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Blutwurstblues. Ein Mick-Brisgau-Krimi: Der große Roman mit dem Team von Der letzte Bulle (German Edition)

Blutwurstblues. Ein Mick-Brisgau-Krimi: Der große Roman mit dem Team von Der letzte Bulle (German Edition)

Titel: Blutwurstblues. Ein Mick-Brisgau-Krimi: Der große Roman mit dem Team von Der letzte Bulle (German Edition)
Autoren: Stefan Scheich
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kräuselnde Stirn. All das erinnerte ihn an den Abend, an dem ihn Roswitha in diese Wagnerschmonzette ins Aalto geschleppt hatte. Beim Anblick von Brünnhilde hatte er sich damals an seine Frau gewandt und gesagt: »Guck ma, wenn die sauer is, sieht die genauso aus wie du.«
    Der Abend hatte kein gutes Ende genommen. Brünnhilde wurde von Wotan auf einen Felsen verdammt. Werner Schmigalle von Roswitha auf die Couch im Wohnzimmer. Es war also höchste Zeit, Schadensbegrenzung zu betreiben und in dem ganzen Knies mal wieder sachlich zu werden.
    »Wat ich mein, is nur, dat auf diesen Grill nix kommt, wat sich aus’m Ei gepellt hat.«
    In dem Moment tat es einen Schlag, der den Webergrill neben Schmigalle in seinen Grundfesten erschütterte. Werners erster Gedanke war, dass seine Frau Fakten geschaffen und die Putensteaks einfach auf den Grill geworfen hatte. Zu seiner Verwunderung schaute Roswitha aber genauso verdattert drein wie er. Dann wanderte ihr Blick zum Grill, auf dessen Rost eine tote weiße Taube lag.
    »Wat is dat denn für ’ne Sauerei?«, fragte Werner Schmigalle mehr sich selbst als seine Frau. Eine Antwort bekam er trotzdem.
    »Auf jeden Fall eine, die sich aus’m Ei gepellt hat!«, erwiderte Roswitha mit einer gewissen Genugtuung in der Stimme.
    Inzwischen machte sich ein beißender Geruch rund um den Grill bemerkbar. Einzelne Federn des Täubchens verkohlten bereits. Werner wollte die Taube vom Rost nehmen, verbrannte sich dabei aber die Pfoten. »Teufel! Verdammt!« Kurz entschlossen griff er zur Grillzange.
    »Bah! Bisse verrückt, Werner?! Wer weiß, was die für Krankheiten hat? Nachher hat die noch diese … diese … na, diesen Vogelschnuppen halt!«
    »Vogelschnuppen? Ich krieg gleich die Pimpanellen!«
    Werner bekam das Tier endlich zu fassen. Roswitha wich angewidert zurück, als er sich ihr mit der angekokelten Taube zuwandte.
    »Hol ’n Akopatz, mach ’n Rost sauber. Ich komm gleich wieder.«
    »Meinste, dat is eine von dem Albrecht seinen?«
    »Dem oder seinem Halbstarken. Aber jetzt is hier auch mal Schicht im Schacht!«
    Der Kies auf dem Weg, der durch die Schrebergartenanlage führte, spritzte unter Werner Schmigalles Stechschritt nur so nach rechts und links. Als er die Buchsbaumhecke von Parzelle 6 passierte, meldete sich Horst triumphierend zu Wort.
    »Wat sachse jetzt, Werner? Ausgleich!«
    Werner sagte überhaupt nichts, sondern winkte nur ab, musste dabei aber aufpassen, dass ihm die Taube nicht aus der Grillzange fiel. Der Weg bog nach links ab und endete dann unvermittelt vor einem schnurgerade verlaufenden Jägerzaun, der die Grenze der Kleingärtneranlage »Grüne Lunge Altenessen e. V.« markierte. Jenseits des Zauns lagen ausladende Gärten. Von den dazugehörigen kleinen Einfamilienhäusern im Weserberg waren fast nur die schwarzen Dachschindeln zu erkennen, da sie oben an der Straße lagen und das Gelände auf den gut einhundert Metern leicht anstieg. Früher waren in diesen Gärten Gemüse, Obst und Strauchbeeren angepflanzt worden. Seit es jedoch billiger und vor allem weniger mühselig war, das Grünzeug einfach im Supermarkt zu kaufen und Proben des Gesundheitsamts dem Boden eine erhebliche Schwermetallbelastung attestiert hatten, überließen die Anwohner des Weserbergs besonders den unteren Teil ihrer Gärten zunehmend sich selbst.
    So kam es, dass der Jägerzaun, vor dem Werner Schmigalle stand, so etwas wie eine magische Grenze zwischen zwei Reichen darstellte. Auf der einen Seite das Land der gekämmten Grashalme, penibel gepflegter Hecken und Gartenzwerge, auf der anderen Seite eine verwunschene Wildnis. Hier präsentierten sich hohes Gras und knorrige, seit Jahren unbeschnittene Obstbäume dem Auge. An anderer Stelle nutzte Efeu ein vor Urzeiten abgestelltes altes Damenrad als Rankhilfe. Was freundlich betrachtet gerade noch als »wild romantisch« durchgehen konnte, war in Werner Schmigalles Wahrnehmung nicht weniger als der Alptraum eines jeden Kleingärtners.
    »Albrecht! Albrecht, komm her!«, brüllte Schmigalle in Richtung Diaspora und winkte dabei mit der Taube in seiner Grillzange. »Albrecht!«, rief er ein weiteres Mal, bekam aber keine Antwort.
    »Thomas! Bist du da?!«
    Noch immer rührte sich nichts. Bis plötzlich eine Taube aus dem hohen Gras aufflatterte. Werner Schmigalle zuckte kurz zusammen, verfolgte dann aber den Flug der Taube. Ein weißer Pavillon, der etwas abseits auf dem Grundstück stand, geriet in sein Blickfeld. Die schnieke
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