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Blutsverwandt: Kriminalroman (German Edition)

Blutsverwandt: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Blutsverwandt: Kriminalroman (German Edition)
Autoren: Michele Giuttari
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Entfernung entdeckte er eine geteerte Bergstraße, die sich nach einer Kurve seinem Blick entzog.
    Er schlich hinaus und ließ sich vorsichtig einen dicht mit Büschen und Steineichen bewachsenen Hang hinab.
    Innerhalb weniger Augenblicke war er verschwunden, von der Vegetation verschluckt.

    Als Ferrara in der DIA eintraf, war der Colonnello bereits in seinem Büro.
    Er las gerade den Zeitungsartikel.
    »Guten Morgen«, sagte Ferrara ernst.
    »Guten Morgen, Dottore. Hier steht …«
    »Ich weiß, ich habe das schon im Hotel gesehen und versucht, Sie auf Ihrem Handy anzurufen. Was halten Sie davon, Colonnello?«
    In diesem Moment stieß Stefano Carracci zu ihnen, den sie seit dem Einsatz auf dem Gutshof nicht mehr gesehen hatten. »Guten Morgen!«, grüßte er schneidig.
    Sieh an, wen haben wir denn da − er ist also wieder auferstanden!, dachte Trimarchi.
    »Guten Morgen, Dottor Carracci. Wissen Sie schon über den Artikel Bescheid?«, fragte er laut.
    »Welchen Artikel?«
    »Den hier.« Er reichte ihm die Zeitung.
    »Also, Colonnello, was sagen Sie dazu?«, fragte Ferrara erneut, jetzt in autoritärem Ton, während Carracci, neugierig geworden, zu lesen begann.
    Spannung lag in der Luft.
    »Es ist klar, dass es irgendwo eine undichte Stelle gibt«, antwortete Trimarchi langsam. Als Ferrara ihn weiter unverwandt ansah, fügte er hinzu: »Ich schließe aus, dass es einer meiner Leute ist.«
    »Ich will niemanden beschuldigen, Colonnello, aber es ist nicht zu bestreiten, dass nur wenige Personen von der Anwesenheit der Amerikaner wussten.«
    »Aber bei der Besprechung im Kommissariat haben alle die Kollegen gesehen. Sie wurden sogar vorgestellt«, erwiderte Trimarchi.
    Ferrara schüttelte ungehalten den Kopf. »Ich weiß, dass es schwierig, wenn nicht gar unmöglich ist, die Quelle zu entlarven.«
    Der Colonnello nickte.
    »Dieses Durchsickern von Nachrichten lässt uns nicht nur bei den amerikanischen Kollegen in einem schlechten Licht erscheinen, sondern könnte auch dem Fortgang der Ermittlungen schaden«, fuhr Ferrara fort. »Falls derjenige, der die Informationen weitergegeben hat, auch von der Bereitschaft Alfredo Prestipinos weiß, mit uns zusammenzuarbeiten, könnte er weiteren Schaden verursachen. Möglicherweise irreparablen.«
    »Über seine Kollaboration wissen nur wir von der DIA Bescheid«, sagte Trimarchi. »Und die Tatsache, dass davon in dem Artikel nicht die Rede ist, ist für mich Grund genug, meine Mitarbeiter auszuschließen.«
    Ferrara schüttelte erneut den Kopf und dachte, dass außer ihnen auch Angela Fedeli Bescheid wusste. Der Schaden war vielleicht schon angerichtet.
    »Leiten Sie trotzdem eine interne Untersuchung ein«, ordnete er an.
    »Selbstverständlich. Jetzt fahre ich aber zuerst einmal nach San Piero d’Aspromonte.«
    Carracci war immer noch in die Zeitung vertieft.

New York
    Das Telefon neben dem Bett klingelte um 3.05 Uhr.
    Beim vierten Klingeln nahm Luigi Cannizzaro ab und meldete sich schläfrig.
    »Ja?«
    »Gigi, hab ich dich geweckt?«, fragte jemand auf Italienisch.
    »Macht nichts. Was ist?«
    Er hatte einen Verwandten, der aus Italien anrief, an der Stimme erkannt.
    »Ich soll dir ausrichten, du weißt schon, von wem …«
    »Ja?«
    »Dass dein Cousin Al – du verstehst? – ein canarino geworden ist.«
    »Waaas?«
    »So ist es.«
    »Oh Mann.«
    »Noch eine andere Sache …«
    »Sag schon.«
    »In der Gazzetta von heute steht, dass hier Typen sind von dort, wo du bist.«
    »Wer?«
    »F … B …«
    »Verstehe!«
    »Das ist alles. Sie haben viele geschluckt.«
    »Okay.«
    »Hüte dich vorm großen Tor. Ciao.«
    »Ciao.«
    Luigi Cannizzaro knallte wütend den Hörer auf. Er wusste, was Canarino bedeutete. In der Sprache der ’Ndrangheta bezeichnete der Ausdruck einen Spitzel oder Polizeiinformanten. Einen, der »sang« und Verbrechen gestand. »Geschluckt« war das Jargonwort für »verhaftet«, und das »große Tor« war das Gefängnis.
    Cannizzaro stand auf. Er musste weg, ehe es zu spät war.
    Jede Minute zählte.

    »Schuh-hu«, stieg der bitonale Ruf eines Vogels in den Himmel auf.
    Diego öffnete die Augen und fand sich, die Lippen starr vor Kälte, auf einem Grasteppich liegend wieder, unter einer Eiche, die ein Blitz irgendwann einmal gespalten hatte. Er hatte mehrere Stunden lang geschlafen. Jetzt hatte er Durst, Hunger, Kopfschmerzen, Bauchschmerzen … Seine bleichen Finger waren starr wie Eisenstäbe. Vergeblich versuchte er aufzustehen. Er hob den
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