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Blutspiele

Blutspiele

Titel: Blutspiele
Autoren: Iris Johansen
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hatte Eve sich auf die Suche nach dem wirklichen Täter gemacht.
    All das hatte Joe gemeinsam mit ihr durchgestanden, er hatte sie stets unterstützt und geliebt. Erst als FBI-Agent, dann bei der Polizei von Atlanta, aber immer ganz nah an ihrer Seite. Er hatte sie aus den Tiefen der Depression gezogen, hatte sie ermutigt, als sie beschloss, eine Ausbildung zur forensischen Gesichtsrekonstrukteurin zu machen. Sie wollte bei der Lösung der Fälle anderer verschwundener Kinder helfen, um den Eltern einen inneren Abschluss zu ermöglichen. Immer war er ihr Geliebter, ihr Freund, ihr Beschützer gewesen.
    Bis er im letzten Jahr der ständigen Bedrohungen gegen Eve allmählich überdrüssig wurde. Der Angriff von Henry Kistle war vielleicht der letzte Tropfen gewesen, der das Fass zum Überlaufen brachte.
    Nicht darüber nachgrübeln. Lieber an das bevorstehende Wiedersehen mit Jane denken und daran, dass Joe sie noch nicht verlassen hatte. Als sie heute Morgen aufbrach, war er guter Dinge gewesen. Vielleicht konnte sie eine Lösung finden für –
    Ihr Handy klingelte. Jane.
    »Ich bin schon unterwegs«, sagte Eve. »Ist dein Flieger früher gelandet? Ich dachte, ich hätte noch eine halbe Stunde.«
    »Du hast möglicherweise noch viel länger Zeit«, antwortete Jane. »Ich rufe aus Charlotte, North Carolina, an. Mein Flugzeug hatte ein technisches Problem und musste hier landen. Sie versuchen uns auf einem anderen Flug unterzubringen. Es sieht so aus, als würden wir uns um zwei oder drei Stunden verspäten.«
    »Mist. Na ja, ich werde trotzdem hinfahren und auf dich warten.«
    »Das wirst du nicht tun. Fahr nach Hause. Ich ruf dich an, sobald ich ins Flugzeug steige.«
    Eve überlegte. »Du hast wahrscheinlich recht. Dann komme ich immer noch früh genug, um dich am Gepäckband zu treffen.«
    »Tut mir leid, ich wollte dir keine Mühe machen. Ich kann mir vorstellen, wie erschöpft du sein musst. Mein Besuch fängt nicht besonders gut an.«
    »Es ist immer gut, wenn du kommst.«
    »Ist Joe bei dir?«
    »Nein, ich habe ihn schlafen lassen. Er war noch müder als ich. Letzte Nacht war er auf der Dienststelle, um die Namen der Kinder herauszufinden, die wir im Sumpf entdeckt haben.«
    Jane schwieg einen Augenblick. »Aber deine Bonnie war nicht dabei?«
    »Nein.« Bei dieser schmerzhaften Erkenntnis versagte Eve die Stimme. »Mein Gott, Jane, ich habe so darum gebetet, sie endlich zu finden.«
    »Ich weiß. Darum bin ich ja auch gleich in den Flieger gesprungen, um nach Hause zu kommen. Natürlich hast du Joe, aber ich wollte bei dir sein.«
    »Ja, ich habe Joe.« Sie musste das Telefongespräch beenden, um sich wieder in den Griff zu bekommen. Jane konnte ihre Gedanken lesen. »Und ich bin überglücklich, dass du kommst. Ruf mich an.« Sie legte auf.
    Hoffentlich hatte sie Joe wirklich noch. Mein Gott, wie leer wäre das Leben ohne ihn. Es hätte keine Struktur und keine Substanz, es wäre so kalt wie dieser Mond, der auf sie herabschien.
    Schon wieder diese Kälte. Sie konnte ihr nicht entkommen.
    An der Ausfahrt verließ sie die Autobahn und kehrte um. Nach Hause, zum Cottage und zu Joe. Sie würde ihn umarmen und seine Kraft in sie strömen lassen. Dann würde die Kälte vielleicht allmählich verschwinden.
     
    Als sie sich dem Haus näherte, sah sie, dass Licht in der Küche brannte. Offenbar hatte Joe doch nicht mehr einschlafen können. Vielleicht trank er Kaffee und wartete auf sie und Jane.
    Aber in der Küche war er nicht, obwohl die Kaffeemaschine angeschaltet war. Tassen, Untertassen und Milchkännchen standen bereits auf dem Tisch. Er war auch nicht im Schlafzimmer.
    Was um Himmels willen war passiert?
    Da hörte sie ihn auf den Stufen der Veranda.
    Im nächsten Moment betrat er das Haus. Er trug seinen braunen Bademantel und Hausschuhe, und sein Haar war zerzaust. Den Bademantel hatte sie ihm letztes Jahr zu Weihnachten geschenkt, weil sie Braun so an ihm mochte. Es ließ sein dunkles Haar fast karamellfarben erscheinen und seine Augen schimmern wie schwarzer Tee. Die meisten Menschen bemerkten nur, welche Härte er ausstrahlte, und die war auch jetzt deutlich spürbar. Aber die kräftige Farbe ließ ihn sanfter wirken.
    Eve lächelte. »Wo warst du? Ich habe mir schon Sorgen gemacht, dir könnte etwas zugestoßen sein. Nachdem ich gesehen habe, dass der Kaffee –« Sie unterbrach sich und sah ihn mit großen Augen an. »Was ist passiert?«
    »Nichts«, erwiderte er kurz angebunden. »Ich war im Wald
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