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Blutstern

Blutstern

Titel: Blutstern
Autoren: Dieter Woelm
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Armen bildete, die noch stärker wurde, als die schwarz maskierte Lady um die Bahre herum ging und ihn genauestens betrachtete.
    Â»Sieht eigentlich gut aus«, sagte sie, »warum sie ihn wohl loswerden wollen?«
    Sie strich ihm mit ihren weißen Seidenhandschuhen über die Wange und lächelte. »Eigentlich schade«, sagte sie, »doch sie haben gut bezahlt, also müssen wir den Auftrag erledigen.«
    Er fragte sich, um welchen Auftrag es ging, hatte Angst, panische Angst. Loswerden wollten sie ihn. Aber wer waren ›sie‹? Vor zwei Wochen war seine Mutter im Pompejanum ermordet worden. War jetzt er dran?
    Â»Wir werden ihm noch ein paar schöne Stunden bereiten«, sagte die Lady. »Sterben kann schön sein, wenn man es richtig ausführt.«
    Er begann zu zittern und sie genoss es offensichtlich. Er wunderte sich, dass sie hier den Ton angab, doch als er die beiden Kapuzenmänner unterwürfig ein Stück abseits stehen sah, wusste er, dass hier nur sie etwas zu sagen hatte.
    Â»Du brauchst keine Angst zu haben, es wird nicht schlimm für dich sein. Wir beherrschen unser Handwerk.«
    Das tröstete ihn wenig. Er dachte an Sabine, verabschiedete sich in Gedanken von ihr, dachte an seine Mutter, die ihn alleine groß gezogen hatte. Seinen Vater hatte er nie gekannt, der hatte sich aus dem Staub gemacht. Oh Herr, bitte hilf mir, betete er in der Stille.
    Â»Er ist bestimmt ein Genießer, so wie er aussieht«, sagte die maskierte Lady. »Wir werden ihm einen guten Tropfen servieren. Los, nehmt ihm den Knebel raus.«
    Die beiden Männer, welche respektvoll Abstand gehalten hatten, gehorchten und traten an die Bahre.
    Â»Hilfe«, schrie er sofort aus Leibeskräften. »Hilfe, Hilfe, Hilfe … «
    Allerdings kam keine Hilfe. Stattdessen zog seine Peinigerin eine Lederpeitsche aus ihrem rechten Stiefelschaft und peitschte auf ihn ein, genau dorthin, wo es am meisten schmerzte.
    Â»Wirst du wohl aufhören zu schreien«, sagte sie leise. »Es hört dich hier niemand. Wenn du weiter plärrst, schlagen wir dich grausam mit der Peitsche tot. Also nimm dich zusammen. Wir werden es bestimmt richtig machen.«
    Was konnte man da richtig machen? Wie es aussah, wollten sie ihn töten. Da konnte man nichts ›richtig‹ machen!
    Â»Man kann sehr grausam sterben«, sagte sie, als ob sie seine Gedanken gelesen hätte. »Manche verfaulen bei lebendigem Leib, andere ersticken jämmerlich, aber du hast Glück, unsere Auftraggeber haben nicht gespart, haben für dich einen schönen Tod bestellt. Das ist natürlich nicht billig, dafür angenehm. Du solltest es genießen, mein Lieber, statt hier blöde rumzuschreien.«
    Sie strich mit der Peitsche über seinen Hals, über seine Brust. Er wurde ganz still und sagte nichts mehr.
    Â»Hast du noch einen besonderen Wunsch?«, fragte sie.
    Â»Einen besonderen Wunsch?«
    Â»Ja, einen besonderen Wunsch. Willst du einen letzten Abschiedsgruß übermitteln, jemand um Verzeihung bitten, ein Geheimnis verraten … ?«
    Er begann fieberhaft nachzudenken. Klar, Sabine hätte er gerne eine Nachricht zukommen lassen, allerdings müsste er dann ihre Adresse preisgeben, und womöglich …
    Â»Nein, ich will leben, sonst habe ich keine Wünsche«, sagte er.
    Â»Das ist das Einzige, was wir nicht erfüllen können. Unsere Auftraggeber haben einen letzten Wunsch für dich mitgebucht, wenn du ihn nicht beanspruchen willst, verfällt er eben.«
    Sie strich ihm mit der Peitsche über die Fußsohlen und er merkte, wie es kitzelte.
    Noch lebe ich, dachte er. Noch will ich kämpfen.
    Â»Kann ich mich freikaufen? Ich bezahle mehr als eure Auftraggeber.«
    Sie lächelte. »Das kannst du nicht.«
    Â»Warum nicht?«
    Â»Sie haben sehr viel bezahlt.«
    Â»Aber wenn ich mehr bezahle?«
    Â»Das kannst du nicht. Wir sind seriöse Partner.« Sie lächelte und strich ihm mit der Peitsche über die Beine.
    Â»Ich kann Geld aufnehmen, ich habe eine reiche Freundin, ich kriege das Geld irgendwie zusammen«, stammelte er und wand sich auf der Bahre.
    Sie genoss ihre Macht über ihn. »Tut mir leid«, sagte sie, »das ist nicht vorgesehen. Ich muss mich an die Regeln halten.«
    Der harte Holztisch drückte ihn am Rücken, sein linkes Bein war inzwischen durch die Fesselung eingeschlafen, sein rechtes Auge zuckte
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