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Blutspur des Todes

Blutspur des Todes

Titel: Blutspur des Todes
Autoren: Alex Kava
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doch Richey trug einen stahlblauen Anzug, ein tadellos gebügeltes weißes Hemd und eine rotblaue Krawatte. Der aalglatte Politiker sah nun ganz und gar nicht aus wie die blutrünstige Bestie, als die sie ihn hatte vorführen wollen. Und er wirkte nicht im Mindesten beunruhigt angesichts der gegen ihn erhobenen Anschuldigungen. Er saß mit arrogantem Gesichtsausdruck da, und Grace fürchtete, dass er über sein Netzwerk politischer Kontakte bereits für den richtigen Ausgang des Verfahrens gesorgt hatte. Richter Fielding war bekannt dafür, den inneren Kreis der Macht zu schützen. Aber konnte er das auch vor Publikum tun und unter den wachsamen Augen der Medien?
    Grace spürte, wie die Seidenbluse unter ihrem Jackett an ihrem Körper klebte. Mit einem prüfenden Blick vergewisserte sie sich, dass es keineswegs so schlimm aussah, wie es sich anfühlte. Was für ein Tag auch, um Seide zu tragen. Die Bluse war ein Geburtstagsgeschenk ihrer Großmutter Wenny, die sie seit ihrem sechsten Lebensjahr in Pink zu kleiden versuchte.
    Obwohl Wenny ihr versichert hatte, die Bluse sei purpurrot.
    Ihr deutscher Akzent hatte den Namen der Farbe nach etwas Erotischem, leicht Anrüchigem klingen lassen. Grace musste schmunzeln, als sie sich daran erinnerte.
    Sie beobachtete Richter Fielding und suchte nach irgendeinem Hinweis, der darauf hindeuten mochte, dass es endlich weiterging. Doch Fielding blätterte weiter und setzte seine Lektüre in aller Ruhe fort, wobei er mit dem Zeigefinger unter den Zeilen entlangfuhr. Herrgott noch mal, dies war doch nur die Anhörung zur Festsetzung der Kaution! Bei diesem Tempo mochte sie sich gar nicht vorstellen, wie lange sich der Prozess hinschleppen würde.
    Durch leichtes Massieren mit den Fingern versuchte sie die Verspannung zu lindern, die sie im Genick spürte. Das dreitägige Wochenende war zu kurz gewesen. Ihr Mann Vince hatte die Meinung vertreten, es sei kein Problem, eine Weile mit den gestapelten Kisten zu leben, doch er hatte gut reden.
    Morgen früh flog er in die Schweiz. Ein neuer Kunde hatte darauf bestanden, seinen amerikanischen Repräsentanten persönlich kennen zu lernen. Sie würde mit Emily also allein in dem Chaos zurückbleiben. Die unausgepackten Umzugskartons waren allerdings nicht der einzige Grund für ihre Verspannung.
    Sie liebte ihr neues Zuhause, obwohl das Haus alles andere als neu war. Die viktorianische Villa war über hundert Jahre alt und groß genug, dass auch ihre Großmutter Wenny Platz bei ihnen finden konnte. Die Renovierung war ein reiner Albtraum gewesen. Horden von Handwerkern waren durch das Haus getrampelt und hatten dort, wo einmal Wände waren, Löcher, Dreck und Sägespäne hinterlassen.
    Doch das war noch gar nichts verglichen mit dem, was ihr noch bevorstand. Denn jetzt galt es, ihre Großmutter davon zu überzeugen, dass es besser sei, bei ihnen einzuziehen. Sechzig Jahre hatte Wenny in ihrem kleinen, zugigen und von Mäusen zernagten Haus im Süden Omahas gelebt und dort ihre Kinder und dann ihre Enkelin großgezogen. Die wiederum sah es nun als ihre Pflicht an, sich um die störrische alte Dame zu kümmern.
    »Miss Wenninghoff!« bellte Richter Fielding und unterbrach Grace in ihren Gedanken.
    »Ja, Euer Ehren.« Sie erhob sich und widerstand dem Drang, sich über die feuchte Stirn zu wischen.
    »Bitte fahren Sie fort«, sagte er in einem Ton, als habe sie die Unterbrechung verschuldet und halte das Verfahren unnötig auf.
    »Wie ich bereits ausgeführt habe, und wie Sie auch dem Haftbefehl entnehmen können, wurde Mr. Richey am Flughafen Eppley festgenommen. Es besteht akute Fluchtgefahr, weshalb eine Freilassung gegen Kaution meines Erachtens nach nicht in Betracht kommt.«
    »Euer Ehren, das ist lächerlich.« Warren Penn unterstrich das letzte Wort mit einer theatralischen Geste. Dann stand er auf und trat vor den Tisch der Verteidigung, als benötige er für seine Erklärung zusätzlichen Raum. Grace war sich allerdings sicher, dass sein Auftritt allein dem Zweck diente, sie zu überragen.
    »Mr. Richey ist Geschäftsmann«, fuhr er mit einer ausholenden Armbewegung fort. »Er wollte nicht mehr, als lediglich eine Geschäftsreise anzutreten, die schon vor Monaten vereinbart worden ist. Zum Beweis dafür habe ich hier seinen Terminkalender und die Auflistung seiner Telefongespräche.« Er deutete auf einen Stapel Unterlagen auf seinem Tisch, machte jedoch keinerlei Anstalten, sie dem Richter vorzulegen. »Jonathon Richey ist nicht nur
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