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Bockmist

Bockmist

Titel: Bockmist
Autoren: Laurie Hugh
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Tisch. Die Kassette war noch da.
    Als ich den Tee runterkippte, kam Solomon mit einem zweireihigen Blazer zurück, an dem zwei Knöpfe fehlten. Er hielt ihn mir hin wie ein Kammerdiener. Ich rührte mich nicht vom Fleck.
    »Ach, Master«, sagte er. »Nun seid doch nicht so störrisch. Erst wenn die Ernte in der Scheuer ist und die Maultiere ruhen.«
    »Ich will nur wissen, wohin wir fahren.«
    »Die Straße hinab, in einem großen funkelnden Auto. Es wird Euch gefallen. Und auf dem Nachhauseweg bekommt Ihr auch ein Eis.«
    Langsam erhob ich mich und zog den Blazer an.
    »David«, sagte ich.
    »Immer noch zu Diensten, Master.«
    »Was ist eigentlich los?«
    Er machte einen Schmollmund und runzelte leicht die Stirn. Geschmacklos, solche Fragen zu stellen. Ich ließ nicht locker.
    »Sitz’ ich in der Tinte?«, fragte ich.
    Sein Stirnrunzeln vertiefte sich, dann sah er ruhig und unverwandt zu mir auf.
    »Sieht so aus.«
    »Sieht so aus?«
    »In der Schublade da liegt ein dickes, dreißig Zentimeter langes Kabel. Die Lieblingswaffe des jungen Master.«
    »Und?«
    Er warf mir ein dünnes Höflichkeitslächeln zu.
    »Irgendwer sitzt in der Tinte.«
    »Krieg dich wieder ein, David«, sagte ich. »Das liegt da schon monatelang. Ich will seit ewigen Zeiten zwei Gegenstände verkabeln, die dicht nebeneinander stehen.«
    »Gewiß. Quittung von vorgestern. Noch in der Tüte.«
    Wir sahen uns geraume Zeit in die Augen.
    »Tut mir leid, Master«, sagte er. »Schwarze Kunst. Fahren wir.«
     
    Der Wagen war ein Rover, also war’s offiziell. Niemand fährt diese idiotischen Snobmobile mit ihren lächerlichen Holz-und Lederarmaturen, den schlecht verleimten Nähten und Spalten der Inneneinrichtung, wenn’s nicht unbedingt sein muß. Und nur für Regierungsangestellte und den Aufsichtsrat von Rover muß es unbedingt sein.
    Ich wollte Solomon nicht beim Fahren stören, weil er ein gespanntes Verhältnis zu Autos hatte und es nicht einmal mochte, wenn man das Radio einschaltete. Er trug Fahrhandschuhe, eine Fahrmütze, Fahrbrille und eine Fahrmiene, und er hielt das Lenkrad wie jeder andere Autofahrer in den ersten fünf Sekunden nach Bestehen der Führerscheinprüfung. Aber als wir am Wachwechsel der berittenen Garde vorbeischlichen und bestimmt schon vierzig Stundenkilometer draufhatten, dachte ich, ich riskier’s mal.
    »Nehme an, es gibt keine Möglichkeit zu erfahren, was ich verbrochen haben soll?«
    Solomon sog an den Zähnen, umklammerte das Lenkrad noch fester und mit verbissener Konzentration, weil er gerade mit einem besonders schwierigen, breiten und unbefahrenen Straßenabschnitt zu kämpfen hatte. Nachdem er Geschwindigkeit, Drehzahl, Benzin-und Ölstand, Temperatur, Uhrzeit und seinen Gurt (zweimal) geprüft hatte, entschied er, sich die Antwort leisten zu können.
    »Master«, sagte er durch zusammengebissene Zähne, »Ihr hättet edel, hilfreich und gut bleiben sollen. Wie Ihr es früher wart.«
    Wir bogen auf einen Hof hinter dem Verteidigungsministerium ein.
    »Bin ich das nicht mehr?«, fragte ich.
    »Volltreffer. Ein Parkplatz. Wir müssen gestorben und in den Himmel gekommen sein.«
     
    Trotz der großen Sicherheitshinweise, alle Einrichtungen des Verteidigungsministeriums befänden sich in Alarmstufe Atomversuch, ließen uns die Wachen am Tor durch, ohne mit der Wimper zu zucken.
    Mir ist aufgefallen, daß alle britischen Sicherheitsbeamten diese Angewohnheit haben; außer Sie arbeiten zufällig in dem von ihnen bewachten Gebäude, denn in dem Fall prüfen sie Sie von den Zahnfüllungen bis zu den Hosenaufschlägen, um sicherzugehen, daß Sie noch derselbe sind, der das Haus vor einer Viertelstunde verlassen hat, um sich ein Sandwich zu holen. Sobald Sie aber ein wildfremdes Gesicht haben, werden Sie durchgewinkt, denn es wäre, ehrlich gesagt, viel zu blamabel, Ihnen Schwierigkeiten zu machen.
    Wenn Sie ein Haus anständig bewacht haben wollen, sollten Sie Deutsche einstellen.
    Solomon und ich reisten drei Treppen hoch, ein halbes Dutzend Korridore entlang und mit zwei Liften; zwischendurch trug er meinen Namen in mehrere Listen ein, bis wir eine dunkelgrüne Tür mit der Kennzeichnung C188 erreichten. Solomon klopfte, und wir hörten eine Frauenstimme, die erst »Moment« und dann »Herein« rief.
    Die Wand des Zimmers war einen Meter weit weg. Zwischen Tür und Wand, in diesem unbeschreiblich engen Raum, saß eine junge Frau in einer zitronengelben Bluse an einem Schreibtisch mit Computer, Topfpflanze,
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