte Luft, auch wenn ich sie nur noch zum Sprechen brauchte, und atmete wieder aus, um zur Ruhe zu kommen, wie Barnabas es mir beigebracht hatte. Meine Hand kroch nach oben und ich griff nach dem Stein an der Kette um meinen Hals. Die silberne Fassung fühlte sich warm an und ich schloss die Augen. Mit meinem Amulett konnte ich die Zeitlinien sehen und vielleicht ja mittlerweile sogar Auren - das wäre endlich mal ein sicheres Zeichen dafür, dass ich langsam Fortschritte machte.
    Die richtigen Zeitlinien zu finden war einfach und ich fand ohne große Mühe das helle Leuchten der Gegenwart, das sich bis in die Unendlichkeit erstreckte. Jetzt musste ich nur noch Tammy darauf finden.
    Jedes Leben hatte eine andere Farbe oder Aura. Diese Auren konnte ich nicht sehen, aber Barnabas hatte mir hundertmal davon erzählt, während wir bei mir zu Hause auf dem Dach saßen und auf den Sonnenaufgang warteten. Bei den meisten Leuten deutete die Farbe darauf hin, wie alt und in welcher Stimmung sie waren, und änderte sich zum Beispiel mit den Jahreszeiten. Bei Todesengeln aber gab sie Aufschluss darüber, auf welcher Seite im Streit über Schicksal und freien Willen sie sich befanden. Weiße Todesengel erkannte man meist an einem dunklen Rot, schwarze erschienen violett und die, die sich keiner der beiden Seiten zugehörig fühlten, strahlten in neutralem Gelbgrün. Als ich Barnabas zum ersten Mal begegnet war, hatte sein Amulett in einem respektablen Dunkelrot geleuchtet. Jetzt aber bewegte es sich ganz offensichtlich durch das Farbspektrum nach oben und zeigte noch deutlicher als sein Verhalten, dass er an seinen eigenen Überzeugungen zu zweifeln begann. Und Zweifel waren bei einem Engel etwas ziemlich Seltenes, Beunruhigendes, so als fände man plötzlich heraus, dass Steine in Wahrheit aus Wasser bestünden.
    Meine ursprüngliche Aura war blau gewesen, zumindest hatte Barnabas mir das erzählt. Jetzt war sie lila und so dunkel, dass sie dank meines Zeitwächteramuletts beinahe schwarz wirkte. Meine eigene Aura zu finden war nicht schwierig, denn auf der hellen Zeitlinie wirkte sie wie ein finsterer Krater. Neben mir erkannte ich Nakitas fröhliches lila Glühen, ihre
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