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Blutstern

Blutstern

Titel: Blutstern
Autoren: Dieter Woelm
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geschnitten, ihre hübschen schlanken Füße steckten in weißen Riemchensandalen und ein eng anliegendes, hellblaues Sommerkleid betonte ihre gute Figur.
    Â»Für Wanderungen bin ich aber nicht angezogen.«
    Â»Keine Angst, ich sprach von einer Fahrt ins Blaue«, lachte er, »und ein paar Schritte wirst du ja gehen können.«
    Ilona stellte ihre Handtasche in den Fußraum des Fahrzeuges und setzte sich auf den lederbezogenen Beifahrersitz. Noch nie hatte sie in einem solchen Auto gesessen. Der Mercedes-Stern in der Mitte des Lenkrades strahlte Eleganz aus, die Tachoanzeige reichte bis 240 und in der Mittelkonsole war eine Radio-Kassetten-Kombination installiert, die sicher nicht billig gewesen war. Sie verließen das Stadtzentrum von Aschaffenburg und nahmen die Landstraße in Richtung Elsenfeld. Es war 11 Uhr und die Maisonne stand hoch am Himmel. Rechts glitten Obstbaumwiesen vorbei, er schaltete das Radio ein, Roggen und Maisfelder wechselten sich ab, Barbara Streisand sang ›Woman in love‹, sie erreichten Sulzbach und er wurde gesprächiger.
    Â»Alles unsere Konkurrenten«, sagte er, als im Ort verschiedene Schilder auf Kleiderfabriken hinwiesen. »Sulzbach und Leidersbach sind voll von ihnen.«
    Ilona wusste, dass seine Familie eine Aschaffenburger Kleiderfabrik besaß, aber es war ihr eigentlich egal. Er hätte ihr auch ohne großes Auto und Fabrik gefallen.
    Â»Ist sicher nicht einfach mit der Konkurrenz«, sagte sie, um auf ihn einzugehen.
    Â»Nein, bei Gott nicht, oder besser: beim Teufel nicht! Sie können einem das Leben ganz schön schwer machen. Und die Billig-Konkurrenz aus Fernost wird immer schlimmer.«
    Spitzgiebelige Fachwerkhäuser säumten die Straße. Nach dem Ortsausgang schimmerte der Main zwischen den mächtigen Weiden hindurch, die an seinem Ufer wuchsen. Er legte seine rechte Hand auf ihren Oberschenkel, bewegte seine Finger zärtlich hin und her. Roland Kaiser sang ›Santa Maria‹ und er lächelte still in sich hinein. Da der Mercedes über eine Automatik-Schaltung verfügte, konnte er locker mit einer Hand fahren. Ilona genoss seine Zärtlichkeiten, obwohl es ihr ein wenig schnell ging, aber sie wollte ihn nicht vor den Kopf stoßen, sondern ließ ihn gewähren.
    Â»Ist das herrlich hier«, seufzte sie.
    Er schien ihren Seufzer missverstanden zu haben und glitt sofort mit seiner Hand noch weiter nach oben.
    Â»Nein, bitte nicht, wir kennen uns erst drei Tage«, wehrte sie sich. Er zog die Hand ein Stück zurück, beließ sie aber auf ihrem Oberschenkel.
    Â»Genieß den Tag einfach«, sagte er. »Wir sollten uns nicht von den Konventionen ausbremsen lassen. Mach dir nicht so viele Gedanken.«
    Peter Maffay löste Roland Kaiser mit ݆ber sieben Brücken musst du gehen‹ ab. Sie querten den Main über die alte Mainbrücke mit ihrem auffälligen Brückenturm. Miltenberg lag vor ihnen und sie steuerten einen Parkplatz direkt am Ufer des Flusses an.
    Â»Hier machen wir Mittagsrast. Ist das okay?«
    Â»Ja, gern. Ich war lange nicht mehr in Miltenberg.«
    Â»Wir gehen zuerst auf die Burg«, schlug er vor.
    An alten Gärten vorbei, ein Stück durch den Wald, erreichten sie bald die Mildenburg. Ein herrlicher Blick über Stadt und Main belohnte sie, nachdem sie den alten Bergfried bestiegen hatten, den ältesten Teil der Burg.
    Â»Der Turm stammt aus dem 13. Jahrhundert«, sagte er und zog Ilona zu sich heran. Sein Gesicht kam näher, sie sah seine dunkelbraunen Augen, sein Lächeln, wusste was er wollte und wehrte sich nicht.
    Â»Ein Glück, dass ich dich in der Eisdiele getroffen habe«, flüsterte er.
    Sein Mund kam näher, sie spürte seine Lippen, sie war glücklich und fühlte dieses Kribbeln im Bauch, das man angeblich hatte, wenn man verliebt war.
    Â»Komm, ich lade dich in den Riesen ein. Du hast sicher Hunger.«
    Arm in Arm stiegen sie den Burgberg hinab, bummelten vom Marktplatz durch die Hauptstraße von Miltenberg, vorbei an Souvenirläden und Cafés, bis zum Gasthof Riesen.
    Â»Wollen wir uns draußen setzen?«
    Â»Ja, gern, wenn du möchtest … «
    Â»Klar, so sitzen wir fast auf dem Hexenplatz. Das passt zu uns.«
    Ilona verstand nicht, was er damit meinte. »Du willst wohl nicht sagen, dass ich eine Hexe bin?«, lachte sie.
    Â»Doch, gewiss, du bist meine kleine Hexe.
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