Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Blutschwestern

Blutschwestern

Titel: Blutschwestern
Autoren: Aufbau
Vom Netzwerk:
will ich euch sagen, Mädchen: Die Worte der Greife sind wie flüssiges Silber. Sie schmeicheln und tun wohl. Doch merkt euch,
     dass alles, was er tut, nur einen Sinn für ihn hat. Er will seine Brut vermehren.«
    Nona und die anderen wussten, was das bedeutete. Eine Frau, die sich einem Greif hingegeben hatte, wurde verjagt oder getötet.
     Sie war fortan aus der Gemeinschaft Engils ausgeschlossen, und selbst Dungun, das die Greife zwar duldete, verbot seinen Frauen,
     Umgang mit ihnen zu pflegen. Von einem Greif berührt zu werden bedeutete den unwiderruflichen Verlust der Ehre und der Gemeinschaft.
     Nona zwang sich dazu, ihren Blick von den seltsamen Halbmenschen abzuwenden. Sie würde ohnehin nicht mehr zur Frau heranreifen
     … Die Erkenntnis ließ sie erneut zusammenfahren, sie warf einen Seitenblick auf Tacha, die ebenfalls innerlich mit sich ringend
     auf ihr Schicksal zu warten schien.
    Sasalor hob schließlich die Hände, und sofort verstummten die Anwesenden. »Lasst uns nun dem Gott Muruk sein Opfer bringen«,
     sprach er mit lauter klarer Stimme und ließ sich von Liandra den gebogenen Opferdolch reichen. Es war eine bewusste Verhöhnung
     Salas, dass ihre Priesterinnen an der Opferzeremonie teilnehmen mussten.
    Ruhig
, dachte Nona, doch ihr trat der Schweiß aus den Poren, als |32| sie sah, wie Sasalor sich dem unglücklichen Mädchen näherte, das an erster Stelle des Opferkreises stand. Ruhig und bedacht
     trat er hinter sie und bog mit einer Hand ihren Kopf in den Nacken. »Kehre heim zu Muruk«, sprach er laut, dann durchtrennte
     er die Kehle des Mädchens mit einem einzigen Schnitt. Das Blut sprudelte aus der klaffenden Wunde am Hals, und das Mädchen
     sackte zusammen. Ihre Glieder zuckten, der Boden um sie herum färbte sich dunkel von ihrem Blut.
    Tacha warf Nona einen flehenden Blick zu. »Nona …«, flüsterte sie mit erstickter Stimme, »… bei Salas Liebe, Nona, ich will
     nicht sterben … nicht so.«
    Nona sah das Entsetzen in den Augen ihrer Freundin und versuchte sie zu beruhigen, obwohl auch sie am liebsten davongelaufen
     wäre. Doch dazu war es nun zu spät. »Sieh nicht hin!«, flüsterte sie Tacha zu.
    »Kehre heim zu Muruk«, sprach Sasalor erneut und durchtrennte die Kehle des zweiten Mädchens.
    Tacha begann unruhig mit den Füßen im Sand zu scharren und war kaum noch in der Lage, ruhig zu stehen. »Lass uns fortlaufen,
     wir kämpfen uns den Weg frei«, flüsterte sie heiser in Nonas Richtung, doch Nona tat so, als überhörte sie Tachas Worte. Es
     kostete sie alle Kraft, derer sie fähig war, ruhig zu bleiben. Ihre Füße gehorchten ihr zwar schicksalsergeben und weigerten
     sich dem drängenden Wunsch nachzugeben, einfach loszulaufen, doch ihre Beine begannen zu zittern. Mittlerweile war Sasalor
     beim sechsten Mädchen angelangt, und Tacha, die den achten Platz innehatte, drehte sich mit einem Male auf dem Absatz ihres
     Stiefels um und begann zu laufen. Mit einem Sprung brach sie die Reihe der Zuschauer auf und zog ihr Schwert, um sich den
     Weg notfalls freizukämpfen. Tacha stieß eine Frau zur Seite, die sie festhalten wollte, und trat einem Mann mit der vollen
     Wucht ihres Knies in den Magen, so dass er stöhnend zu Boden ging.
    »Aus dem Weg, ihr hirnlosen Falbrinder, oder ich schlitze euch |33| auf und schicke jeden, den mein Schwert trifft, an meiner Stelle zu Muruk! Gebt den Weg frei!«
    Ein Aufschrei ging durch die Menge, doch die eingeschüchterten Engilianer versuchten nicht mehr, Tacha aufzuhalten, und bildeten
     eine Gasse. Tacha rannte los, und Sasalor schrie: »Haltet sie auf, holt sie zurück!«
    Die verbliebenen Blutschwestern sahen sich unruhig an. Für einen kurzen Augenblick meinte Nona, dass Tacha es tatsächlich
     geschafft hatte, und schalt sich eine Närrin, dass sie nicht mit ihr gegangen war. Doch dann wurde die sich wehrende und schreiende
     Tacha von zwei beherzten Engilianern zurück in den Kreis gezerrt. In ihrer Hilflosigkeit fiel Nonas Blick erneut auf die Königin.
Tu doch etwas! Ich flehe dich an!
schrie sie ihr mit den Augen zu, und das Mädchen war tatsächlich kurz versucht aufzuspringen, krallte dann jedoch lediglich
     ihre Hände in die Lehne ihres Stuhles und erwiderte starr Nonas Blick.
    Schließlich war die Reihe an Tacha, die sich noch immer wehrte und von zwei Priestern festgehalten wurde, als Sasalor ihren
     Kopf zurückbog. Nona wandte den Blick von der Königin ab und starrte Tacha in die Augen. Der verzweifelte und
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher