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Blutspiele

Blutspiele

Titel: Blutspiele
Autoren: Iris Johansen
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die Anlage überprüfen und sicherstellen, dass das nicht noch einmal passiert.« Sie schwieg einen Moment. »Montalvo hat angerufen. Seine Detektive haben einen Kreditkartenbeleg von Kevin Jelak entdeckt, in einer Stadt jenseits der Grenze zu Alabama.«
    »Montalvo lässt auch nichts anbrennen«, bemerkte Joe in sarkastischem Tonfall. »Kistle ist kaum tot, und schon gibt er sich alle Mühe, dich weiterhin auf der Jagd zu halten.«
    »Montalvo würde keine Beweise fälschen«, sagte sie. »Es ist nur ein seltsamer Zufall, dass Jelak plötzlich auftaucht.«
    »Ich glaube nicht an Zufälle.« Er bog am Kellogg Creek ab. »Ich kümmer mich mal um diese Kevin-Jelak-Spur.« Er machte eine nachdenkliche Pause. »Heute Morgen war ich etwas kurz angebunden. Tut mir leid. Ich fürchte, mir gehen die Nerven ein bisschen durch.«
    »Nicht nur ein bisschen. Willst du mir erzählen, warum?«
    Er überhörte die Frage, denn er würde ihr auf keinen Fall sagen, was sie wissen wollte. »Ruf mich an, wenn es weitere Probleme gibt.«
    »Hoffentlich nicht«, gab Eve trocken zurück. »Für diesen Tag reicht es mir. Es ist gerade mal acht Uhr morgens.« Sie legte auf.
    Ja, der Tag hatte mit einem Knaller begonnen und war entsprechend weitergegangen. Von dem Moment an, als er um fünf Uhr früh aufgestanden und Kaffee aufgesetzt hatte, um zu warten, bis Eve und Jane vom Flughafen kamen. Die Erinnerung an das, was dann geschehen war, stieg immer wieder in ihm auf. Er musste sich alle Mühe geben, gelassen und ruhig zu bleiben.
    Alles war wie immer gewesen, bis er auf die Veranda trat. Er hatte auf den See hinausgeblickt und an Eve gedacht.
     
    Sehen.
    Hören.
    Öffnen.
    Was zum Teufel war das?
    »Hallo, Joe. «
    Er fuhr herum und blickte auf die Verandaschaukel.
    Dort saß mit angezogenen Knien ein kleines Mädchen. »Ich wollte schon so oft kommen, um dich kennenzulernen, aber es ging nicht. Ich bin so froh, dass ich es jetzt kann. «
    Im dämmrigen Licht auf der Veranda war sie nur schemenhaft zu erkennen, aber sie konnte nicht älter als sieben oder acht sein. Das nächste Haus war meilenweit entfernt. Wie war sie hierhergekommen?
    »Wer bist du?« , fragte er. »Was machst du hier? Wo ist deine Familie?«
    »Sie kommt bald. Aber du bist auch meine Familie, Joe. Du hast mich so lange ausgeschlossen, aber jetzt ist etwas … passiert. Jetzt bist du offen für mich. «
    Sehen. Hören. Öffnen.
    »Ja, das stimmt, Joe. «
    »Nein, das stimmt nicht. Das ist Unsinn. Du solltest heimgehen. Deine Eltern machen sich bestimmt schon Sorgen. «
    Sie schüttelte den Kopf. »Du weißt, dass es nicht so ist. Du weißt, wer ich bin. «
    »Verdammt, das weiß ich nicht! « Die Strahlen der Morgensonne ließen die Dunkelheit um die Verandaschaukel zurückweichen und die roten Locken und das kleine Gesicht des Mädchens leuchten. Er konnte den Blick nicht von ihr abwenden. Das war verrückt. Und dennoch kam er sich gar nicht verrückt vor. Er empfand ein ganz merkwürdiges Gefühl von … Frieden. »Wer bist du?«
    »Es wird alles gut werden, Joe. Das verspreche ich dir. «
    »Wer bist du?«
    Inzwischen wurde sie vom Sonnenlicht umgeben wie zuvor von der Dunkelheit, und das Bugs-Bunny-T-Shirt, das sie trug, war gut zu erkennen.
    »Aber Joe. « Ihr strahlendes Lächeln berührte ihn, umfasste ihn, umhüllte ihn mit Liebe. »Ich bin Bonnie. «
     
    Wahnsinn.
    Das friedliche Gefühl war augenblicklich verschwunden, er hatte sich umgedreht und war voller Panik die Stufen der Veranda hinuntergerannt.
    Das geschah nicht wirklich. Das war eine Halluzination. Es war verrückt, und es gab keinen Grund für dieses friedliche … Sein Herz raste. Warum hatte er Angst? Doch nicht vor dem kleinen Mädchen auf der Schaukel. Sie war nicht real.
    Geisteskrankheit. Er hatte entsetzliche Angst vor einem Nervenzusammenbruch, und darum geriet er so in Panik. Er hatte Realität und Phantasie immer so sicher unterscheiden können. Das war das Fundament seiner Persönlichkeit, und nun begann diese Basis zu wackeln, zu bröseln.
    Er zwang sich zu einem Blick nach hinten auf die Schaukel. Kein kleines Mädchen mit strahlendem Lächeln. Seine Anspannung ließ etwas nach. Er war noch immer erschüttert und erschrocken, aber die erste Panik war weg. Er hatte es doch gewusst, es war nur eine momentane Verwirrung gewesen, die nicht wiederkehren würde.
    Dessen war er sich auch jetzt noch sicher, während er auf den Allatoona-See zufuhr. Das war kein geisterhafter Besuch von Eves
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