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Bluttaufe - Vampirlegende

Bluttaufe - Vampirlegende

Titel: Bluttaufe - Vampirlegende
Autoren: Manfred Weinland
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die Tatsache, dass Wyandos Taufe gerade abgeschlossen war. Anders hätte der Bleiche sich kaum besänftigen lassen.
    Auch von seiner Begleiterin war keine Gnade zu erwarten. Sie war viel zu sehr mit sich selbst beschäftigt, um sich Gedanken über etwas zu machen, was in ihren Augen 'nur' ein Vogel war. Sie kämpfte gegen die Probleme, die ihr das völlige Verschwinden des Mondes offenbar bereitete. Immer wieder starrte sie kauernd zum Nachthimmel und reckte die Arme, als könnte sie seine Rückkehr damit beschleunigen.
    Makootemane hielt immer noch das blutgetränkte Tuch in seiner Faust, und ihm war, als spräche es zu ihm.
    Natürlich tat es das nicht wirklich. Dennoch wuchs sein Unbehagen durch diese Vorstellung.
    Wenn er wenigstens sicher hätte sagen können, warum er sich zu dieser Tat hatte hinreißen lassen. Das aber vermochte er nicht. Er war einfach einem Impuls gefolgt. Einem Wollen, das tiefer wurzelte als sein bewusstes Denken...
    Als sich der Hohe Geist bald nach der Rückkehr des Mondes mit der Wolfsfrau verabschiedete, barg Makootemanes Faust noch immer das im Purpur gewaschene schwarze Blut.
    Es war nicht viel. Es hätte kaum einen Behälter von der Größe einer Daumenkuppe gefüllt.
    Aber es war auch nicht für einen Arapaho bestimmt...
    ... sondern für sein geflügeltes Totem.
     
     
    Nachdem der Hohe Geist und seine Begleiterin dem Dorf den Rücken gekehrt hatten, zog Makootemane das Tuch hervor, das er heimlich mit Kelchblut getränkt hatte. Es schillerte so machtvoll, dass er sich plötzlich wieder klein und unbedeutend wie ein Sandkorn fühlte.
    Aber nur für einen einzigen Moment. Dann schweifte sein Blick zu den Kindern, die – wie er – den Tod besiegt hatten.
    Dank seines Blutes, das durch ihre Kehlen geronnen war.
    In den Augen dieser Kinder las Makootemane denselben Schmerz der Reife, der auch noch in ihm selbst rumorte, aber bald, sehr bald vergessen sein würde.
    Wortlos ließ er sie stehen und zog sich in sein Zelt zurück. Vater und Großvater waren tot. Nur seine Mutter lebte noch. Sie kauerte in einem Winkel.
    Makootemane beachtete sie nicht. Er hatte nur Augen für den stolzen Vogel, der hier auf ihn gewartet hatte, als könnte er ahnen, welches Geschenk Makootemane ihm machen wollte.
    Der Arapaho trat zu ihm und zeigte das nasse Tuch.
    Der Adler blieb ganz ruhig sitzen, hob den Kopf und öffnete den Schnabel.
    Für Makootemane war dies die endgültige Gewissheit, dass seine Vision – die Vision, die ihn im Moment der Mondverdunkelung ereilt hatte, wahrer und mächtiger war als die erste, mit der er auf dem Heiligen Berg konfrontiert worden war.
    Es war eine Vision vom Einklang mit der Natur, nicht vom berserkerhaften Unterdrücken der Schwächeren...
    Er legte das blutige Tuch in seine Hand zurück, ballte sie zur Faust und hob sie dicht über den Kopf seines Totemtieres.
    Dann presste er es so fest er konnte zusammen.
    Nach einer Weile tropfte es zäh und schwer unter seinen Fingern hervor – und in den Schnabel des Vogels, der im nächsten Moment zuckend, aber mit angelegten Flügeln in Makootemanes Arme fiel.
    Voller Vertrauen.
    Und mit dem Wissen, dass dies nicht das Ende war.
    Nicht lange danach fing das Herz unter dem Gefieder wieder an zu schlagen. Und mit seinem Erwachen rührte sich auch etwas in Makootemane; etwas, das die Verbindung zu seinem Totemtier vervollkommnete.
    Makootemane konnte spüren, wie der Geist des Tieres in dem seinen aufging. Wie sein Hass, seine Rach- und Geltungssucht, die der Hohe Geist als Ideale in ihn gepflanzt hatte, zurückgedrängt wurden.
    Mit dem Adler auf dem Arm verließ Makootemane das Zelt und kehrte zurück zu seinen Kindern. Von dieser Stunde an wich das Tier nicht mehr aus ihrem neuen Leben. Der Adler wurde zum Inbegriff dessen, was Makootemane in die reifenden Angehörigen seines Stammes pflanzte. Nicht die Schrecken, die der Hohe Geist ihnen als Ideal beschrieben hatte, sondern eine Alternative.
    Mit der Zeit fanden sie immer tieferen Kontakt zu dem Geist, der ihr lebendes Totem erfüllte.
    Die ungetauften Arapaho führten ein Leben Seite an Seite mit denen, die ihr Blut brauchten. Aber nie musste ein Stammesmitglied dafür sein Leben lassen, und wenn er an Krankheit, Verletzung oder Alter starb, schrieb ein Ritus vor, wie mit seiner Leiche zu verfahren war, damit sie sich nicht als seelenlose Dienerkreatur erheben konnte.
    Was auch immer die Arapaho vom Weg der Alten Rasse abgebracht hatte, es musste eine Kraft sein, die
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