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Bockmist

Bockmist

Titel: Bockmist
Autoren: Laurie Hugh
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Maschine in einer dunklen Gegend abstellt und sie noch da ist, wenn man zurückkommt, selbst wenn man an Vorhängeschloß und Alarmanlage gedacht hat, dann ist das unter Bikern schon ein Gesprächsthema. Erst recht, wenn es sich um eine Kawasaki ZZR 1100 handelt.
    Nun würde ich nie im Leben abstreiten, daß die Japaner mit Pearl Harbour echt im Abseits standen und daß ihre Vorstellungen von Fischzubereitung ziemlich dürftig sind – aber Menschenskind, von Motorrädern verstehen sie was. Egal in welchem Gang Sie bei dieser Maschine Vollgas geben, es treibt Ihnen die Augäpfel in den Hinterkopf. Gut, für die meisten Menschen mag dieses Gefühl nicht ausschlaggebend sein, wenn es um die Wahl von Nahverkehrsmitteln geht, aber da ich das Motorrad bei einer Runde Backgammon gewonnen hatte, in der ich mit dem unglaublichen Zufallstreffer einer einmaligen 4-1 und drei aufeinanderfolgenden Sechserpäschen zum Durchmarsch angetreten war, machte es mir einen Heidenspaß. Es war schwarz und groß, und selbst ein Sonntagsfahrer stieß damit in andere Galaxien vor.
    Ich startete die Maschine, ließ sie einmal aufheulen, um ein paar fetten Belgravia-Finanzbossen den Schlaf zu rauben, und nahm Kurs auf Notting Hill. Es regnete, und ich mußte vorsichtig fahren, also hatte ich reichlich Zeit, mir über das nächtliche Treiben Gedanken zu machen.
    Während ich mit dem Motorrad durch die glatten, gelb erleuchteten Straßen gondelte, ging mir eins nicht aus dem Kopf: Sarah, die mich anherrschte, »den Scheiß« könne ich mir sparen. Warum sollte ich ihn mir sparen? Weil ein Sterbender im Zimmer lag.
    Konversation à la Newton, sagte ich mir. Impliziert war damit, ich hätte den Scheiß mit vollen Händen verteilen dürfen, wenn kein Sterbender im Zimmer gelegen hätte.
    Das ließ mich frohlocken. Ich dachte, wenn ich das nicht gedeichselt bekam, daß sie und ich eines schönen Tages in einem Zimmer standen, in dem keine Sterbenden lagen, dann war mein Name nicht James Fincham.
    Was er natürlich nicht war.
     

2
     
    Lange Zeit bin ich früh schlafen gegangen.
    MARCEL PROUST
     
    Ich kam nach Hause und hörte wie immer den Anrufbeantworter ab. Zwei bedeutungslose Piepser, einmal falsch verbunden, ein Anruf von einem Freund, der im ersten Satz unterbrochen wurde, und dann drei Leute, von denen ich nichts wissen wollte und die ich jetzt zurückrufen mußte.
    Herrgott, wie ich diesen Apparat haßte!
    Ich setzte mich an den Tisch und sah die Post durch. Einige Rechnungen warf ich in den Mülleimer, bis mir einfiel, daß ich den Mülleimer in die Küche gebracht hatte – ich ärgerte mich, stopfte die restliche Post in eine Schublade und gab den Gedanken auf, die Verrichtung lästiger Haushaltspflichten könne helfen, mir alles zusammenzureimen.
    Für laute Musik war es schon zu spät, und die einzige Unterhaltung, die ich in der Wohnung auftreiben konnte, war Whisky, also schnappte ich mir ein Glas und die Flasche Ladyburn, goß mir zwei Wurstfingerbreit ein und ging in die Küche. Ich füllte mit Wasser auf, bis die Dame nicht mehr so brannte, und setzte mich mit einem Taschendiktaphon an den Tisch, weil mir mal jemand erzählt hatte, man bekomme einen klaren Kopf, wenn man laut vor sich hin spreche. Ich fragte, ob man damit auch trübe Tassen klar bekomme, und bekam zu hören, nein, aber es funktioniere bei allem, was einem auf der Seele liege.
    Ich legte eine Kassette ein und drückte auf die Aufnahmetaste.
    »Dramatis personae«, sagte ich. »Alexander Woolf, Vater von Sarah Woolf, Eigentümer eines schnuckeligen georgianischen Hauses in der Lyall Street, Belgravia, Brötchengeber blinder und rachsüchtiger Innenarchitekten, Vorstandsvorsitzender und Generaldirektor von Gaine Parker. Unbekannter Weißer, Amerikaner oder Kanadier, um die Fünfzig. Rayner. Groß, gewalttätig und krankenhausreif geschlagen. Thomas Lang, sechsunddreißig, Fiat D, 42 Westbourne Close, ehemals bei den Scots Guards, ehrenvolle Entlassung im Hauptmannsrang. Die bis dato bekannten Fakten sehen folgendermaßen aus …«
    Ich weiß nicht, warum mich Kassettenrecorder immer so sprechen lassen, aber ich kann einfach nicht anders.
    »Unbekannter Weißer versucht, sich der Dienste Th. Langs zu versichern zum Zwecke der gesetzwidrigen Tötung von A. Woolf. Lang lehnt dieses Angebot aufgrund von Nettigkeit ab. Prinzipientreue. Anstand. Eben ein Gentleman.«
    Ich trank einen Schluck Whisky, betrachtete das Diktaphon und fragte mich, ob ich diesen Monolog wohl
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