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Bluttaufe - Vampirlegende

Bluttaufe - Vampirlegende

Titel: Bluttaufe - Vampirlegende
Autoren: Manfred Weinland
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Strudel geworden, der Makootemanes Verstand fortzutragen, mit sich zu reißen drohte...
    »Du brauchst dich wirklich nicht zu fürchten. Ich werde dich reich beschenken. Was glaubst du, warum ich dich sonst hier aufsuche?«
    Diese neuerliche Ansprache tropfte wie das brennende Harz eines Baumes in die Seele des Arapaho. Aber seltsamerweise brachte die Melodie des Versprechens Klarheit in seinen verwirrten Geist.
    Über sich sah er ein Gesicht auftauchen. Es leuchtete rötlich, und dennoch hatte Makootemane nicht einen Moment den Eindruck, es mit einem Mann seiner Art zu tun zu haben.
    Womit dann? Doch mit einem Schutzgeist? War dies nichts anderes als die ersehnte Vision, die zu erreichen er sich so gequält hatte?
    Etwas machte sich an dem Futteral, das vor Makootemanes Brust baumelte, zu schaffen.
    »Was ist das?«
    Der Arapaho spürte, wie sich sein Innerstes zusammenzog. Dennoch antwortete er bereitwillig. »Meine Nabelschnur.«
    Die nächsten Worte des wie von einer Aura umgebenen Gesichts klangen amüsiert. »Kannst du mir etwas über das Gefühl sagen, von einer Mutter geboren zu werden?«
    Makootemane lauschte der Frage nach, ohne ihren Sinn zu begreifen. »Nein...«
    »Warum also wird ein solches Aufhebens um die Geburt gemacht? Ihr verwahrt das Band, das euch von eurer Mutter nährte, wie eine Trophäe. Warum? – Ihr wisst es selbst nicht. Was für ein törichtes Brauchtum...«
    Der Arapaho war nun sicher, es mit keiner Vision zu tun zu haben – mit keinem Geist, der ihn in den Kriegerstand versetzen würde.
    Etwas Unbekanntes, Feindliches hatte ihn hier auf dem Berggipfel aufgespürt!
    Erneut versuchte er, auf die Beine zu kommen.
    Vergeblich. Ihm war, als drückte ihn zu seiner eigenen Schwäche noch etwas Unsichtbares nieder.
    Dieselbe Kraft zerrte kurz darauf an dem Riemen, der den Hirschlederbeutel hielt.
    »Nein...!«
    »Was willst du mit einer vertrockneten Nabelschnur?« lästerte die Erscheinung. »Ich habe etwas so viel Besseres für dich. Ich werde dich zu einem großen Krieger machen – dem größten, den dein Stamm je hervorbrachte!«
    Makootemane fühlte sich hin- und hergerissen zwischen seinen Gefühlen. Niemand hatte ihm erklärt, wie seine Vision beschaffen sein würde. Möglicherweise entsprach sein Erlebnis doch dem, worauf er gewartet und sich vorbereitet hatte. Dass es von einer unaussprechlichen Angst begleitet wurde, bedrückte Makootemane jedoch, und eine tiefe Traurigkeit machte sich in ihm breit.
    »Du schweigst?«
    »Ich weiß nicht, was ich... erwidern soll...«
    Leises Lachen klang auf. Selbstbewusster und überheblicher als alles, was der junge Arapaho je gehört hatte.
    »Es wird dir einfallen – nach unserer Begegnung. Und nun...«
    Die Nacht um Makootemane verwandelte sich. Die Augen seiner Ahnen erloschen – oder wurden von etwas Undurchdringlichem verhüllt.
    Der Arapaho spürte, wie sich sein Rückgrat ohne sein Zutun begradigte. Wie er sich aufrecht hinsetzte und sein Sträuben gegen das, was geschah, einstellte.
    Das umgebende Dunkel hatte sich blutrot verfärbt.
    »Trink«, sagte die Stimme. Und im selben Augenblick spürte Makootemane, wie etwas gegen seine Lippen stieß. Etwas von solcher Kälte, dass seine Haut daran kleben blieb.
    Dann griffen Finger in seinen Haarschopf und bogen ihm den Kopf zurück.
    Er ließ es geschehen. Bebend. Etwas quoll über seine Lippen, schwer und wie von eigenem Leben erfüllt. Es hielt sich nicht in seinem Munde auf, sondern suchte und fand den direkten Weg in seine Kehle und hinab in sein Gedärm. Wo es grässlich wütete, ihn geißelte und... sein Leben beendete.
     
     
     

2
     
    »Arapaho ana obahema
    haa ipai degi o ba ika...«
    (»O Sonne, du bist ewig,
    aber wir Arapaho müssen sterben...«)
     
    Als er zu sich kam, war es heller Tag. Die kupferfarbene Sonnenscheibe stand einen Handbreit über dem fernen Horizont und wärmte das Land.
    Wärmte Makootemane, der sich so gerädert fühlte, als hätten ihn die Mandan erwischt und ihrem o-kee-pa -Folterritual unterzogen.
    »Invnaina«, murmelte er, weil er sich in seines Vaters Nähe wünschte, bevor er gänzlich erwachte.
    Er erschrak. Gedanken huschten wie böse Geister durch seinen Schädel.
    Vor ihm lag die zerbrochene Lanze, und etwas weiter weg das kunstvoll verzierte Nabelschnurfutteral, das seine Mutter ihm geschenkt hatte. Neben farbigen Schnüren hingen auch Metallstücke daran, die in der Sonne glitzerten.
    Makootemane widerstand dem ersten Impuls, es aufzuheben.
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