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Blutwind

Blutwind

Titel: Blutwind
Autoren: Jakob Melander
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Bushangars und überwucherten Bauplätzen. Auf der anderen Seite des Hafens zeichnete sich das H .- C .-Ørsted-Kraftwerk gegen den tiefblauen Himmel ab. Lars bog auf den Lossepladsvej ab, dann fuhr er einen Feldweg hinaus aufs Amager Fælled. Nach Tokes schnarrenden Anweisungen übers Handy folgte er dem System der Feldwege.
    Hinter ihm wirbelten die Reifen Staubwolken auf. Vor ihm öffnete sich die schwarze Fläche des Sees, auf der anderen Seite wuchsen Büsche und Bäume. Am Ufer standen Polizisten in knallgelben Warnwesten. Nach einer Brücke parkte er hinter dem Kleinbus der Kriminaltechniker.
    »Okay, Toke, ich bin da.«
    Lars zog die Handbremse und drehte den Zündschlüssel um. Der Motor stotterte und starb. Einen Moment trommelte er mit den Fingern aufs Lenkrad, dann stieg er aus. Vor ihm beschrieb der Weg eine Linkskurve. Hinter der Reihe von Fahrzeugen ein dichtes Unterholz aus kleinen Bäumen und Büschen. Tokes helles, strubbeliges Haar tauchte aus dem Grün auf.
    Lars schlug die Wagentür zu und ging auf ihn zu.
    »Wie sieht’s aus?«
    »Besser, du schaust es dir selbst an.« Toke hob das Absperrband, ließ Lars darunter durchkriechen und ging durch das dichte Gebüsch auf das Seeufer zu. »Ach ja, willkommen zurück.« Toke bog einen Ast zur Seite, um Lars vorbeizulassen. »War’s … hattest du eine schöne Reise?« Lars antwortete nicht, und Toke fuhr fort, ohne seine Tonlage zu ändern: »Ein Naturführer hat sie gefunden. Er wollte sich mit einer 4. Klasse der Peder-Lykkes-Schule ein paar Tümpel ansehen. Er sitzt in einem der Wagen, wenn du mit ihm reden willst?«
    »An einem Samstag?«
    »Das ist der einzige Tag, an dem er Zeit für die Führungen hat.« Toke zuckte die Achseln.
    Lars brummte, wich einem Schlammloch aus.
    »Ist sie bewegt worden?«
    »Nein. Er sagt, er hätte nichts angefasst. So, da sind wir.«
    Das Wasser war voller Algen, still breitete es sich vor ihnen aus und stöhnte unter der Junisonne. Über ihnen schrie ein Kiebitz. Am Ufer herrschte hektische Aktivität. Allan Raben, der sehr leicht ins Schwitzen kam, untersuchte vornübergebeugt irgendetwas am Boden zwischen Gebüsch und Ufer. Ein paar uniformierte Beamte standen abseits und teilten sich Kaffee aus einer Thermoskanne. Drei Kriminaltechniker in weißen Overalls, Gesichtsmasken und Plastiküberschuhen sicherten Spuren. Frelsén stand im Teich, über einen länglichen, gelblich weißen Körper gebeugt, der aus dem Wasser ragte und halb am Ufer lag. Als Einziger trug er Gummistiefel. Seine goldgefasste Brille hing ihm auf der Nase, das Haar stand ihm vom Kopf ab. Einer der Techniker winkte Lars zu. Seine Zähne leuchteten in dem dunklen Gesicht.
    »Hej, Lars! Schön, dich wiederzusehen. Wir sind fast fertig, dann könnt ihr kommen.«
    »Okay, Bint.« Lars wandte sich an Toke. »Lass den Naturführer gehen. Sag ihm, es könnte sein, dass wir ihn später noch sprechen müssen. Wo ist diese … Bissen?«
    »Bissen?«
    »Sanne Bissen. Die Polizeiassistentin aus Kolding.«
    »Genau hier«, ertönte eine raue Frauenstimme hinter ihm. Das Jütländische war nicht so auffällig, wie er erwartet hatte.
    Lars drehte sich um. Hinter ihm stand eine hübsche blonde Frau und streckte die Hand aus. Er ergriff sie. Ein fester, trockener Händedruck. Sie war groß, beinahe schlaksig, ihr dichtes Haar fiel über Nacken und Ohren, sie hatte es sich aus dem Gesicht gekämmt, so dass man ihre lebendigen grauen Augen sah. Ein Meer aus Sommersprossen war über Nase und Wangen verstreut. Sie trug Jeans und viel zu große Gummistiefel.
    »Du musst Lars sein.« Sie lächelte. Lars versuchte, ihr Lächeln zu erwidern. Es ging überraschend gut.
    »Willkommen.« Dann deutete er mit einem Nicken in Richtung Leiche und sah sie an. Mal sehen, was sie draufhatte. »Kannst du mir einen schnellen Überblick geben?«
    Sanne schaute von Toke zu Frelsén, der durch das flache Wasser auf sie zuwatete. Der Rechtsmediziner zog im Gehen die Latexhandschuhe aus.
    »Ja, also …«
    »Nun lass doch das Mädchen in Ruhe.« Frelsén stopfte die Handschuhe in seine Gesäßtasche. »Ein interessanter Fall. Sie wurde konserviert. Die gleiche Methode, die bei Leichen angewandt wird, die für wissenschaftliche Zwecke zur Verfügung gestellt werden.«
    »Du meinst, wir haben es hier mit einer Art Störung der Totenruhe zu tun?« Sannes Wangen röteten sich.
    »Menschen, die ihren Körper der Wissenschaft vermachen, verlassen das Jammertal dieser Welt selten mit einer
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